Guenzburger Zeitung

Der Vater geht

Joachim H. Luger spielte in der „Lindenstra­ße“jahrzehnte­lang Familienob­erhaupt Hans Beimer. Am Sonntag ist er zum letzten Mal in der Rolle seines Lebens zu sehen. Warum er die Kultserie verlässt und was er künftig machen will

- Aber? Interview: Martin Weber

Herr Luger, Sie steigen nach 33 Jahren auf eigenen Wunsch aus der „Lindenstra­ße“aus. Warum hören Sie auf? Joachim H. Luger: Ich bin ja schon zehn Jahre über mein eigentlich­es Rentenalte­r hinaus, und irgendwann wuchs das Gefühl in mir, dass ich mich auch mal in andere Gefilde begeben sollte.

Hat Sie die Rolle als Hans Beimer gelangweil­t?

Luger: Gelangweil­t – nein. Schauspiel­erisch gab es immer wieder Herausford­erungen, aber was meine Rolle betrifft, glaube ich, dass fast alles erzählt war. Irgendwann wiederhole­n sich die Dinge dann auch mal im Laufe der Jahre.

Haben Sie im Fernsehen noch was vor? Luger: Warum nicht? Wobei ich vermutlich nicht gerade mit Angeboten überschütt­et werden dürfte, wenn man wie ich so lange eine Serienfigu­r gespielt hat.

Hat Ihnen das andere Rollen in der Vergangenh­eit vermasselt?

Luger: Schwer zu sagen, aber bei uns in Deutschlan­d ist es schon so, dass man mit einer bestimmten Rolle auch in einer bestimmten Schublade steckt. Klar, es wäre sowieso nicht gegangen, neben der „Lindenstra­ße“auch eine andere Serienfigu­r zu spielen. In den frühen 90ern habe ich zwar noch einige Episodenfi­guren in anderen Produktion­en gespielt, sogar eine größere Rolle in einem „Tatort“mit Manfred Krug. Aber solche Angebote blieben später aus.

Wird es ein spektakulä­rer Tod, den Hans Beimer erleidet?

Luger: Darf ich leider nicht sagen, nur so viel: Wir haben eine außergewöh­nliche Folge gemacht.

Gab es viele Reaktionen von „Lindenstra­ße“-Fans, nachdem der Tod von Hans Beimer angekündig­t worden ist? Luger: Unglaublic­h viele. Ich war total überrascht und gerührt, dass so viele Zuschauer traurig darüber sind, dass meine Figur sterben wird.

Was hat der Erfinder und langjährig­e Produzent der Serie, der Augsburger Hans W. Geißendörf­er, dazu gesagt? Luger: Hans und seine Tochter Hana, die ja jetzt die Produktion weiterführ­t, haben es sehr bedauert, dass ich aufhöre. Anderersei­ts hat mir Hans W. Geißendörf­er auch Respekt gezollt für den Mut, nach so vielen Jahren meine Rolle an den Nagel zu hängen. Er hatte Verständni­s dafür, dass man auch im fortge-

Alter noch mal was Neues wagt – in dieser Beziehung ticken wir ähnlich.

Gehört viel Mut zu der Entscheidu­ng? Luger: In gewisser Weise schon. Denn das, was jetzt kommt, ist ja auch ein völlig unbekannte­s Terrain

für mich. Wer weiß, vielleicht passiert künftig ja gar nichts und ich sitze dann rum und ärgere mich, dass die Rolle weg ist – das kann auch sein. Aber ich fühle mich eigentlich noch ganz fit und traue mir noch so einiges zu. Deshalb bin ich überzeugt, dass ich mich nicht langweisch­rittenen len werde. Außerdem habe ich für dieses und das kommende Jahr schon Engagement­s an fünf verschiede­nen Theatern.

Wie hat Marie-Luise Marjan, die die Mutter Beimer spielt, auf Ihren Ausstieg reagiert? Luger: Sie war sehr überrascht und Irene Fischer war auch sehr traurig. Immerhin waren die von Irene Fischer gespielte Anna Ziegler und Hans Beimer fast 30 Jahre ein Paar in guten und häufig auch in schlechten Zeiten. Der Abschied fiel uns beiden nicht leicht.

Sind einige der „Lindenstra­ße“-Kollegen im Laufe der Jahre echte Freunde geworden?

Luger: Freundscha­ften sind in unserem Beruf eher selten. Wir arbeiten sehr eng zusammen, sind sehr vertraut miteinande­r, besonders wir, die wir von Anfang an dabei waren. Das erzeugt doch eine große Nähe. Wir wissen viel voneinande­r, auch Privates. Wir teilen unsere Sorgen und Nöte, aber auch unsere Freuden.

Luger: Aber nach der Arbeit gehen wir auseinande­r und jeder lebt sein eigenes Leben. An meinem letzten Drehtag hat mir Hans W. Geißendörf­er eine sehr berührende Rede gehalten und ich habe nicht minder gerührt reagiert. Marie-Luise Marjan umarmte mich heftig und Irene Fischer hat mir ein wunderbare­s Abschiedsg­eschenk gemacht. Sie hat ja über viele Jahre Drehbücher für die „Lindenstra­ße“geschriebe­n und irgendwann habe ich zu ihr gesagt: „Schreib doch mal ein Theaterstü­ck.“Das hat sie dann tatsächlic­h gemacht und mir zum Abschied persönlich

„Marie Luise Marjan war sehr überrascht und Irene Fischer war sehr traurig.“Über die Reaktionen seiner Kolleginne­n

gewidmet. Das hat mich dann doch ein paar Tränen der Rührung gekostet.

Wird das Stück irgendwann auch aufgeführt?

Luger: Das hoffe ich doch. Es ist ein sehr scharfzüng­iges und witziges Stück und Irene hat auch eine Rolle für mich reingeschr­ieben.

Und wie geht es mit der „Lindenstra­ße“ohne Hans Beimer weiter?

Luger: Sehr gut, hoffe ich, und möglichst noch viele Jahre.

Werden Sie denn ab und zu noch am Set der „Lindenstra­ße“in Köln auftauchen?

Luger: Nee, eher nicht. Wenn man raus ist, ist man raus – und das ist dann auch gut so.

 ?? Fotos: WDR/Henning Kaiser, dpa ?? Früher: Die „Lindenstra­ße“Familie Beimer mit Helga (Marie Luise Marjan) und ihrem ersten Mann Hans (Joachim H. Luger) samt den Kindern Marion, Benny und Klausi (von links).
Fotos: WDR/Henning Kaiser, dpa Früher: Die „Lindenstra­ße“Familie Beimer mit Helga (Marie Luise Marjan) und ihrem ersten Mann Hans (Joachim H. Luger) samt den Kindern Marion, Benny und Klausi (von links).

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