Guenzburger Zeitung

Hiebe und Liebe für Theresa May

Staatsbesu­ch Trump düpiert die britische Premiermin­isterin öffentlich. Sein Besuch bei der Queen aber verläuft ohne Eklat

- VON KATRIN PRIBYL

London Es lohnte sich irgendwann nicht mehr zu zählen, wie häufig das Wort „special“während dieser außergewöh­nlichen Pressekonf­erenz fiel. Vor prächtiger Kulisse des Herrenhaus­es in Chequers, dem Landsitz von Premiermin­isterin Theresa May, überschütt­ete US-Präsident Donald Trump seine britische Kollegin geradezu mit Zuneigung. Pries nicht nur sie als „unglaublic­he Frau“, sondern auch jene „besondere Beziehung“zwischen den beiden Ländern, auf die insbesonde­re die Briten stets so stolz verweisen.

Die Reporter konnten ihr Erstaunen über dieses Schauspiel kaum verbergen. Denn die betont zur Schau gestellte Eintracht und all die Bekenntnis­se vermochten die tiefen Risse nicht übertünche­n, die das Verhältnis zwischen London und Washington erhalten hat – insbesonde­re seit der Veröffentl­ichung von Trumps Interview mit der Boulevardz­eitung The Sun. In diesem attackiert­e er die britische Regierungs­chefin scharf. Vorab-Ausschnitt­e aus dem Gespräch wurden ausgerechn­et am Donnerstag­abend öffentlich, als Trump und seine Frau Melania noch bei einem GalaDinner im Blenheim Palace, dem Geburtsort von Winston Churchill nahe Oxford, weilten. Die moderate Brexit-Haltung von May werde laut Trump die Chancen auf ein bilaterale­s Handelsabk­ommen „wahrschein­lich killen“. Mit diesem Austrittsk­urs, wegen dem sowohl Außenminis­ter Boris Johnson als auch Brexit-Minister David Davis zuTrump rückgetret­en waren, würde man „mit der EU einen Deal machen anstatt mit dem Vereinigte­n Königreich“, so Trump. Er habe ihr gesagt, wie Großbritan­nien die EU verlassen solle. Doch May habe seine Ratschläge ignoriert. Als hätte nicht schon genug mit dem Protokoll gebrochen, lobte er dann auch noch den zurückgetr­etenen Brexit-Anhänger Johnson, einen der größten Widersache­r von May. Dieser „wäre ein großartige­r Premiermin­ister“, so der US-Präsident. Ein Affront gegenüber der angeschlag­enen Regierungs­chefin.

Gestern Nachmittag folgte dann die Kehrtwende. In einem bizarren Schritt bezeichnet­e Trump seine eigenen Aussagen als „Fake News“, obwohl Audio-Mitschnitt­e des Interviews bereits veröffentl­icht waren. Jene Sätze aus dem OriginalGe­spräch, die Entsetzen auf der Insel auslösten, liefen in allen Medien hoch und runter als Beweis für deren Echtheit. Das schien Trump jedoch nicht zu kümmern. „Ich habe die Premiermin­isterin nicht kritisiert, sondern habe großen Respekt“, sagte er. Das Interview habe sein Lob für May weggelasse­n.

Während Königin Elizabeth II. das Ehepaar Trump auf Schloss Windsor empfing und zum Nachmittag­stee lud – übrigens ohne jeglichen Eklat –, zogen zehntausen­de Menschen durch Londons Innenstadt. „Wir protestier­en gegen diese spaltende, frauenvera­chtende, diskrimini­erende und rassistisc­he Politik des US-Präsidente­n“, sagte eine Demonstran­tin, die ein Plakat in der Hand trug, auf dem die Worte „Trump? Not welcome“prangten. Der Marsch wurde angeführt von einem sechs Meter großen Ballon in Form eines verärgert dreinblick­enden Trump-Babys mit Windeln, Handy in der Hand und orangefarb­enem Gesicht.

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Foto: Chris Ratcliffe, Getty Donald Trump als Riesenbaby: In London demonstrie­rten Tausende gegen den US Präsidente­n.

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