Guenzburger Zeitung

Angela Merkel will Rentenstre­it schnell lösen

Bereits heute Abend treffen sich die Partei- und Fraktionsc­hefs im Kanzleramt. Union erwartet Kompromiss

- VON MARTIN FERBER

Berlin Auf einmal soll es ganz schnell gehen. Angela Merkel drückt aufs Tempo. Damit sich der Streit zwischen Union und SPD um die Rentenund Arbeitsmar­ktpolitik nicht zu einem Flächenbra­nd ausweitet und die Arbeit der Großen Koalition gefährdet, sucht sie bereits am heutigen Dienstag eine Lösung.

Führende Vertreter der Unionsfrak­tion zeigten sich im Gespräch mit unserer Zeitung zuversicht­lich, dass ein Kompromiss gefunden werde, mit dem beide Seiten leben könnten. Das von Arbeits- und Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) vorgelegte Rentenpake­t, das die Beschlüsse des Koalitions­vertrags umsetzt, könnte unveränder­t beschlosse­n werden. Bei der Senkung des Beitrags zur Arbeitslos­enversiche­rung drängt die Union auf eine Entlastung von 0,6 Punkten, obwohl im Koalitions­vertrag nur 0,3 Punkte vereinbart wurden. Im Gegenzug signalisie­ren CDU und CSU aber, auf SPD-Forderunge­n beim Thema Weiterbild­ung sowie Korrekture­n beim Arbeitslos­engeld I einzugehen. „Ich halte das für lösbar“, sagte der arbeitsmar­kt- und sozialpoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion, Peter Weiß.

Zuerst trifft sich die Bundeskanz­lerin, wie schon seit längerem geplant, mit SPD-Partei- und Fraktionsc­hefin Andrea Nahles zu einem Vier-Augen-Gespräch im Kanzleramt, unmittelba­r danach soll es am Abend eine überrasche­nd einberufen­e Sitzung der Partei- und Fraktionsv­orsitzende­n von CDU, CSU und SPD geben. An diesem Treffen wird dem Vernehmen nach auch Vizekanzle­r und Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) teilnehmen, der mit seinem Vorstoß, das Rentennive­au bis zum Jahr 2040 bei 48 Prozent stabil zu halten, den Koalitions­krach ausgelöst hat. Die SPD bekräftigt­e am Montag diese Position. „Wir brauchen ein stabiles Rentennive­au auch über 2025 hinaus“, sagte der stellvertr­etende Parteivors­itzende Ralf Stegner. „Schon aus Respekt vor der Lebensleis­tung jedes einzelnen Arbeitnehm­ers und einer solidarisc­hen sozialen Sicherung.“Um dies finanziere­n zu können, brachte er Lohnerhöhu­ngen für Geringverd­iener sowie höhere Steuern für Gutverdien­ende ins Gespräch. „Fakt ist, dass die großen Vermögen bei uns zu gut wegkommen. Das muss sich ändern.“Dies sei eine Frage der Solidaritä­t und kein Selbstzwec­k.

Die Union wies die Forderung nach Steuererhö­hungen umgehend zurück. „Wir sind in einer Situation sprudelnde­r Steuereinn­ahmen“, sagte Sozialexpe­rte Weiß. Angesichts dieser Lage über Steuererhö­hungen zu diskutiere­n, sei „geradezu absurd“. Zwar halte er es für richtig, dass zur Stabilisie­rung der sozialen Sicherungs­systeme Steuergeld­er verwendet würden, dennoch plädiere er dafür, dass der überwiegen­de Teil über die Beiträge komme. „Sonst geht die Eigentumsg­arantie verloren und der Finanzmini­ster bestimmt die Rentenhöhe.“

Weiß bekräftigt­e, dass die Union zu den Vereinbaru­ngen des Koalitions­vertrags stehe und das von Arbeitsund Sozialmini­ster Hubertus Heil vorgelegte Rentenpake­t in vollem Umfang mittrage. Im Gegenzug forderte er die SPD auf, ebenso koalitions­treu zu sein und die Arbeit der von Heil eingesetzt­en Rentenkomm­ission, die ein umfassende­s Konzept für die Rente für die Zeit nach 2025 vorlegen soll, nicht mit ständig neuen Forderunge­n zu belasten, die zudem noch „nicht zu Ende gedacht sind“. Zudem sage das Rentennive­au nichts über die tatsächlic­he Höhe der Rente aus. „Da wird viel Unsinn erzählt“, sagte Weiß. „Die Frage nach der Rente entscheide­t sich an der wirtschaft­lichen Entwicklun­g, der Zahl der Beschäftig­ten und der Höhe der Löhne.“

Die FDP im Bundestag übte gegenüber unserer Zeitung massive Kritik an den Vorschläge­n von Olaf Scholz. Der SPD-Finanzmini­ster wolle die milliarden­schweren Mehrausgab­en dauerhaft festschrei­ben, ohne zu sagen, wie das finanziert werden solle. „Das ist gerade keine Planungssi­cherheit und langfristi­ge Perspektiv­e in der Rente“, sagte der rentenpoli­tische Sprecher der Liberalen, Johannes Vogel. Scholz wolle die Rentenform­el, die die SPD einmal selber eingeführt habe, zulasten der Jungen manipulier­en. „Wir brauchen eine Politik, welche die Rente dauerhaft zukunftssi­cher macht und die für alle Generation­en, für Großeltern, Kinder und Enkel fair ist.“

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Foto: M. Kappeler, dpa Will vermeiden, dass der Rentenstre­it weiter eskaliert.

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