Kunst gegen Kugeln
Der Krieg treibt seltsame Blüten. Manche davon können tatsächlich schön sein – etwa die zahlreichen Graffiti, die gegen Kriegsende große Gebäude im ganzen Deutschen Reich zierten. Allerdings vermischte sich dabei der künstlerische Drang mit kriegerischem Kalkül: Die Graffiti sollten Gebäude in erster Linie nicht verzieren, sondern sie tarnen. Waldszenen oder Landschaftsabbildungen gehörten daher zu den beliebtesten Motiven. Die Maler hofften, dass feindliche Kampfflieger dadurch die Bauten übersehen. Allerdings kam die aufwendige Prozedur nur bei wenigen Gebäuden zum Einsatz, vor allem für kriegswichtige Einrichtungen.
Während die Kunst dem Krieg diente, diente der Krieg als Vorlage für die Kunst. Im Juli 1918 zeigte der Kölner Kunstverein in einer Ausstellung österreich-ungarische Kriegsmalerei. Eine Auswahl aus über 10 000 Werken, gemalt von Frontsoldaten. In der Pressebesprechung zur Ausstellungseröffnung hieß es: „Die Technik des modernen Krieges schließt es aus, daß eigentliche Kampfszenen zu den bevorzugten Motiven gehören. Geschweige denn, daß der Theatereffekt einer dominierenden Heldengruppe auf dem Feldherrenhügel uns heute noch aufgetischt werden könnte. Der Held ist das ganze Volk in Waffen, und dieses zu zeigen in seiner schlichten Treue und rührenden Pflichterfüllung… das ist die Aufgabe. Sachliches Schauen und ernste gemütvolle Vertiefung in das wunderbare, unerhörte Geschehen erscheinen als die Grundprinzipien dieser Kunst.“
Während sich die bildende Kunst der Zeit anpasste, geriet das gedruckte Wort gegen Kriegsende unter Druck. Papier war knapp, dadurch stieg der Preis für Bücher. Reclam-Bändchen, die schon damals eine kostengünstige Quelle für Klassiker waren, verdoppelten ihren Preis im Lauf des Krieges von 20 auf 40 Pfennig pro Stück. Ähnlich stark stiegen die Listen für einen Band der „Insel-Bücherei“. Im Juli 1918 kostete ein solcher eine Mark.