Vom FC Arbeitslos ins Rampenlicht
Markus Anfang galt als großes Talent, eine große Karriere blieb ihm versagt. Als Trainer kann er Kiel nun in die Bundesliga führen. Er selbst aber bleibt in Liga zwei
Markus Anfang ist nicht unbedingt ein Name, mit dem bis vor einem Jahr jeder Fußball-Fan etwas anfangen konnte. Das könnte sich heute Abend jedoch endgültig ändern – nämlich dann, wenn der VfL Wolfsburg im ersten von zwei Relegationsspielen den Abstieg aus der Bundesliga vermeiden will (20.30 Uhr,
Gegner des Deutschen Meisters von 2009 ist dann der krasse Außenseiter Holstein Kiel – mit Markus Anfang als Trainer.
Schafft er mit seiner Mannschaft den Bundesliga-Aufstieg, wäre Kiel die erste Mannschaft aus SchleswigHolstein, die in der deutschen Bundesliga spielt. Ein Blick auf die Zahlen weist Anfangs Team allerdings als krassen Außenseiter aus: Der vom VW-Konzern gesponserte VfL hat einen Etat von fast 80 Millionen Euro. Kiel, das vor der Saison in die zweite Liga aufgestiegen war, hat gerade mal 6,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die „Störche“, so der Spitzname der Mannschaft, haben schon die gesamte Saison die Rolle des Außenseiters inne – nun kommt eine Extremvariante dieser Situation dazu. Der 43-jährige Anfang gibt sich vor den Spielen demonstrativ gelassen und betont: „Wir sind bislang in jedes Spiel gegangen, um es zu gewinnen. Und das wollen wir gegen Wolfsburg auch.“
Gelassenheit – wenn Vereinsverantwortliche von Holstein Kiel Anfang beschreiben, fällt dieses Wort immer wieder. Vielleicht rührt das daher, dass Anfang auch die weniger erfreulichen Seiten des FußballGeschäfts nur zu gut kennt: Als Spieler debütierte er mit 21 Jahren für Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga. Nach starken Leistungen schien der offensive Mittelfeldspieler vor einer goldenen Zukunft zu stehen, zumal der deutsche Fußball Ende der 90er Jahre nicht gerade mit Talenten gesegnet war. Für Anfang ging es jedoch statt in die Nationalmannschaft in die Niederungen des Geschäfts: Den Großteil seiner Karriere verbrachte er in der österreichischen Liga, wurde mit Tirol Innsbruck drei Mal Meister in der Alpenrepublik. Allerdings stand Anfang auch zwei Mal in seiner Karriere ohne Vertrag da. In dieser Zeit kickte er für die teilweise als „FC Arbeitslos“gescholtene Mannschaft der vertragslosen Fußballer – ein Projekt der Spielergewerkschaft, um arbeitslosen Kickern Spielpraxis zu verschaffen. Der Aufstieg in die Bundesliga mit Kiel wäre eine späte Genugtuung.
Doch selbst wenn Kiel der Aufstieg gelingen sollte, wird Anfang den Weg in die Erstklassigkeit nicht mitmachen. Mitte April wurde bekannt, dass er in der kommenden Saison den 1. FC Köln betreuen wird, der nach dem Abstieg in der Bundesliga eine Klasse tiefer starten wird. Anfang war der Zeitpunkt nicht recht: „Ich hätte den Wechsel lieber erst nach der Saison verkündet“, sagte er. Mit dem Wechsel in seine Heimatstadt ist für den verheirateten Vater von zwei Kindern ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Trotzdem: Seine Arbeit in Kiel, betont er, „ist noch nicht zu Ende“.