Schmale Kost für Feinschmecker
Es ist wie bei einem Kochrezept: Die exquisitesten Zutaten zusammengemischt ergeben nicht das köstlichste Essen. Kaviar, serbischer Eselskäse, Spargel und Safran mit Trüffelsauce können schmecken. Wahrscheinlich ist es nicht. Analog dazu ergeben die besten Mannschaften der Welt zusammengerührt nicht zwingend Partien, die Feinkostfans lustvoll aufstöhnen lassen. Einzig die Partie Spanien gegen Ronaldo erfüllte bisher die Erwartungen jener, die sich neben einem Fußballfest auch Fußballschmankerln erwartet hatten.
Als relativierend darf gelten, dass es bislang wenig direkte Aufeinandertreffen der Spitzenteams gab. Vorherrschend ist das Duell Favorit gegen Außenseiter. Feinschmeckerländer wie Frankreich oder Argentinien gegen Pommesbuden der Marke Island oder Australien. Nicht neu, aber immer wieder erstaunlich ist, dass sich das Niveau der Partien nicht dem Leistungsmaximum des Favoriten annähert, sondern der Außenseiter die Qualität bestimmt. Basistugenden wie Leidenschaft und Abwehrbereitschaft halten kreative Kräfte im Zaum. So sind bisher jene Partien am unterhaltsamsten, in denen Teams ähnlicher Rangordnung aufeinandertreffen. Die Spiele zwischen Russland und Ägypten oder Japan und Kolumbien mögen all jene enttäuscht haben, die Fußball ausschließlich unter ästhetischen Aspekten betrachten. Freunde soliden Handwerks kamen aber auf ihre Kosten. Es kann nicht immer der Sternekoch in der Küche stehen, oft tut es auch Schweinebraten mit Bier. Der weitere Turnierverlauf wird aber auch Liebhaber ausgefeilter Taktik und Technik zufriedenstellen. Letztlich setzt sich in den meisten Fällen Qualität durch. All die tapferen Isländer, Iraner, Tunesier und Peruaner werden sich in Bälde in den Sommerurlaub verabschieden. Dann ist die Bühne bereitet für hochklassigen Fußball. Brasilianer, Franzosen und Argentinier werden ihre Rezepte endlich gut abgeschmeckt haben. Sie werden Köstlichkeiten servieren. Statt Tempo zu verschleppen, wird Fahrt aufgenommen.
Ein wenig allerdings müssen die Anhänger darauf noch warten. Bis dahin muss die Spannung als bewährter Geschmacksverstärker dienen. Dass ausgerechnet die Deutschen diese Rolle einnehmen, ist so ungewohnt nicht. Schon die vergangenen beiden Weltmeisterschaften waren auch davon geprägt, ein frühes Ausscheiden zu vermeiden. Damals durfte nach Ausrutschern in der zweiten Partie das abschließende Gruppenspiel nicht verloren werden. Diesmal geht der Puls schon früher nach oben. Ein guter Koch lässt sich immer wieder etwas Neues einfallen.