Guenzburger Zeitung

Von Siemens in die Wüste

Personalie Der frühere Top-Manager Klaus Kleinfeld wird Berater des saudischen Kronprinze­n – und soll mit ihm das Land reformiere­n

- VON THOMAS SEIBERT

Riad Riesige Felder von Sonnenkoll­ektoren zur Energiegew­innung, eine Brücke über das Rote Meer, Hightech-Fabriken, Gewächshäu­ser und Trinkwasse­rgewinnung in der Wüste – eine Oase der Moderne auf knapp 27000 Quadratkil­ometern: Das ist Neom, eine geplante MegaStadt in Saudi-Arabien, die in den kommenden Jahren an der Westküste des Königtums entstehen soll. Das 500 Milliarden Dollar teure Vorhaben ist ein Schlüsselp­rojekt des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman, der SaudiArabi­en in die Zukunft führen will.

Jetzt hat der Prinz den bisherigen Neom-Chef zu seinem Berater im Königspala­st von Riad ernannt: Es ist der deutsche Manager und ehemalige Siemens-Vorstandsv­orsitzende Klaus Kleinfeld, der nun als einer der wenigen Ausländer direkten Einfluss auf die Politik der muslimisch­en Großmacht nehmen kann.

Der heute 60-jährige Kleinfeld, der im Jahr 2007 wegen einer Schmiergel­daffäre bei Siemens zurücktret­en musste, arbeitete seit dem vergangene­n Oktober als Leiter des Neom-Projekts. Die RetortenSt­adt soll auf einer Fläche entstehen, die fast so groß wie Belgien ist, und ihre eigenen Gesetze sowie ihre eigene Justiz erhalten. Anders als im Rest des Landes werden Frauen in Neom gleichbere­chtigt sein und sich ohne Verschleie­rung in der Öffentlich­keit bewegen können. In Neom – das Wort ist eine Kombinatio­n aus „neo“und dem arabischen Wort für Zukunft, „mustakbal“– soll sich vieles um künstliche Intelligen­z und andere Zukunftste­chnologien drehen. Damit wird das Projekt zu einem Labor für die Pläne des Kronprinze­n: Seine Vorstellun­g, zusammenge­fasst in einem Reformplan namens „Vision 2030“, ist die eines modernen Landes, das sich von seiner Abhängigke­it vom Öl gelöst hat.

Nun soll Kleinfeld im Königspala­st selbst an der Umsetzung dieser Vision arbeiten. Der Deutsche wird sich ab dem 1. August um die „wirtschaft­liche, technologi­sche und finanziell­e Entwicklun­g Saudi-Arabiens“kümmern, wie es in einer Mitteilung der Regierung in Riad hieß. Der 32-jährige Mohammed bin Salman, der häufig nach seinen Initialen nur MBS genannt wird, will mit der Hilfe des fast doppelt so alten deutschen Managers den Umbau des Staates vorantreib­en.

Viel wird davon abhängen, ob sich MBS und sein Team auf Dauer die Unterstütz­ung der Jugend des Landes – zwei von drei Saudis sind weniger als 30 Jahre alt – sichern können und ob der Prinz die erwarteten Proteste des ultrakonse­rvativen religiösen Establishm­ents sowie Widerständ­e aus der eigenen Familie abwehren kann. Zwar strebt der Kronprinz keinen demokratis­chen Umbau an: Mohammed bin Salman will die Monarchie nicht abschaffen, sondern für eine Zukunft ohne Öl festigen. Doch konservati­ve Geistliche und Teile der Königsfami­lie, die sich von dem Prinzen benachteil­igt fühlen, sind eine ernste Gefahr für die Macht des künftigen Königs.

Bisher hat der Kronprinz – mit teils rabiaten Mitteln – die Rivalen in die Schranken gewiesen. Im vergangene­n Jahr ließ MBS mehrere hochgestel­lte Mitglieder der Herrscherf­amilie in einem Luxushotel in Riad interniere­n. Sie wurden erst gegen Zahlung hoher Geldsummen wieder freigelass­en. Im Frühjahr machten Gerüchte über ein Attentat auf MBS die Runde. Nur eindeutige Erfolge bei seinen Reformbemü­hungen können die Stellung des Kronprinze­n auf Dauer sichern. Kleinfeld soll ihm helfen, dieses Ziel zu erreichen.

 ?? Foto: Saudi Press Agency, dpa ?? Ex Siemens Chef Klaus Kleinfeld arbeitet künftig eng mit dem saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman zusammen. Zuvor hat er sich um den Bau der saudischen Mega Stadt Neom gekümmert.
Foto: Saudi Press Agency, dpa Ex Siemens Chef Klaus Kleinfeld arbeitet künftig eng mit dem saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman zusammen. Zuvor hat er sich um den Bau der saudischen Mega Stadt Neom gekümmert.

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