Weltmeister in Lederhosen
Am Kickertisch steht der Sieger der Fußball-Titelkämpfe bereits fest. Ein Trost für die Favoriten: In Russland wird’s wohl ganz anders laufen als in Dürrlauingen
Dürrlauingen Auf dem Tisch neben dem Notebook glänzen sechs Pokale – zweimal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze. Klar, es sind ja auch Zweier-Teams, die an diesem Samstag bei der Tischfußball-WM in der Dürrlauinger Turnhalle gegeneinander antreten. Nach mehr als fünf Stunden steht der Sieger fest – und es ist ein Team, das bei der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft vermutlich keine große Rolle spielen wird.
Eingeladen hat der örtliche Tischfußballverein. Ein paar Tage vor dem ersten Anpfiff in Russland wird das Turnier hier schon mal vorweggenommen – mit dem Unterschied, dass der Ball anstatt der üblichen 22 Zentimeter nur dreieinhalb misst und das Spielfeld eben der Kickertisch ist. Die 32 Teams verkörpern jeweils ein Land; welches, bestimmt das Los. Die Dürrlauinger Tischfußballer haben sogar entsprechende T-Shirts und Fähnchen anfertigen lassen. Es soll ja nicht nur das Gewinnen, sondern vor allem der Spaß zählen. Umso schöner wird das, wenn man einen Außenseiter wie Island oder Tunesien vertritt. Oder in Lederhosen für Südkorea spielt. Warum sie das tun, sagen Peter Wiedemann und Martin Pfaller gleich dazu: „Die Lederhosen haben uns Glück gebracht.“In der Tat: Vor acht Jahren, als es in Dürrlauingen die Tischfußball-WM schon einmal gegeben hat, sind die beiden Lederhosenträger als Italien angetreten – und Weltmeister geworden.
Robert Pfaller, Vorsitzender des gastgebenden Vereins, erklärt noch einige wichtige Regeln („Da, wo der Ball rausfliegt, muss er auch wieder rein“). Er weist auf das nicht erlaubte und ebenso verpönte Kurbeln hin und wünscht „a bissle“Freude und Nervenkitzel.
Es geht ab in die Vorrunde. Dass Russland (Markus Zettl, Michael Seibold) die WM sogleich mit einem 6:4-Sieg gegen Saudi-Arabien (Hermann Schlosser, Anton Spring) eröffnet, wundert nicht. Russland ist das Gastgeberland und hat demnach auch in Dürrlauingen sozusagen die Pflicht, das Eröffnungsspiel zu gewinnen.
Das Turnier nimmt Fahrt auf. „Wenn im ersten Spiel was schiefläuft, wird man fickrig“, meint Georg Bader, der zusammen mit Josef Wachter für Nigeria spielt. Ein gewisses Wettkampf-Feeling spiele da definitiv schon mit. Bettina März, die zusammen mit Michael Höhlich für Dänemark gegen Australien (Christian Sturm, Simon Halbritter) eine 1:9-Schlappe eingefahren hat, sieht es locker: „Die waren spielerisch halt a Kleinigkeit stärker.“
Durchatmen ist angesagt bei allen, die das Achtelfinale erreicht haben. Für Kilian Renner und Philipp Morbitzer (Iran) – sie sind extra aus Friedberg und Kissing nach Dürrlauingen gekommen – hat es allerdings nicht gereicht. Ein bisschen enttäuscht seien sie schon, denn „eigentlich sind wir ganz gute Tischfußballer“. Und wie sieht es mit Deutschland (Helmut Schretzenmair, Thomas Granz) aus? Auch nicht besser: Mexiko, Schweden und Südkorea waren als Vorrundengegner – in diesem Fall glücklicherweise nur in Dürrlauingen – einfach zu stark.
Im Viertelfinale geht es dann richtig zur Sache. Die Köpfe nehmen zunehmend Röte an, die Schweißperlen auf der Stirn werden mehr und so mancher ist von seinem Radler nun vorsichtshalber doch lieber auf ein Mineralwasser umgestiegen. Jetzt sind Konzentration und Schnelligkeit gefragt. Vor allem dann, wenn es gilt, den Gegner zu täuschen und durch das Drehen der kleinen Männchen die Kugel hinund herzubewegen, um sie anschließend durch eine Lücke ins Tor zu befördern. Die Spannung steigt. Inzwischen hat sich herauskristallisiert, dass weder mit den Lederhosen aus Südkorea, noch mit den Tunesiern (Ewald Höb, Martin Reiß) zu spaßen ist.
Am Ende kämpfen diese beiden Nationen im Finale verbissen um den Weltmeisterpokal. Mit „Jawoll“und „Stark“kommentieren die Zuschauer um den Kickertisch die Aktionen, auch wenn der Ball sein Ziel einmal verfehlt. Schließlich steht Südkorea als Weltmeister fest, Vizeweltmeister ist Tunesien und Wolfgang Schlosser und Christian Wiedemann haben es mit Uruguay noch zum dritten Platz gebracht.