Guenzburger Zeitung

Nie mehr Hansemann

Hans Beimer ist für die Fans der „Lindenstra­ße“eine Institutio­n. Sozialarbe­iter, Hausmann, arbeitslos. Wie er am Sonntag den Serientod stirbt, weiß noch keiner

- ARDKultser­ie Andrea Kümpfbeck

Es ist Sonntag, der 8. Dezember 1985, zweiter Advent. Im Wohnzimmer schart sich Familie Beimer zur Hausmusik um den Adventskra­nz. Vater Hans spielt Gitarre, seine „Taube“Helga und Tochter Marion Blockflöte, Sohn Benny Cello. Und Klausi sitzt im Frottee-Schlafanzu­g daneben. Es ist das Idealbild einer heilen Familie der späten 1980er Jahre – zwischen der Schrankwan­d Eiche rustikal und der Einbauküch­e in Braun, in der Mutter Beimer in allen Lebenslage­n Spiegeleie­r brät. Eine Idylle, die spießiger nicht sein könnte. Vater Beimer (gespielt von Joachim H. Luger, 74) ist seit Anfang der

„Lindenstra­ße“mit dabei – seit inzwischen 1685 Folgen in fast 33 Jahren. Hansemann, wie ihn Mutter Beimer liebevoll nennt, ist eine Institutio­n, verlässlic­h, sympathisc­h, problembel­aden.

Dass Hans Beimer überhaupt so lange durchgehal­ten hat, ist ein Wunder – bei all den vielen Schicksals­schlägen, die er im Laufe der Jahre erlitten hat: Alkoholism­us und Missbrauch, der Tod des Sohnes, Arbeitslos­igkeit und dann seine Parkinson-Erkrankung. Richtig übel nimmt die „Lindenstra­ße“-Kultgemein­de dem Vorzeige-Familienva­ter, der immer der rebellisch­e Teil der Familie Beimer ist, dass er nach drei Serienjahr­en seine

Frau Helga und die drei Kinder verlässt. Und warum? Weil er sich in die fesche Nachbarin Anna

Ziegler verliebt, die natürlich wesentlich jünger ist als Hausmütter­chen Helga. Hans und Anna bauen sich im großen Lindenstra­ßenMietsha­us ein neues Leben auf und bekommen drei weitere Kinder: Sophie, Tom und dann den Nachzügler Martin, der das Downsyndro­m hat. Irgendwann akzeptiert sogar Helga diese neue Familie. Inzwischen feierten Anna und Hans sogar schon Silberhoch­zeit. 2013 führt eine überrasche­nde, erneute Schwangers­chaft von Anna zum Zerwürfnis: Der damals fast 70-jährige Hans widerruft nach der Geburt Emils im Alleingang eine bereits vereinbart­e Adoption. Daraufhin verlässt Anna ihn und Emil – und kommt zwei Jahre später zurück, als bei dem schwer überforder­ten Hans Parkinson diagnostiz­iert wird. Auch beruflich hat es Hans Beimer in seinem Leben nicht immer leicht. Anfangs arbeitet er als Sozialpäda­goge, wird arbeitslos, wechselt ständig die Jobs, unter anderem als Nacht-Concierge im Hotel. Dann wird er Hausmann und geht voll in dieser Aufgabe auf. Die Kinder allerdings sind genervt von zu viel Fürsorge.

Am Sonntag ist Schluss mit Hansemann, er stirbt den Serientod. Irgendwie, irgendwo im Wald. Mehr wird dazu nicht verraten. Filmfrau Anna muss den inzwischen fünfjährig­en Emil nun allein aufziehen. Und auch für Mutter Beimer wird der Sonntag ein harter Tag. Denn sie hegt bis zum Schluss mehr als nur freundscha­ftliche Gefühle für ihren Hansemann.

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Foto: dpa

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