In der Not halten sei eisern zusammen
Nach dem Feuer in seinem Kuhstall am vergangenen Freitag sitzt der Schock bei Landwirt Martin Stadler noch immer tief. Doch die überwältigende Solidarität anderer Landwirte und Nachbarn gibt ihm wieder Hoffnung
Nach dem Feuer in seinem Kuhstall sitzt der Schock bei Landwirt Martin Stadler tief. Doch die Hilfsbereitschaft ist groß. »
Wattenweiler Noch immer schaudert Martin Stadler, wenn er an die Katastrophe am vergangenen Freitag zurückdenkt. „Wir waren spät dran mit dem Mittagessen, als mein Onkel zur Tür hereinrannte. Es raucht oben, hat er gesagt“, Stadler stockt. „Als wir am Bauernhof ankamen, war die Westseite des Hofs schon abgebrannt. Die Tiere, die dort in den Boxen waren, konnten wir nicht mehr retten. Bevor die Feuerwehr kam haben wir versucht, alle anderen Kühe, Kälber und Bullen aus dem Stall zu treiben“, erinnert sich der Landwirt aus Wattenweiler. „Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich fühle. Die Situation war und ist unbeschreiblich. Jetzt versuchen wir das Beste aus diesem Horrorszenario zu machen, um irgendwie wieder in den Alltag zurückzufinden und den Betrieb am Laufen zu halten.“
Derzeit sind die geretteten Kühe in Oxenbronn bei Landwirt Matthias Sauter auf einer Wiese untergebracht. „Am Abend, als der Brand gelöscht war, haben wir die Kühe mit einem Viehtransporter nach Oxenbronn gefahren. Wir mussten die Kühe nach dem Brand ja irgendwo unterbringen. Denn meine Milchkühe mussten am Abend noch gemolken werden,“erklärt Stadler.
„Während es brannte, war Matthias vor Ort und hat uns geholfen, die Tiere im Zaum zu halten. Nach dem Brand war für ihn sofort klar, dass wir die Kühe auf seiner Wiese unterbringen können und sie mit seinem Melkstand melken dürfen. Zusätzlich haben wir noch einen mobilen Melkstall organisiert.“
Um die rund 200 Kühe von der Wiese tagtäglich in den Melkstand zu treiben, „helfen mir immer noch 10 bis 15 Leute pro Tag. Einmal half mir sogar die ganze Feuerwehr aus Oxenbronn. Dafür haben sie extra ihre Feuerwehrübung abgesagt,“freut sich Stadler. „Ich muss wirklich sagen, dass das, was die Helfer am Brandtag geleistet haben und auch jetzt noch leisten, wirklich nicht selbstverständlich ist. Alle Helfer haben meinen vollen Respekt“, betont er. „Selbst der Futtertisch auf der Wiese wurde von Helfern gebaut.“Doch die Situation auf der Wiese sei keine Dauerlösung, so Martin Stadler. Er ist auf der Suche nach einem geeigneten neuen Be- trieb. „Bei einem Hof haben wir eventuell die Möglichkeit, ihn umzubauen und dort weiterzumachen. Der Hof ist zwar ein Stück entfernt von unserem Wohnhaus, aber wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.“
Nicht nur Landwirt Matthias Sauter und die Feuerwehr Oxenbronn sprangen am Tag des Brandes mit in die Bresche. Auch der 24-jährige Landwirt Markus Zahn aus dem Nachbarsort Stoffenried kam dazu. Die Situation während des Brandes beschreibt er als „reines Chaos. Ich habe selbst einen Bauernhof zu Hause. Als ich die Rauchwolken am Himmel sah, dachte ich mir zuerst, ach, am Abend ist die Hawaiisause in Wattenweiler, bestimmt verfeuern die etwas. Doch dann habe ich gesehen, dass die Rauchwolken vom Bauernhof Stadler kommen. Ohne groß zu überlegen, habe ich mich ins Auto gesetzt und bin nach Wattenweiler gefahren.“Als er ankam, seien die Tiere gerade vom Stall auf den Acker getrieben worden. „Ich kenne die Lage des Betriebs. Gerade wegen der Bahnschienen unterhalb des Hofes wusste ich, dass ich die Tiere irgendwie im Zaum halten muss. In meiner Aufregung bin ich dann auf die Idee gekommen, mit dem Garn der Ballenpresse eine Weide zu spannen und die Tiere einzutreiben. Ich habe zwar nicht angefangen die Kühe zu zählen, aber ich war so schnell dort und die provisorische Wiese war auch sehr schnell gespannt, dass ich mir sicher bin, dass wir fast alle Tiere retten konnten.“Als die Feuerwehr den Brand so weit gelöscht hatte, hätten die Helfer, so Zahn, Pfähle organisiert. Denn bis dahin hatten Menschen den Garn für die konstruierte Wiese gehalten. Bis klar gewesen sei, wo die Kühe am Abend untergebracht würden, sei Zahn beim abgebrannten Hof geblieben. Dieser Zusammenhalt bei den Landwirten sei, so sagt er, selbstverständlich. „Denn jeder Landwirt weiß, dass einem dasselbe passieren kann.“
Unter den Helfern seien beim Brand in Wattenweiler nicht nur Landwirte gewesen, so Zach. Jens Schubert aus Wattenweiler fuhr zusammen mit seiner Freundin und zwei weiteren Freunden mit dem Auto die Umgebung in Wattenweiler ab. „Wir haben nach freilaufenden Kühen gesucht, denn wir wussten, dass der Hof unter anderem an die Bahngleise angrenzt.“Eine wei- tere Leserin erklärt gegenüber unserer Zeitung: „Ich war von Anfang an beim Brand dabei. Als ich ankam, bin ich direkt zu den Kühen und habe beim Einfangen und Zusammentreiben geholfen.“Innerhalb kürzester Zeit sei der Zaun für die Kühe aufgebaut gewesen, Wasser besorgt und Heu geholt worden. Zwar seien die Tiere für die Situation unglaublich ruhig gewesen, doch hätten sie ständig aus dem Zaun ausbrechen wollen. „Einen großen Respekt an den Bauern, der jedes einzelne Tier kannte und, während sein Stall abbrannte, bei seinen Kühen stand und schaute, dass sie versorgt sind“, schreibt sie. Die Helfer seien mit Getränken versorgt worden. „Wir waren wirklich fasziniert, wie man sich gegenseitig geholfen hat und wie alles geklappt hat.“