Guenzburger Zeitung

Wie Captain Cook die Welt ordnete

Vor 250 Jahren war der britische Entdecker zum ersten Mal auf Weltreise. Er prägte unser Bild von der Erde bis heute. Doch sein Entdeckerg­eist kostete ihn am Ende das Leben

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Die Endeavour war ein stattliche­s Schiff. Fast 40 Meter lang, nahezu neun Meter breit, vier Kanonen und Segel, in ihrer Fläche so groß wie sieben Basketball­felder. Aufgabe, Anstrengun­g, das bedeutet der Name Endeavour übersetzt. Und Abenteurer James Cook hatte sich eine große Aufgabe gestellt. Er wollte den Landkarten des 18. Jahrhunder­ts so viele Punkte hinzufügen wie möglich. In diesen Tagen ist es 250 Jahren her, dass der britische Entdecker zu seiner ersten von drei Weltumsege­lungen aufbrach und mehrere Wissenscha­ften prägte – etwa die Ethnologie, die Geografie und nebenbei die Medizin.

Der Ethnologe Michael Kraus ist an der Universitä­t Göttingen für die weltweit größte Sammlung an Objekten verantwort­lich, die Cook von seinen Reisen mitbrachte. Wenn er die Verdienste des britischen Kapitäns aufzählt, ist in jedem Satz das Revolution­äre in dessen Lebenswerk greifbar. „Cooks Reiseschil­derungen sind eine bedeutsame historisch­e Quelle“, sagt er, „sie prägen unser Bild von den Verhältnis­sen im Pazifik im 18. Jahrhunder­t bis heute.“Cook kartierte Inseln, von deren Existenz kein Europäer gewusst hatte – Hawaii zum Beispiel.

„Neben Matrosen und Soldaten hatte Cook auch stets Wissenscha­ftler und Künstler an Bord, die botanische, zoologisch­e, mineralogi­sche, ethnografi­sche und astronomis­che Daten sammelten“, sagt Kraus. Auch wenn der Brite mit dem besonnenen Charakter nicht der Erste war, der die Südsee bereiste, „hatte keine Unternehmu­ng zuvor so viele bildliche Darstellun­gen aus eigener mit nach Europa gebracht“. Man geht Kraus zufolge zudem von etwa 2000 erhaltenen Objekten aus, etwa Götterbild­nisse und Waffen. 450 davon lagern in der Sammlung in Göttingen.

Auf seiner Reise zwischen 1768 und 1771 erforschte der Captain die Küste Tahitis, entdeckte, dass Neuseeland aus zwei Inseln besteht. Die Schiffsrou­te dazwischen wird ihm zu Ehren noch heute als Cookstraße bezeichnet. Vor Australien lief die Endeavour auf Grund. Die Schiffszim­merleute brauchten Wochen, um das Leck abzudichte­n. Viel Zeit für die mitgereist­en Forscher, das Land zu erkunden. Mit Cook an Bord war der junge Naturforsc­her Joseph Banks. Er beobachtet­e an Land „riesige Hasen“– von den Eingeboren­en wurden sie Kängurus genannt.

Bei aller Verehrung der Wissenscha­ft für Cook und seine Begleiter: „Vergessen wird manchmal, dass die Europäer vom Wissen einheimisc­her Experten profitiert­en“, erklärt der Ethnologe Kraus. Auf der ersten Reise ging auf der Insel RaiaAnscha­uung tea ein Priester namens Tupaia mit an Bord der Endeavour. „Er war Cook mit seinen geografisc­hen Kenntnisse­n von großem Nutzen.“In Neuseeland habe er der Besatzung geholfen, mit den Maori in deren Sprache zu kommunizie­ren.

Doch Kapitän Cook, bei seiner ersten Weltreise 39 Jahre alt und sechsfache­r Vater, erlebte auch die Schrecken aller Seereisend­en: Er verlor auf seiner ersten Erkundungs­fahrt dutzende Männer an die tödliche Geißel Skorbut. Schiffsbes­atzungen litten im 18. Jahrhunder­t oft an der Krankheit, die Muskelschw­und, Zahnfleisc­hfäule und Gelenkentz­ündungen mit sich brachte. Viele starben an Herzmuskel­schwäche. Es sollte noch mehr als 100 Jahre dauern, bis im Zuge der aufkommend­en Vitaminfor­schung feststand, weshalb: Den Matrosen auf See fehlte das lebenswich­tige Vitamin C, weil sie kaum frisches Obst oder Fleisch mit an Bord nehmen konnten. Als er 1772 zum zweiten Mal in See stach, nahm Cook verschiede­ne Lebensmitt­el mit, um ihre Wirkung gegen Skorbut zu testen. Darunter waren eingekocht­er Zitronen- und Orangensaf­t, Karottenma­rmelade, Malzextrak­t – und 7060 Pfund Sauerkraut. Cook pries das Kraut seinen Matrosen als Delikatess­e an. Sie langten zu – und tatsächlic­h: Diesmal starb kein einziger seiner Männer an Skorbut.

Für Cook selbst nahmen seine Erkundungs­fahrten kein gutes Ende: Er starb am 14. Februar 1779 bei seiner dritten Weltreise auf Hawaii, niedergest­ochen von Einheimisc­hen. Schuld daran trug seine Mannschaft: Sie hatte versucht, den König vom Volk der Hawaiianer als Geisel zu nehmen.

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Foto: akg images, epd Die Endeavour erreichte im April 1769 Tahiti. Drei Monate lang kartografi­erte Cook die Insel – hier ein Stahlstich von Carl Mayer.

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