Keine Alternative für Deutschland
Das Selbstbewusstsein der AfD ist groß. Der Einzug in den Landtag ist für Beatrix von Storch so sicher wie das Amen in der Kirche. „Die Frage stellt sich nicht“, antwortete sie unserer Zeitung vor ihrem Auftritt am vergangenen Sonntag im Forum am Hofgarten – um dann doch noch eine Antwort auf die Wahrscheinlichkeit zu geben: „1000 Prozent“. Von Storch dürfte recht behalten. Mit Bayern und Hessen gibt es nur noch zwei Landtage, in denen die Alternative für Deutschland nicht vertreten ist. Sämtliche Umfragen sehen die rechtspopulistische Partei im Freistaat im zweistelligen Bereich.
Das sollte den sogenannten etablierten Parteien zu denken geben. Die AfD nur als Ansammlung fremdenfeindlicher Spinner abzutun oder sie wie Luft zu behandeln, ist keine zielführende Strategie. Das geht an der Realität vorbei. Was nicht sein darf, kann nicht sein: Nach diesem Motto verhält sich die CSU im Kreis Günzburg. „Es war uns von Anfang an klar, dass wir den Besuch der AfD am effektivsten begegnen können, wenn wir ihn totschweigen würden“, schreibt Günzburgs Dritte Bürgermeisterin und Kreisrätin Ruth Niemetz in einer Mail an die „lieben Mitglieder der örtlichen CSU“. Sie begründet damit, warum sie von der Teilnahme an einer Gegendemonstration abrät – und bedauert, dass andere Gruppierungen und auch die Presse dieser Logik nicht gefolgt sind.
Nun – wir berichten, was ist und spielen nicht „Wünsch dir was“. Dazu gehört, sich auch die Redner einer demokratisch legitimierten Partei anzuhören, selbst wenn dies schwerfällt. Und stellenweise waren Wortbeiträge und die Reaktionen darauf am Sonntag in hohem Maße erschreckend. Da spricht der örtliche Bezirkstagskandidat Ulrich Holzwarth völlig pauschal davon, dass Patienten im Günzburger Bezirkskrankenhaus nur noch medikamentös ruhiggestellt werden. Ob es sich dabei um eine persönliche Erfahrung handelt (die skandalös wäre), wird nicht klar. Es wird undifferenziert als für alle geltende Tatsache hingestellt. Der Direktkandidat aus dem DonauRies, Ulrich Singer, erklärt, dass „Mord und Totschlag“an „unseren Frauen und Töchtern“an „der Tagesordnung“sind. Er zielt dabei auf Flüchtlinge als Täter. Und er fragt: „Ja, wo sind wir denn?“
Diese Frage sollte Singer besser selbst beantworten: Wo sind wir denn, eine solch abgeschmackte Hetzerei auszubreiten? So vergiftet die AfD die Gesellschaft. Mit dieser Sprache ist die AfD keine Alternative für Deutschland. Das wurde trotz besonnener Vertreter, zu denen der Günzburger Kreisund schwäbische Bezirksvorsitzende Gerd Mannes zählt, deutlich.
Die Reaktionen, die vermutlich nun aus dem AfD-Lager kommen, folgen dem Muster, dass Journalisten grundsätzlich falsch berichten und ohnehin alles Gesagte aus dem Zusammenhang gerissen ist. In der Blütezeit der „alternativen Fakten“schlägt sich nur noch die Ungeheuerlichkeit einer Behauptung auf der Relevanz-Skala nieder, nicht aber deren Belegbarkeit. Soziale Medien dienen dann als idealer Nährboden, um diese verbalen Giftköder schnell und wirkungsvoll zu verbreiten. Wir brauchen weniger Beleidigung und mehr Respekt. Weniger Lautsprecher und mehr leise Töne. Funktioniert das noch?