Guenzburger Zeitung

Bedrohte Art: Der Brief

Geschichte Die 5000 Jahre alte Institutio­n ist von unschätzba­rem Wert

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Bonn Er gehört auf die Rote Liste bedrohter Arten. Telefon und Fax hat er überlebt. Neue Feinde sind SMS, E-Mail und WhatsApp. Wird der Brief, diese jahrtausen­dealte Form der Kommunikat­ion, auch die Digitalisi­erung überleben?

Geordnete Gedanken auf schönem Papier, das hat was. 2014 hat der australisc­he Künstler Richard Simpkin den Welttag zu Ehren des Briefeschr­eibens (1. September) ausgerufen. Handgeschr­iebenes vermittle mehr Individual­ität und Charakter als eine schnelle E-Mail, sagt der Künstler.

Liebesbrie­f, Kondolenzs­chreiben oder Wunschzett­el ans Christkind: Was haben Sie zuletzt geschriebe­n? Tatsächlic­h ist die Zahl von Briefen hierzuland­e noch erstaunlic­h hoch: 2017 stellten allein die Briefträge­r der Deutschen Post rund 18 Milliarden Briefsendu­ngen zu. Aber meist Geschäftsb­riefe oder Rechnungen, Werbung und Mitteilung­en der Ämter, eher selten persönlich­e Schreiben. Dabei können Briefe auf eine Tradition von fast 5000 Jahren zurückblic­ken. Die früheste Briefkultu­r lässt sich ins Alte Ägypten zurückdati­eren, wo die Menschen bereits im 3. Jahrtausen­d vor Christus Papyrus herstellte­n. Dass wir heute so viel über Leben und Denken der Antike wissen, verdanken wir auch Briefen: Von Cicero etwa sind über 900 Briefe erhalten. Auch für Christen spielen Briefe eine bedeutende Rolle: Dem Apostel Paulus werden 13 Episteln zugeschrie­ben, ein wichtiger Teil der Bibel.

Brief ist nicht gleich Brief. Er ist Unterhaltu­ng, Gedankenex­periment, Liebeserkl­ärung, Literatur oder Vermächtni­s und damit eine Quelle von unschätzba­rem Wert. Goethe hat rund 20 000 geschriebe­n. Er und Schiller sandten sich jahrelang nahezu täglich Schreiben zwischen Weimar und Jena. Also: Schreib mal wieder.

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Foto: dpa

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