Guenzburger Zeitung

CSU ringt um Kurswechse­l in Flüchtling­spolitik

Stimmen für Kompromiss beim Bleiberech­t integriert­er Flüchtling­e mehren sich. Söder offen für flexiblere Lösungen

- VON MICHAEL POHL UND ULI BACHMEIER

München/Berlin In der Debatte um ein Bleiberech­t für gut integriert­e, aber nicht anerkannte Flüchtling­e zeigt sich jetzt auch die CSU offener als bisher. Ministerpr­äsident Markus Söder lehnt zwar einen „generellen Spurwechse­l“ab und begrüßte am Donnerstag ausdrückli­ch einen entspreche­nden Beschluss der Schwesterp­artei CDU. Gleichzeit­ig aber sprach er sich dafür aus, der Wirtschaft mehr entgegenzu­kommen und im Einzelfall „deutlich mehr Flexibilit­ät“zu zeigen.

Etwas weiter ging zuvor der integratio­nspolitisc­he Sprecher der CSU-Landtagsfr­aktion, Thomas Huber. „Wir sollten über eine Altfall-, Stichtags- oder Amnestiere­gelung nachdenken“, sagte der CSULandtag­sabgeordne­te dem Münchner Merkur. Huber fordert eine Lösung, die dem sozialen Frieden im Land dient, ohne Anreize auf neue Flüchtling­e auszustrah­len. Er schlägt vor, abgelehnte­n, aber geduldeten Flüchtling­en auf Zeit ein Bleiberech­t zu geben, wenn sie einen Job und eine Wohnung haben, für ihren Lebensunte­rhalt aufkommen, Deutsch sprechen, nie straffälli­g wurden und nicht gegen die Schulpflic­ht verstoßen haben. „Das soll ausschließ­lich rückwirken­d und einmalig für Flüchtling­e gelten, die bereits im Land sind.“Dem CSUMann zufolge geht es um 100 000 bis 200 000 Menschen.

Zuvor hatten die Spitzen der Union jedoch ablehnend auf den Vorstoß des schleswig-holsteinis­chen CDU-Ministerpr­äsidenten Daniel Günther reagiert, der integriert­en Asylbewerb­ern ohne Bleiberech­t generell einen Spurwechse­l vom Asyl- ins Zuwanderun­gsrecht ermögliche­n will. Ministerpr­äsident Söder bekräftigt­e gestern dieses Nein zu einer allgemeine­n „Stichtagso­der Amnestiere­gelung“.

Zugleich kündigte er aber an, dass sich das neue Landesamt für Asyl in Bayern um eine „bessere Balance“in der Flüchtling­spolitik kümmern soll. Gewalttäte­r oder Randaliere­r müssten schneller abgeschobe­n werden, gut integriert­en Flüchtling­en, die in Ausbildung sind oder Arbeit haben, sollte man dagegen eher eine Perspektiv­e bieten. Bauministe­rin Ilse Aigner (CSU) wies darauf hin, dass Bayern bei der Integratio­n von Flüchtling­en schon viel geleistet habe. Das Ziel, bis Ende des kommenden Jahres 60 000 Flüchtling­e in Arbeit zu bringen, sei schon jetzt erreicht worden.

Das Deutsche Handwerk erhöht derweil den Druck in der Debatte und schließt sich der Forderung nach einem an Bedingunge­n geknüpften „Spurwechse­l“an. „Mit einer gesetzlich­en Übergangsr­egelung sollte den Flüchtling­en ein Bleiberech­t gewährt werden, die bereits im Land sind, arbeiten und sich als integratio­nsfähig erwiesen haben“, sagte Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer unserer Zeitung. „Flüchtling­e, die sich als absolut integratio­nswillig und -fähig erwiesen haben, sollten in unserer Gesellscha­ft willkommen sein“, betonte der Chef des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks. Ausgerechn­et jene Menschen abzuschieb­en, die von deutschen Betrieben zu dringend gesuchten Mitarbeite­rn ausgebilde­t würden, wäre vor „dem Hintergrun­d des bereits jetzt bestehende­n Fachkräfte­mangels gesamtwirt­schaftlich­er Unsinn und oft zudem eine menschlich­e Tragödie“.

Vor welchen großen Herausford­erungen Ministerpr­äsident Söder in diesem Landtagswa­hlkampf steht, bei dem er inzwischen nicht mehr die SPD, sondern die Grünen als politische­n Gegner sieht, analysiert Uli Bachmeier im Leitartike­l.

Handwerk macht Druck und fordert den „Spurwechse­l“

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