So entstehen Handschuhe und Klarinetten
Zwei Vorführungen begleiten die Ausstellung im Museum der Stadt Burgau. Sogar amerikanische Fahrzeuge und ihre Besitzer sind im Schlosshof zu sehen gewesen
Burgau Die Besucher haben nicht schlecht gestaunt, als sie am Sonntag zu den Vorführungen in das Museum der Stadt Burgau ins Schloss kamen. Dort waren drei alte US-Army-Jeeps, zwei Willys-Overland und ein Ford samt ihrer Besitzer platziert. Die stammten nicht aus Minnesota, sondern aus dem Raum Ulm und Vöhringen, und waren im Rahmen der derzeitigen Ausstellung „Kriegsende und Neubeginn in Burgau 1945“in die Markgrafenstadt gekommen. Ein bisschen AmiFeeling im Burgauer Schlosshof, mit ein bisschen Liebe zu den Fahrzeugen und Erinnerungen an die damalige Zeit, wie ihre Besitzer es nannten. Doch zurück zu den Vorführungen und zu den Menschen, die vor gut 70 Jahren die Handschuhindustrie und den Instrumentenbau in die Markgrafenstadt brachten.
Roland Fischer ist gelernter Handschuhmacher, Jürgen Schmidt ist Klarinettenbauer in vierter Generation. Am Sonntag gaben sie einen Einblick in das Handwerk, mit dem sich ihre Vorfahren schon den Lebensunterhalt sicherten. Roland Fischer schnitt das Ziegenleder zunächst grob zu. „Depsieren“heißt das. Anschließend hielt er das Stück Leder an die Schablone. „Wenn ich jetzt die Fingerla nicht schön oval ausschneid’, dann passt hinterher nichts mehr zusammen“, sagte der 81-Jährige. „Es gibt Damen und Herren, die haben etwas längere Finger“, fuhr er fort und lachte: Gemeint seien keine Langfinger.
Würde er in einem solchen Fall das Leder ganz nach der Schablone ausschneiden, dann würde der fertige Handschuh nicht richtig passen. „Sein Besitzer tät’ sich darin nicht wohlfühlen“, fügte er hinzu und schob die Schablone entsprechend ein Stück zurück. Das Zusammennähen der zugeschnittenen Stücke zusammen mit den Zwischenteilen an den Fingern übernahmen anschließend die Handschuhnäherinnen. „Kaschmirfutter ist das beste“, fuhr Fischer fort und ließ die Besucher zum Vergleich über eines aus Baumwolle streichen. Der Unterschied ist gewaltig. Besonders wichtig sei die Auswahl des Leders. Bevorzugt werde das von Tieren, die aus den Flussniederungen stammen. Bei solchen aus den Gebirgsregionen Büschen und Sträuchern könne es passieren, dass das Tier sich daran gescheuert oder verletzt hat. Das würde man am Leder sehen. Eine Burgauerin erzählte von edlen Handschuhen aus Peccary-Leder, aus der Haut des südamerikanischen Wasserschweins. Auch solche seien in Burgau gefertigt worden. „Die hat man ein Leben lang, wenn man sie nicht gerade verliert“, sagte sie. Ein weiterer Burgauer – er hatte lange als Handschuhmacher etwa bei den Firmen B. Zenker und Afira gearbeitet – fügte hinzu: „Handschuhmacher war früher genau so etwas wie Werkzeugmacher.“
An dem Werktisch gegenüber saß Klarinettenbauer Jürgen Schmidt. Dieser übrigens stammt von seinem Vater, den anderen, der sich in der Ausstellung befindet, hat er von seinem Großvater. Der 39-Jährige setzte in die vorgefertigten rund gedrehten Rohlinge mit den bereits gefrästen Bohrungen die sogenannten Säulchen für die Mechanik ein. Später werden die Klappen zusammit mengelötet, bevor sie versilbert und anschließend wieder eingesetzt werden. Präzisionsarbeit, bei der Jürgen Schmidt genau weiß, wo jedes Teil seinen Platz finden wird. Es sei Handarbeit, wie sie es bereits vor 50 Jahren gewesen sei. Und vor allem: „Es ist ein schönes Handwerk.“Sowohl die Ausstellung als auch die Vorführungen waren an diesem Sonntag erneut gut besucht. Ein Zeichen, dass die Burgauer diese Geschichte bewegt und sie sich mit ihr auch auseinandersetzen. Viele haben sie selbst miterlebt oder sind mit ihr aufgewachsen. Termine Am Sonntag, 29. April, hält Andreas Rau um 15 Uhr den Vortrag „Zwischen Hoffnung und Bangen – Bur gau und Umgebung am Kriegsende 1945.“Am Sonntag, 6. Mai, findet eine weitere Vorführung mit Ausstellung der Klöppelgruppe Burgau statt. Und am Sonntag, 13. Mai, wird Stadtarchivarin Martina Wenni Auinger um 15 Uhr noch einmal durch die Ausstellung im Bur gauer Schloss führen.