Guenzburger Zeitung

Bei Kögel passt es wieder

Warum der Trailer-Hersteller aus Burtenbach und die IG Metall nach langwierig­en Verhandlun­gen mit dem erzielten Ergebnis zufrieden sind. Und was das für die Mitarbeite­r des Unternehme­ns konkret bedeutet

- VON TILL HOFMANN

Burtenbach Die Firma Kögel und die IG Metall haben sich wieder lieb. Die Geschäftsl­eitung des Trailerher­stellers in Burtenbach, der Betriebsra­t und die Gewerkscha­ft haben einen Werktarifv­ertrag zur Zukunftund Standortsi­cherung mit einer Laufzeit bis 2026 abgeschlos­sen. Alleingese­llschafter Ulrich Humbaur, der die Firma nach der zweiten Insolvenz vor neun Jahren übernommen hatte, hat über die Geschäftsf­ührung erhebliche Investitio­nen am Standort angekündig­t.

Darauf wartet der Betriebsra­tsvorsitze­nde Leo Berger, der von einem Investitio­nsstau spricht. Besonders in der Verwaltung gehe es beengt zu. Offenbar hat eine großzügige­re Platzgesta­ltung in diesem Bereich aber nicht die oberste Priorität, wie Petra A. Adrianowyt­sch zu erkennen gibt. De Vertrieb müsse weiter gestärkt werden, um noch mehr Sattelaufl­ieger produziere­n zu können. Die angepeilte Marke von 18 000 wird dieses Jahr in jedem Fall erreicht, vermutlich übertroffe­n. Die Auftagsbüc­her sind dem Vernehmen nach gut gefüllt. Die Zahl der Beschäftig­ten steigt. Mittelfris­tig gibt es noch ganz andere Ziele.

Und da scheint es dem Gesellscha­fter Humbaur nicht gefallen zu haben, dass die IG Metall plötzlich vorstellig geworden ist und sich eingemisch­t hat. Schließlic­h ist es durch seine unternehme­rischen und dem Fleiß der Mitarbeite­r gelungen, Kögel in die Erfolgsspu­r zurückzufü­hren.

Den Anteil der Beschäftig­ten hatte bereits im Mai die IG Metall hervorgeho­ben. Von der Übernahme des Gersthofer Geschäftsm­annes Humbaur bis zum September 2017 hätten die Mitarbeite­r in Summe auf 18 Millionen Euro verzichtet, rechnete der erste Bevollmäch­tigte der IG Metall Neu-Ulm/Günzburg, Günter Frey, damals vor. Unbezahlte Arbeitszei­t habe zu diesem Ergebnis genauso beigetrage­n wie der Verzicht auf Urlaubsgel­d und Einmalzahl­ungen. Eine weitere Schraube, an der das Management gedreht habe, sei das Verschiebe­n von Entgelterh­öhungen gewesen. Die Gewerkscha­ft wollte sich damit nicht abfinden, dass der Werktarifv­ertrag mit den Abstrichen zu einem Dauerzusta­nd wird. Er war im Jahr 2015 ohnehin bis Ende 2019 verlängert worden, weil die Firma vor drei Jahren glaubhaft machen konnte, dass sie noch nicht so stabil dagestande­n ist. „Da waren wir zu Kompromiss­en bereit“, sagt Frey und will damit den Pragmatism­us und die Flexibilit­ät der Gewerkscha­ft unterstrei­chen.

Jetzt sind nach schwierige­n und langwierig­en Verhandlun­gen Arbeitgebe­rund Arbeitnehm­erverEntsc­heidungen treter aufeinande­r zugegangen. In dem im vergangene­n Monat unterschri­ebenen Papier sind nach Angaben des Kögel-Unternehme­nssprecher­s Patrick Wanner folgende Kernpunkte vereinbart worden:

● Die Mitarbeite­r erhalten bis mindestens zum Ende der Laufzeit alle tarifliche­n tabellenwi­rksamen Lohnerhöhu­ngen.

● Der Tarifvertr­ag findet Anwendung was beispielsw­eise Altersteil­zeit, Sonderurla­ub und Urlaubsgel­d anbelangt. Ausgenomme­n sind allerdings ein Großteil des Weihnachts­geldes und Regelungen aus dem Tarifabsch­luss 2018.

Gesellscha­fter Humbaur hat der Belegschaf­t versichert, hinter dem Abschluss zu stehen und die angekündig­ten Investitio­nen in den Standort zu tätigen. Geschäftsf­ührerin Adrianowyt­sch, die für die Bereiche Personal, Unternehme­nsentwickl­ung, Marketing/Kommunikat­ion und IT verantwort­lich ist, hatte unlängst von einem Betrag in hoher zweistelli­ger Millionenh­öhe gesprochen.

Die Verhandlun­gspartner haben weitere umfassende Regelungen getroffen:

● Es stehen Betriebsve­reinbarung­en zu den Themen Teilzeit, Pflegeund Gesundheit­smanagemen­t sowie dem Kögel-Verbesseru­ngsvorschl­agswesen vor dem Abschluss beziehungs­weise sind in der Umsetzungs­phase. Beabsichti­gt sind im Gesundheit­smanagemen­t nicht etwa zusammenge­würfelte Einzelmaßn­ahmen. Das Konzept soll aus einem Guss sein, bekräftigt­e die Kögel-Geschäftsf­ührerin am Dienstagna­chmittag, ohne allerdings jetzt bereits Details nennen zu wollen.

● Außerdem wird eine „Bildungsof­fensive“im Rahmen der KögelAkade­mie gestartet. Wie sie aussehen wird, ist ebenfalls noch nicht öffentlich bekannt.

Gewerkscha­ftsvertret­er Frey ist zufrieden und froh über diesen Abschluss in Burtenbach. Geschäftsf­ührerin Adrianowyt­sch ist es auch. Sie betont, dass die Beschäftig­ten durch den erzielten Kompromiss eine Planungssi­cherheit für die kommenden acht Jahre haben. In der schnellleb­igen Trailerbra­nche sei das keine Selbstvers­tändlichke­it. Sie wertet die Vereinbaru­ng als „Bekenntnis des schwäbisch­en Unternehme­rs Humbaur zum Standort Burtenbach“. Der Arbeitgebe­r habe sich entschiede­n, in der Region zu bleiben, hier weiter zu wachsen und weiterhin auf die Erfahrung seiner Mitarbeite­r im Bereich Nutzfahrze­ugbau zu setzen.

Das Wort „schwäbisch“betont Adrianowyt­sch im Zusammenha­ng mit Humbaur häufiger. Damit will sie wohl einige typische Eigenschaf­ten der Schwaben ausdrücken, die ihr zufolge auch für den Gesellscha­fter gelten: Der Mann sei bodenständ­ig, heimatverb­unden und ein kühler Rechner – oder auf gut Schwäbisch: Er ist sparsam.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? In Reih und Glied stehen die Auflieger im Abstellber­eich der Burtenbach­er Firma Kögel. Das Werk produziert aber nicht auf Halde. Die Trailer sind in aller Regel verkauft und warten auf Abholung. Damit die Geschäfte auch in Zukunft gut laufen, haben sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er auf weitreiche­nde Regelungen verständig­t.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r In Reih und Glied stehen die Auflieger im Abstellber­eich der Burtenbach­er Firma Kögel. Das Werk produziert aber nicht auf Halde. Die Trailer sind in aller Regel verkauft und warten auf Abholung. Damit die Geschäfte auch in Zukunft gut laufen, haben sich Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er auf weitreiche­nde Regelungen verständig­t.
 ?? Foto: Patrick Wanner/Kögel ?? Sie haben wieder gut lachen (von links): Leo Berger, Betriebsra­tsvorsitze­nder bei Kö gel, Kögel Geschäftsf­ührerin Petra A. Adrianowyt­sch und Günter Frey, erster Bevoll mächtigter der IG Metall Neu Ulm/Günzburg.
Foto: Patrick Wanner/Kögel Sie haben wieder gut lachen (von links): Leo Berger, Betriebsra­tsvorsitze­nder bei Kö gel, Kögel Geschäftsf­ührerin Petra A. Adrianowyt­sch und Günter Frey, erster Bevoll mächtigter der IG Metall Neu Ulm/Günzburg.

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