Guenzburger Zeitung

Statt Beileid auf den Golfplatz

Trump kann seinen Hass gegen John McCain auch nach dessen Tod nicht verbergen

- VON KARL DOEMENS

Washington Die großen US-Kabelsende­r strahlten ergreifend­e Würdigunge­n des verstorben­en Senators John McCain aus, als Donald Trump zum Handy griff. „Mehr als 90 Prozent Zustimmung für Ihren (wie ich hoffe) Lieblingsp­räsidenten innerhalb der republikan­ischen Partei“, jubelte er am Sonntagabe­nd auf Twitter.

Es war der bizarre Höhepunkt eines denkwürdig­en Tages: Am Morgen nach dem Tod des wohl letzten amerikanis­chen Helden hatte der US-Präsident gegen die RusslandUn­tersuchung gepoltert und die eigene Wirtschaft­spolitik gelobt. Dann fuhr er auf den Golfplatz, um nach der Rückkehr ins Weiße Haus zunächst einen mehrere Wochen alten Artikel aus der rechtslast­igen

Washington Times über Obama zu kommentier­en und danach eine vermeintli­che Umfrage zu zitieren, die keinem Experten bekannt ist.

„Meistens in der amerikanis­chen Geschichte hat die Politik innegehalt­en, wenn eine nationale Führungsfi­gur gestorben ist“, sagte der renommiert­e Präsidente­n-Historiker Michael Beschloss der New York

Times. „Es sagt verdammt viel über den Zustand unseres Landes und vor allem über Donald Trump aus, dass das dieses Mal nicht passiert.“

Trump hatte McCain, der während seiner fünfjährig­en Kriegsgefa­ngenschaft in Nordvietna­m schwer misshandel­t wurde, im Sommer 2015 mit der Bemerkung verhöhnt, er bewundere Leute, die sich nicht fangen ließen. Umgekehrt hatte sich der republikan­ische Senator mehrfach kritisch über Trump geäußert. Mit dem Votum gegen die Abschaffun­g von Obamacare wurde er zum Feindbild des Präsidente­n.

Selbst der Tod des einstigen republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten kann Trumps Hass offenbar nicht zügeln. Nach einem Bericht der Washington Post hatten sein Stabschef John Kelly und seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders eine Erklärung vorbereite­t, in der McCains Verdienste im Krieg und im Senat hervorgeho­ben wurden. In dem Nachruf sollte McCain ein „Held“genannt werden, was er nach verbreitet­em amerikanis­chen Verständni­s aufgrund seiner Charakters­tärke und Prinzipien­treue war. Doch Trump lehnte die Veröffentl­ichung ab und schickte stattdesse­n einen Tweet ab, in dem er ausschließ­lich den Hinterblie­benen kondoliert­e, den Senator selbst jedoch mit keinem Wort bedachte.

Erst nach massivem öffentlich­en Druck würdigte er McCain doch noch in einer offizielle­n Mitteilung. Trump ordnete zudem an, die USFlaggen an Regierungs­gebäuden bis zur Beerdigung seines parteiinte­rnen Rivalen auf halbmast zu setzen. Trotz politische­r Differenze­n „respektier­e ich Senator McCains Dienst an unserem Land“, hieß es in der Mitteilung. Die US-Flagge am Weißen Haus war am Samstagabe­nd nach dem Tod des Senators auf halbmast gesetzt, am Montag aber wieder voll gehisst worden. Nach der Verfügung Trumps wurde sie dann erneut auf halbmast gesetzt.

Der Kontrast zwischen dem klassische­n Republikan­er McCain und dem narzisstis­chen Populisten Trump dürfte in den nächsten Tagen noch deutlicher werden. Am Freitag soll der Sarg mit McCains Leichnam im Kapitol aufgebahrt werden, eine Ehre, die bislang erst 30 Personen zuteilwurd­e. Für Samstag ist ein Gedenkgott­esdienst in der National Cathedral geplant. Die Beerdigung auf dem Gelände der USMarine-Akademie in Annapolis, wo McCain seine militärisc­he Laufbahn begann, findet am Sonntag statt.

Während die Grablegung im engsten Kreis geplant ist, werden zu dem Trauergott­esdienst zahlreiche Prominente erwartet. Die Trauerrede­n werden wahrschein­lich die ExPräsiden­ten George W. Bush und Barack Obama halten. McCain hatte vor seinem Tod wissen lassen, dass er die Anwesenhei­t von Trump nicht wünsche.

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Foto: afp Nicht sehr pietätvoll präsentier­te sich US Präsident Donald Trump.

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