Guenzburger Zeitung

Zu viel der Worte und zu spät

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Zdie wei Monate ist es her, dass sich

deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft als amtierende­r Weltmeiste­r frühzeitig von der WM verabschie­det hat. Ein Desaster, wie es die Fußball-Nation noch nie erlebt hat. Ein Absturz, der nach Rücktritte­n, Schuldeing­eständniss­en, Analysen und vor allem Erklärunge­n verlangte. Dass es Rücktritte geben würde, war schon nach wenigen Tagen ausgeschlo­ssen. Joachim Löw hatte in den zwölf Jahren seiner Amtszeit als Bundestrai­ner so viel Kredit gesammelt, dass sich keine gewichtige Stimme gegen ihn erheben wollte. Teammanage­r Oliver Bierhoff und DFBPräside­nt Reinhard Grindel mochten im Fall Özil noch so ungeschick­t agieren – für einen erzwungene­n Abgang war das zu wenig. Freiwillig gehen aber wollte keiner. Stattdesse­n haben Löw & Co. getan, was Fußballer in Bedrängnis gerne tun: Auf Zeit spielen. Ball halten, sich zurückzieh­en und auf ein gnädiges Schicksal hoffen. Also haben sich der Bundestrai­ner und sein Stab tagelang in der DFBZentral­e eingeschlo­ssen. Um was zu tun? Darauf zu bauen, dass sich der Ärger irgendwann legen würde, wenn die Bundesliga wieder spielt. Das hat funktionie­rt.

Löw & Bierhoff haben nichts gesagt, was man nicht schon vor sechs Wochen hätte sagen können. Manches immerhin überrasche­nd selbstkrit­isch. Für Branchenve­rhältnisse sogar schonungsl­os. So, wie es vor der WM nötig gewesen wäre. Aber was hilft das jetzt? Der Geist einer Mannschaft entsteht nicht auf Podien. Die Personalwe­chsel an den Rändern sind unbedeuten­d. Das Vorhaben, den aufgeblase­nen Mitarbeite­rstab zurückzufa­hren, könnte der FamilienId­ee wieder auf die Beine helfen. Die Spieler näher an die Fans heranzurüc­ken und dem Eindruck der Dauerverma­rktung entgegenzu­wirken wäre zudem hübsch. Einen dringend notwendige­n treffsiche­ren Klose-Nachfolger gibt es dafür aber nicht.

Dass der Ex-Weltmeiste­r mehr Qualität besitzt, als er in Russland gezeigt hat, ist unbestritt­en. Ohne Hingabe und Leidenscha­ft ist diese Klasse aber wenig Wert. Es ist die Aufgabe des Bundestrai­ners, seinen Spielern diesen Geist neu zu vermitteln. Schafft er das in den nächsten beiden Länderspie­len nicht, wird es bald die nächste große DFB-Pressekonf­erenz geben. Dann aber ohne Joachim Löw.

 ?? Foto: dpa ?? Möchte wieder mehr Familienge­ist in der Nationalel­f: Oliver Bierhoff.
Foto: dpa Möchte wieder mehr Familienge­ist in der Nationalel­f: Oliver Bierhoff.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany