Das „Guschdale“und andere Raritäten
In Haldenwang haben sich am Sonntag Liebhaber alter Fahrzeuge getroffen. Warum solche Ausstellungen immer beliebter werden – und was die Fans fasziniert
Oldtimertreffen werden in der Region immer beliebter. Fans der alten Fahrzeuge erzählen, was sie antreibt.
Haldenwang Das Weinfest im Freyberger Hof gibt es seit knapp 35 Jahren. Veranstaltet wird es vom Musikverein Haldenwang-Hafenhofen. Am Sonntag gab es dort erstmals ein Oldtimertreffen, zu dem trotz des schlechten Wetters zahlreiche Besucher und mehr als 50 Besitzer alter Raritäten kamen.
Einer von ihnen ist Günther Richter aus Konzenberg, Besitzer eines dunkelgrünen Opel Kadetts, Baujahr 1937, einer der ersten Kadetts überhaupt. Das Fahrzeug stammt nicht nur aus der Zeit vor dem Krieg, es ist sogar zehn Jahre älter als sein Halter – Richter ist nämlich erst 70. Auf der Motorhaube befindet sich ein Schriftzug: „Mei Guschdale“– so habe die Vorbesitzerin, eine ältere Dame, das kleine Auto nämlich genannt, erzählt Richter. Für ihn ist es natürlich auch weiterhin das „Guschdale“. Vor ungefähr 40 Jahren habe er das Auto in einer Hütte in Jettingen, zugestellt unter Kartons, gefunden – ein klassischer Scheunenfund also. Günther Richter kaufte den kleinen Opel, richtete ihn her und schenkte ihn seiner Frau Gerlinde zum Hochzeitstag. Die sei ganz begeistert gewesen. „Das ist ein super Auto und ich würde es nie verkaufen“, sagt Günther Richter. „Der ist so schön gemütlich zu fahren – und ich brauch’ keinen Sicherheitsgurt“, fügt er schmunzelnd hinzu.
Mit seinem Kadett fährt er regelmäßig aus: zu „Sonntagsfahrten“oder zu Oldtimertreffen, aber auch zu einer Fahrzeugsegnung, beispielsweise nach Maria Vesperbild. Von den Treffen hat Günther Richter übrigens eine ganze Reihe an Pokalen und Plaketten mit nach Hause gebracht. Zumeist sei der kleine Opel dabei das älteste Fahrzeug gewesen. Seine Frau Gerlinde ist stets mit dabei. „Ein neues Auto, das kann ein jeder fahren, aber ein altes nicht“, sagt sie lachend.
Ganz so schnell sei das „Guschdale“allerdings nicht. Oft ziehe es eine lange Schlange hinterher. „Wenn die Leute dann überholen, dann winken sie und lachen darüber, was da vor ihnen hergefahren ist“, erzählt sie weiter. „Die Langsamkeit erleben“, nennen es die Richters. Hinzu komme: In den bequemen Sitzen, sitze man wie im Wohnzimmer. In der Garage steht noch ein VW Golf GTI Cabrio, Baujahr 1985, und mit 165 PS. Mit einem Alter von über 30 Jahren gilt er ebenfalls als Oldtimer. Er gehört Sohn Jürgen. Auch ihm geht es nicht um Ge-
schwindigkeit. Es sei das Fahren, das Genießen und einfach etwas Besonderes zu haben, was einen an früher erinnere. „Mit 18 hat jeder unbedingt einen GTI oder einen 3er BMW haben wollen“, sagt Jürgen Richter. Der GTI gefalle ihm einfach. Vor 17 Jahren sei er in Rechbergreuthen auf das Auto gestoßen. Wegen des Motorschadens habe auch der Preis gepasst.
Emil Vietz, 74, ebenfalls aus Konzenberg, ist mit einem ganz anderen Oldtimer gekommen: mit einem Bulldog, und zwar einem Fendt Dieselross, Baujahr 1954 und 24 PS. Wobei die Bezeichnung „Bulldog“ja eigentlich nicht ganz richtig ist, nachdem der Name vom „Lanz Bulldog“abgeleitet ist und sich bei uns so eingebürgert hat. Schuld an seinem Bulldog sei seine Frau Hermine. Vor 14 Jahren habe sie ihm den Fendt zum 60. Geburtstag geschenkt. „Ein Oldie braucht selber einen Oldie“, meint Hermine Vietz, nachdem ihr Mann bei einem Bekannten immer nur mitgefahren sei.
Emil Vietz fügt lachend hinzu: „Das Altertümliche soll erhalten bleiben. Ich setz’ mich drauf, und er läuft.“Das Schöne dabei sei das gleichmäßige „Tack, tack, tack“des Motors. Zu Treffen gehe er ebenfalls regelmäßig und auch seine Frau Hermine fahre gelegentlich mit. Der Reiz sei die Gemeinschaft unter den Gleichgesinnten. Und wenn es darum gehe, einmal schnell eine Runde zu drehen sei immer wieder auch seine achtjährige Enkelin Alisa mit dabei.
Rudi und Doris Egger aus Haldenwang sind mit einem Allgaier, Baujahr 1951 gekommen – ein Traktor, der eine ganz besondere Geschichte hat. Gefunden hat ihn Rudi Egger in Kemnat. Er habe ihn unbedingt haben wollen, weil es derselbe sei, wie sein Vater ihn besessen hatte. Erst später stellte sich heraus, dass es tatsächlich der gleiche, war: Sein Vater hatte diesen bei der Baywa erworben und später wieder zurückgegeben, als er einen anderen kaufte. Rudi Egger verbindet mit dem Bulldog Erinnerungen:
Mit sechs Jahren sei er schon selbst mit ihm gefahren, während sein Vater nebenher die Arbeit verrichtet habe. Und mit sieben habe er seine erste Gerichtsverhandlung gehabt, weil er ja keinen Führerschein hatte, fügt er schmunzelnd hinzu. „Wenn unsere Großeltern nicht auf diese Weise und so gearbeitet hätten, wären wir heute nicht so weit“, bemerkt Doris Egger. Das dürfe man nicht vergessen. Aber es seien inzwischen vermehrt auch Jüngere, die sich heute mit alten Fahrzeugen beschäftigen. Aus diesem Grund, war es auch das Jugendblasorchester des Musikvereins, das nebenan das Treffen musikalisch umrahmte.
In einem, da sind sich die Besitzer eines Oldtimers einig: Man braucht Platz und Zeit – und Geld, gerade dann, wenn es um Ersatzteile geht. Und ein bisschen was von Technik sollte man davon auch verstehen – oder jemanden haben, um sich auszutauschen. Zum Beispiel bei einem der immer häufiger werdenden Oldtimertreffen.