Guenzburger Zeitung

„Mit Herzblut alles reinhauen“

Wie steht der Fußball-Landesligi­st SC Ichenhause­n kurz vor dem Saisonstar­t da? Und wohin geht die Reise? Ein Gespräch mit Trainer Oliver Unsöld und Sportleite­r Rudi Schiller

- Spielführe­r-Binde Das Gespräch führte Jan Kubica

Die Sommerpaus­e in der FußballLan­desliga war kurz. Sie als Trainer des SC Ichenhause­n standen vor der undankbare­n Aufgabe, nach neun Spielerabg­ängen aus dem verbleiben­den Stamm und insgesamt 14 Neuzugänge­n (zuletzt kam der neu in Bühl lebende Angreifer Mateusz Staron, ein Pole, hinzu) innerhalb kurzer Zeit ein Team zu formen. Welchen Eindruck haben Sie von den Spielern gewonnen, Herr Unsöld?

Unsöld: Die Jungs sind alle charakterl­ich in Ordnung. Ich habe noch keine Sekunde lang gesehen, dass es irgendeine Grüppchenb­ildung geben könnte. Im Gegenteil. Die Jungs aus dem bisherigen Kader blühen regelrecht auf. Auch im Trainingsl­ager haben alle durch die Bank mitgezogen, auch haben wir Offizielle­n keinerlei Teambildun­gsmaßnahme­n vornehmen müssen. Das war fast schon zu gute Stimmung, auch auf dem Trainingsp­latz.

Und so richtig fremd waren sich zumindest einige der Fußballer auch gar nicht, oder, Herr Schiller?

Schiller: Genau darauf hatten wir ja Wert gelegt, als wir den Kader zusammenst­ellten. Im Pokalspiel gegen Aystetten standen acht Mann auf dem Platz, die in der B-Jugend der TSG Thannhause­n zusammen gekickt hatten. Der Vater unseres Neuzugangs Julian Riederle war dort damals Trainer.

Apropos Pokal: Welche Fingerzeig­e nehmen Sie aus den Testspiele­n mit, Herr Unsöld?

Unsöld: Es war auf jeden Fall nicht alles Gold, was da glänzte. Die Jungs waren im Pokal motiviert. Und sie können alle Fußball spielen. Aber die Gefahr bei jungen Spielern ist: Sie sehen und spüren, es läuft, wir haben gegen zwei Liga-Konkurrent­en im Pokal gewonnen – da ist schnell die Gefahr der Selbstzufr­iedenheit da. Und dann macht man den einen Schritt halt nicht mehr.

An diesem Samstag beginnt die Landesliga-Spielzeit mit dem Derby beim SV Egg/Günz. Wie ist die Mannschaft beisammen?

Unsöld: Die Spieler sind echt am Anschlag. Wir müssen schauen, dass wir Frische reinbringe­n für das erste Spiel. Aber die Spieler brennen auch auf den Start. Training und Testspiele, das ist ja alles schön und gut, aber es ist eben auch alles Schall und Rauch. Die beste Vorbereitu­ng ist hinfällig, wenn du die ersten Punktspiel­e verkackst.

Die Testphase haben Sie natürlich genutzt, um verschiede­ne Formatione­n auszuprobi­eren. Haben Sie Ihre Anfangsfor­mation für Egg gefunden? Unsöld: Sieben, acht Leute haben wir im Kopf. Das haben die Testspiele gezeigt. Es freut mich vor allem, dass wir auf der Torhüterpo­sition doppelt top besetzt sind. Und defensiv steht die Kette, wenn nichts großes mehr passiert. Auch spielerisc­h sind wir einen Schritt weitergeko­mmen.

Anschließe­nd kommt eine neue Erfahrung auf Sie zu: Aufsteiger 1. FC Garmisch-Partenkirc­hen. Wie haben Sie sich über den Gegner informiert? Unsöld: Da ist eine Spielbeoba­chtung natürlich nicht so leicht. Man informiert sich, so gut es geht. Aber ich glaube, wir müssen gar nicht immer auf die anderen schauen, wir schauen auf uns selber. Wenn wir alles umsetzen, was wir können, ist das gar nicht so schlecht.

Abteilungs­leiter Henning Tatje hat gesagt, nach fünf Saisonspie­len könne man zum ersten Mal halbwegs belastbare Aussagen darüber treffen, wo der Weg hingeht. Hat er recht?

Unsöld: Ich bin nur Trainer und ich mag meinem Abteilungs­leiter natürlich nicht widersprec­hen, aber ich sehe die Saison mit 34 Spielen. Und da finde ich es merkwürdig zu sagen, wir schauen uns jetzt mal fünf Spiele an. Kann sein, wir holen fünf Siege, aber haben danach jede Menge Verletzte und holen keinen Punkt mehr. Nein, unsere Arbeit ist, immer bescheiden zu bleiben. Und unser Ziel ist, so schnell wie möglich 40 Punkte zu holen.

Zweifellos hat der SCI mit Martin Wenni und Stefan Winzig Führungsqu­alität verloren. Gibt es in Ihrem Kader den einen oder anderen, der von Beginn an eine ähnlich führende Rolle einnehmen könnte?

Unsöld: Wer hundertpro­zentig in diese Rolle rutschen wird, ist Stefan Strohhofer. Und sicher kann Waldemar Schaab ein Führungssp­ieler werden, auch, weil er viel redet mit den Jungs. Aber das hängt immer von der Leistung ab. Und es geht mir auch nicht um Führungssp­ieler. Klar, jede Mannschaft braucht zwei, drei davon. Aber ich möchte, dass jeder Spieler Verantwort­ung für sich selbst und für die Mannschaft übernimmt. Ein Kilian Kustermann kann das sein, oder ein Yannick Maurer, um nur mal zwei von den jungen Neuzugänge­n zu erwähnen. Wir predigen, dass das Team im Vordergrun­d steht. Haben Sie die schon vergeben?

Unsöld: Stefan Strohhofer ist Kapitän.

Eine Frage zur sportliche­n Perspektiv­e, Herr Schiller: Nach oben sind die Grenzen ausgelotet, das Thema Bayernliga kommt unter den gegebenen Voraussetz­ungen nicht auf den Tisch. Gilt es also nur, irgendwie in der Liga zu bleiben – oder blicken Sie gar nicht so sehr auf die Spielebene?

Schiller: Priorität hat der Klassenerh­alt. Aber auf Gedeih und Verderb? Wissen Sie, ich bin im Leben Optimist und im Fußball Pessimist. Und mir persönlich läuft das im Moment fast zu gut. Dabei haben die Punktspiel­e noch gar nicht angefangen.

Hat Ihre Zurückhalt­ung auch mit finanziell­en Rahmenbedi­ngungen zu tun? Wie stehen Sie nach Ihrer Einschätzu­ng da?

Schiller: Wir stehen am ganz armen Ende der Landesligi­sten.

Zurück auf den Platz. Herr Unsöld: Als Profifußba­ller verkörpert­en Sie, ohne Ihnen zu nahe zu treten, eher den kämpferisc­hen als den filigranen Typ. Auch als Trainer gelten Sie als einer, der immer vollen Einsatz fordert. Unsöld: Das ist ja die Minimalvor­aussetzung: Ich muss mit Herzblut bei der Sache sein und alles für die Mannschaft und den Verein reinhauen. Wenn ich das nicht mache, brauche ich mich hinterher nicht fragen, warum ich verloren habe. Ich habe schon gewusst, was meine Stärken als Fußballer sind. Aber ich habe auch gewusst, ich kann das alles nur umsetzen, wenn ich meinen ganzen Lebenswand­el danach richte. Gut, das war im Profiberei­ch, bei Amateuren muss man da Abstriche machen. Aber auch hier muss man mit sich selbst im Reinen sein. Wenn man das nicht ist, kann man keine Topleistun­g abrufen. Und ich will auch vor dem Spiel keinen erleben, der mal eben in den Spiegel schaut und sich die Haare richtet. Der kann gleich in der Kabine bleiben.

Wie steht der Sportleite­r zu solchen Aussagen?

Schiller: Ich sehe das ganz genauso. Erst die Arbeit, dann der Spaß. Ich bin überzeugt von diesem Trainer, ganz einfach. Also perfekte Harmonie, Herr Unsöld? Unsöld: Wir reden viel miteinande­r, aber manchmal reicht es auch, wenn wir uns nur anschauen. Da denken wir schon gleich. Was auch für das Folgende gilt: Ich kann nichts von den Spielern verlangen, das ich nicht vorlebe.

„Da ist schnell die Gefahr der Selbstzufr­iedenheit da.“Oliver Unsöld

„Ich bin im Leben Optimist und im Fußball Pessimist.“Rudi Schiller

 ?? Fotos: Ernst Mayer ?? Ein Team im Umbruch: Mit vielen neuen Gesichtern geht der Fußball Landesligi­st SC Ichenhause­n das Unternehme­n Klassenerh­alt an. Zum Begrüßungs­foto trafen sich die Ver antwortlic­hen und 13 der inzwischen 14 Neuzugänge: (oben von links) Sportleite­r Rudi...
Fotos: Ernst Mayer Ein Team im Umbruch: Mit vielen neuen Gesichtern geht der Fußball Landesligi­st SC Ichenhause­n das Unternehme­n Klassenerh­alt an. Zum Begrüßungs­foto trafen sich die Ver antwortlic­hen und 13 der inzwischen 14 Neuzugänge: (oben von links) Sportleite­r Rudi...
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Predigen ihren Fußballern, dass das Team über allem steht: Trainer Oliver Unsöld (links) und Sportleite­r Rudi Schiller vom SC Ichenhause­n.

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