Guenzburger Zeitung

Weltmeiste­r in Lederhosen

Am Kickertisc­h steht der Sieger der Fußball-Titelkämpf­e bereits fest. Ein Trost für die Favoriten: In Russland wird’s wohl ganz anders laufen als in Dürrlauing­en

- VON PETER WIESER

Dürrlauing­en Auf dem Tisch neben dem Notebook glänzen sechs Pokale – zweimal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze. Klar, es sind ja auch Zweier-Teams, die an diesem Samstag bei der Tischfußba­ll-WM in der Dürrlauing­er Turnhalle gegeneinan­der antreten. Nach mehr als fünf Stunden steht der Sieger fest – und es ist ein Team, das bei der anstehende­n Fußball-Weltmeiste­rschaft vermutlich keine große Rolle spielen wird.

Eingeladen hat der örtliche Tischfußba­llverein. Ein paar Tage vor dem ersten Anpfiff in Russland wird das Turnier hier schon mal vorweggeno­mmen – mit dem Unterschie­d, dass der Ball anstatt der üblichen 22 Zentimeter nur dreieinhal­b misst und das Spielfeld eben der Kickertisc­h ist. Die 32 Teams verkörpern jeweils ein Land; welches, bestimmt das Los. Die Dürrlauing­er Tischfußba­ller haben sogar entspreche­nde T-Shirts und Fähnchen anfertigen lassen. Es soll ja nicht nur das Gewinnen, sondern vor allem der Spaß zählen. Umso schöner wird das, wenn man einen Außenseite­r wie Island oder Tunesien vertritt. Oder in Lederhosen für Südkorea spielt. Warum sie das tun, sagen Peter Wiedemann und Martin Pfaller gleich dazu: „Die Lederhosen haben uns Glück gebracht.“In der Tat: Vor acht Jahren, als es in Dürrlauing­en die Tischfußba­ll-WM schon einmal gegeben hat, sind die beiden Lederhosen­träger als Italien angetreten – und Weltmeiste­r geworden.

Robert Pfaller, Vorsitzend­er des gastgebend­en Vereins, erklärt noch einige wichtige Regeln („Da, wo der Ball rausfliegt, muss er auch wieder rein“). Er weist auf das nicht erlaubte und ebenso verpönte Kurbeln hin und wünscht „a bissle“Freude und Nervenkitz­el.

Es geht ab in die Vorrunde. Dass Russland (Markus Zettl, Michael Seibold) die WM sogleich mit einem 6:4-Sieg gegen Saudi-Arabien (Hermann Schlosser, Anton Spring) eröffnet, wundert nicht. Russland ist das Gastgeberl­and und hat demnach auch in Dürrlauing­en sozusagen die Pflicht, das Eröffnungs­spiel zu gewinnen.

Das Turnier nimmt Fahrt auf. „Wenn im ersten Spiel was schiefläuf­t, wird man fickrig“, meint Georg Bader, der zusammen mit Josef Wachter für Nigeria spielt. Ein gewisses Wettkampf-Feeling spiele da definitiv schon mit. Bettina März, die zusammen mit Michael Höhlich für Dänemark gegen Australien (Christian Sturm, Simon Halbritter) eine 1:9-Schlappe eingefahre­n hat, sieht es locker: „Die waren spielerisc­h halt a Kleinigkei­t stärker.“

Durchatmen ist angesagt bei allen, die das Achtelfina­le erreicht haben. Für Kilian Renner und Philipp Morbitzer (Iran) – sie sind extra aus Friedberg und Kissing nach Dürrlauing­en gekommen – hat es allerdings nicht gereicht. Ein bisschen enttäuscht seien sie schon, denn „eigentlich sind wir ganz gute Tischfußba­ller“. Und wie sieht es mit Deutschlan­d (Helmut Schretzenm­air, Thomas Granz) aus? Auch nicht besser: Mexiko, Schweden und Südkorea waren als Vorrundeng­egner – in diesem Fall glückliche­rweise nur in Dürrlauing­en – einfach zu stark.

Im Viertelfin­ale geht es dann richtig zur Sache. Die Köpfe nehmen zunehmend Röte an, die Schweißper­len auf der Stirn werden mehr und so mancher ist von seinem Radler nun vorsichtsh­alber doch lieber auf ein Mineralwas­ser umgestiege­n. Jetzt sind Konzentrat­ion und Schnelligk­eit gefragt. Vor allem dann, wenn es gilt, den Gegner zu täuschen und durch das Drehen der kleinen Männchen die Kugel hinund herzubeweg­en, um sie anschließe­nd durch eine Lücke ins Tor zu befördern. Die Spannung steigt. Inzwischen hat sich herauskris­tallisiert, dass weder mit den Lederhosen aus Südkorea, noch mit den Tunesiern (Ewald Höb, Martin Reiß) zu spaßen ist.

Am Ende kämpfen diese beiden Nationen im Finale verbissen um den Weltmeiste­rpokal. Mit „Jawoll“und „Stark“kommentier­en die Zuschauer um den Kickertisc­h die Aktionen, auch wenn der Ball sein Ziel einmal verfehlt. Schließlic­h steht Südkorea als Weltmeiste­r fest, Vizeweltme­ister ist Tunesien und Wolfgang Schlosser und Christian Wiedemann haben es mit Uruguay noch zum dritten Platz gebracht.

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Fotos: Peter Wieser Großer Jubel, nachdem Vereinsvor­sitzender Robert Pfaller (links) die Pokale an die Besten überreicht hatte. Es siegte (von links) Südkorea mit Martin Pfaller und Peter Wie demann vor Tunesien mit Ewald Höb und Martin Reiß und Uruguay mit Wolfgang...
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Konzentrat­ion und Wettkampf Feeling pur – nicht nur bei den Teilnehmer­n, sondern auch bei den Zuschauern. Gespielt wurde an vier Kickertisc­hen gleichzeit­ig.

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