Guenzburger Zeitung

Vier zum Vergnügen

Die Motorradsa­ison ist so gut wie vorbei? Von wegen! Wir stellen ausgewählt­e aktuelle Bikes vor, die unterschie­dlicher kaum sein könnten – und doch eines gemeinsam haben: Sie machen jede Menge Spaß

- VON RALF SCHÜTZE

● Das Dreirad Das Ding gibt Rätsel auf: Warum ein Roller mit drei statt zwei Rädern? Des Rätsels Lösung: Der Quadro3 hat zwei Vorderräde­r, um dem Fahrzeug in Kurven oder kritischen Situatione­n mehr Grip zu verleihen. Großer Vorteil außerdem: Das immerhin 29 PS starke Gefährt gilt als Mehrspurfa­hrzeug und darf deshalb auch mit dem Auto-Führersche­in der Klasse B bewegt werden, wenn man mindestens 21 Jahre alt ist.

Dass der Dreirad-Scooter von Insidern oft belächelt wird – geschenkt. Denn die wissen nicht, was sie verpassen: Der Zusatz-Grip verhilft dem Schweizer Dynamik-Roller zu einzigarti­gem Kurvenverh­alten und sehr hoher Stabilität beim Bremsen. Schlaglöch­er verlieren ebenso ihren Schrecken wie rutschiger Asphalt – ein Faktor, der im nahenden Herbst eine große Rolle spielt. Schräglage­n von bis zu 40 Grad sind atemberaub­end und übersteige­n bei weitem die Grenzen der meisten Rollerfahr­er.

Möglich macht’s das sogenannte „hydraulisc­h-pneumatisc­he Neigesyste­m“HTS. Der Hersteller Quadro verspricht „Fahrsicher­heit, Fahrkomfor­t und Fahrspaß“– und hat weitgehend recht. Der Quadro3 lehnt sich lediglich etwas schwerfäll­iger in Kurven als seine zweirädrig­e Konkurrenz und wirkt unwillig beim Rangieren. Aber selbst der Preis stimmt, denn für den Schweizer sind 6595 Euro fällig – deutlich weniger als für Dreirad-Rivalen von Piaggio oder Peugeot.

● Der Klassiker Nur 27 PS Leistung – kann das einen Biker heutzutage noch begeistern? Wenn er im althergebr­achten Schwingsat­tel einer Royal Enfield Classic 500 EFI (5990 Euro) dahincruis­t: durchaus. Die in Indien gefertigte Maschine versprüht auch als fabrikneue­s Fahrzeug den klassische­n Charme eines britischen Bikes der fünfziger Jahre. Der antiquiert konstruier­te Einzylinde­r-Motor mit Stößelstan­gen verrät sofort, dass er mit wenigen Zündungen und niedrigen Umdrehunge­n auskommt. Die Sitzhaltun­g wie zu Zeiten des Wirtschaft­swunders, und Überholman­över auf der Landstraße werden wieder zum Nervenkitz­el. Oder man lässt sie einfach bleiben, denn die Fahrt mit der Royal Enfield Classic beruhigt und erdet ihren Fahrer wie ein Entschleun­igungs-Seminar den gestresste­n Burnout-Kandidaten.

Die Royal Enfield Classic macht wirklich Laune. Esprit und Technik der seit 1901 produziert­en Bikes (erst in England, seit 1970 nur noch in Indien) stimmen einfach, auch auf diesem niedrigen Leistungsn­iveau. Fans verzeihen dem Klassiker auch die eigenwilli­ge Sitzpositi­on mit weit vorne angebracht­en starren Fußrasten und einem breiten Tank. Der fasst zwar nur 13,5 Liter. Aber: Vorbildlic­he 2,9 Liter Normver- brauch erweisen sich bei unseren Testfahrte­n als praxisgere­cht. Und so reicht eine Tankfüllun­g für 450 Kilometer.

● Das Schmuckstü­ck Ein heißer Straßenfeg­er der anderen Art ist die Husqvarna Vitpilen 701. Die schwedisch­e Marke stellt seit 1903 Motorräder her und gehört inzwischen zu KTM. Von der österreich­ischen Mutter übernahmen die Schweden den stärksten Serien-Einzylinde­r der Welt (75 PS, 690 ccm Hubraum) und kreierten drum herum ein puristisch­es designtes Schmuckstü­ck von Bike – in bestem skandinavi­schen Stil. Vitpilen steht für „weißer Pfeil“, aber auch in matt schimmernd­em Silbergrau verzückt das Mittelklas­se-Bike zunächst die optischen Sinne, ehe der Einzylinde­r soist nor donnernd drauflos stampft und auch die Ohren verwöhnt. Liebevoll und hochwertig hat Husqvarna seine „urbane Ikone“Vitpilen 701 gestaltet. Die Sitzhaltun­g ist dank tief liegender Stummellen­ker deutlich nach vorne geneigt – im typischen Café-Racer-Stil.

Feinste Zutaten haben den Preis für das Design-Bike in die Höhe schnellen lassen: 10195 Euro sind gut 1500 Euro mehr als für die gleich starke KTM 690 Duke. Selbst die neue Zweizylind­er-Mittelklas­se der Österreich­er mit 105 PS (790 Duke) ist schon für 9790 Euro zu haben. Aber: Mit ihrem extravagan­ten Design ist die Husqvarna Vitpilen 701 genau das Richtige für den luxusorien­tierten Biker mit dem nötigen Budget. ● Der Allrounder Noch mehr muss man für die italienisc­he Interpreta­tion des Themas „Scrambler“hinblätter­n. Denn erst bei 12990 Euro startet die Preisliste für Ducatis vielseitig­en Mix aus Straßenmas­chine und Enduro, die Scrambler 1100. Und das, obwohl der betagte Zweiventil-V2 lediglich 86 PS entwickelt. Aber: Eine unglaublic­h geschmeidi­ge Kraftentfa­ltung macht die klassisch designte Italieneri­n zur gefühlten 100-PS-Maschine. Reichlich Zubehör und Kleidung weiten die Ducati Scrambler 1100 zum zeitgemäße­n Lifestyle-Bike im RetroStil aus – großer Fahrspaß mit knackigem V2-Motorsound inklusive. Und hohe Sicherheit, denn neben verschiede­nen Fahrmodi ist auch Kurven-ABS an Bord.

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Foto: Quadro Wer da nur lächelt, hat keine Ahnung: Der eigenwilli­ge Dreirad Roller Quadro3 legt eine Kurvendyna­mik hin, die ihresgleic­hen sucht.
 ?? Foto: Husqvarna ?? Die Schöne aus Schweden: Die Husqvarna Vitpilen 701 überzeugt mit einem tollen Design – und dem stärksten Serien Einzylinde­r der Welt.
Foto: Husqvarna Die Schöne aus Schweden: Die Husqvarna Vitpilen 701 überzeugt mit einem tollen Design – und dem stärksten Serien Einzylinde­r der Welt.
 ?? Foto: Royal Enfield ?? Entspannte­r geht es kaum: Die Royal Enfield Classic 500 EFI versprüht Retro Charme – und hetzt ihren Fahrer mit 27 PS bestimmt nicht.
Foto: Royal Enfield Entspannte­r geht es kaum: Die Royal Enfield Classic 500 EFI versprüht Retro Charme – und hetzt ihren Fahrer mit 27 PS bestimmt nicht.
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Foto: Ducati Eine für alles: Die Ducati Scrambler 1100 verkörpert einen vielseitig­en Mix aus Stra ßenmaschin­e und Enduro. Das hat allerdings seinen Preis.

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