Wie viele Bäume bleiben übrig?
Die Gemeinde möchte aus der Wiese neben der Burtenbacher St. Franziskuskirche Baugrund machen. Ein Anwohner kritisiert den Bürgermeister und will die Linden erhalten
Burtenbach Steht man vor dem Gartentürchen zum Grundstück der Familie Bartczek und blickt auf die andere Straßenseite, erstreckt sich eine von Linden umsäumte Wiese – mitten im Wohngebiet. Sie liegt neben der St. Franziskuskirche in Burtenbach. Einige der Bäume sollen gefällt werden – sie müssen Häusern, Garagen und Einfahrten weichen.
Günter Bartczek blickt durch ein Fenster an der Westseite seines Hauses. „Von hier aus kann man die Linden sehen“, sagt er. Bienensummen, Vogelzwitschern, ab und an rennen Eichhörnchen umher. „Das werde ich schon vermissen.“Seine persönlichen Interessen stehen nicht im Vordergrund, betont er. Einmal hat er die Vögel auf der gegenüberliegenden Wiese beobachtet. 15 verschiedene Arten habe er gezählt. Ihm gehe es darum, die Linden und damit den Lebensraum der Tiere zu erhalten. „Muss man jedes Fleckchen Grün zubetonieren?“
Bartczek beschreibt sich als Naturfreund. So hat er im Garten mit seiner Frau Annette Bartczek Totholz zurechtgelegt, das Igeln Schutz bieten soll. Mitglied einer Naturschutzorganisation ist er nicht. Ein guter Umgang mit der Umwelt sei für ihn eine Frage des Glaubens. Bartczek ist Katholik und promovierter Theologe. Bis zu seinem Ruhestand hat er das Alte Testament erforscht. „Die Natur ist Millionen Jahre ohne uns Menschen ausgekommen, und wir zerstören sie innerhalb kürzester Zeit.“
Er hat sich bei Bürgermeister Roland Kempfle beschwert. Einen wirklichen Dialog habe es nicht gegeben. „Ich komme schlecht damit klar, wenn mir keine sachlichen Argumente entgegengebracht werden“, klagt er. Das Vorhaben werde als beschleunigtes Verfahren „schnell über die Bühne“gebracht. Man hätte die Auswirkungen auf die Umwelt genauer prüfen müssen, sagt er. Zwar ist das Vorhaben sicherlich rechtens, sagt er, für falsch hält er es trotzdem.
Ein Planentwurf lag bis vor Kurzem im provisorischen Burtenbacher Rathaus – das eigentliche wird derzeit saniert. In seinem Büro verteidigt Bürgermeister Kempfle das Vorhaben. Er verweist darauf, dass die Anwohner mit gewaltiger Mehrheit einverstanden seien. Dass man die Fläche von der katholischen Kirchengemeinde kauft, sei im Gemeinderat einstimmig beschlossen worden. Die Nachfrage nach Baugrund im Ort sei groß. Leerstände gebe es zwar – wie in jeder Gemeinde, fügt er an. „Da habe ich als Bürgermeister keine Handhabe.“Er steht vor der Entscheidung: Innerorts nachverdichten oder außen neue Fläche bebauen. „Innen vor außen“sei ein Leitmotiv der bayerischen Politik, auch er persönlich verfolge dieses Ziel. Finanzielle Interessen verfolge die Gemeinde mit der Ausweisung der neuen Grundstücke nicht. Die Aussage, dass Burtenbach finanziell gut dasteht, bejaht der Bürgermeister zögerlich. „Wir machen da jetzt keinen großen Reibach.“
Kempfle vermutet, dass die Kritik des Bürgers daher rührt, dass er Anwohner ist. Anfang des Jahres sei ein Gewerbegebiet mit zwei Hektar Land, also etwa dem sechsfachen der Fläche, ausgewiesen worden. Damals habe man keine Bedenken vernommen. Dass die Bäume weichen müssen, sei den Einfahrten geschuldet. „Man kann nun mal nicht mit dem Helikopter aufs Grundstück fliegen.“Außerdem fälle man nicht alle. Und entschließe sich ein zukünftiger Eigentümer, eine Linde zu entfernen, die im Bebauungsplan als zu erhalten markiert ist, müsse er dafür einen Ausgleich schaffen.
In den Entwürfen des Plans ist der Baumbestand in zwei Grafiken dargestellt. Kurios: 16 Bäume liegen im künftigen Wohngebiet, acht sollen gefällt werden, doch im Bebaungsplan tauchen nur noch sieben auf. Nach einer Grafik werden als acht Bäume gefällt, nach der anderen neun. Darauf angesprochen sagt Kempfle, der Hintergrund dieser Diskrepanz sei ihm nicht bekannt. Der Plan müsse ohnehin noch übervon arbeitet werden, nachdem nun die Stellungnahmen anderer Behörden vorliegen. So habe die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts gefordert, alle Bäume zu erhalten. Würden doch welche gefällt, müsse auf dem Grundstück ein Ersatz dafür geschaffen werden. Ob sich die Gemeinde daran hält, sei eine Frage der Abwägung. Bei einer der beiden kommenden Sitzung soll im Gemeinderat abgestimmt werden.
Christian Zimmermann, Leiter der Abteilung Bauwesen und Umweltschutz am Landratsamt, wiederholt diese Forderung gegenüber unserer Zeitung. Verbindlich sei sie in der Tat nicht, bestätigt er. Insgesamt sei die Einschätzung der Fachbehörde recht kurz. Falls doch Bäume gefällt würden, dürfe das wegen der Brutzeit nur von Oktober bis Februar geschehen, ist dort vermerkt. Das sei aber ohnehin Gesetz. Bartczek hatte eine umfassendere Umweltprüfung gefordert. Zimmermann sagt, bei „naturschutzfachlich hochrangigen Lebensräumen“gebe es eine besondere Prüfung. Diese wäre jedoch in diesem Fall auch nicht eingeleitet worden, wenn es kein Schnellverfahren wäre. Ein Privateigentümer könne aber, entgegen der Ansicht des Bürgermeisters, nicht einfach eine verbleibende Linde fällen, wenn ein Ausgleich dafür gepflanzt wird. „Meiner Ansicht nach müsste dafür der Bebauungsplan geändert werden“, sagt Zimmermann.
Noch ist der Plan nicht beschlossen