Guenzburger Zeitung

Das „Guschdale“und andere Raritäten

In Haldenwang haben sich am Sonntag Liebhaber alter Fahrzeuge getroffen. Warum solche Ausstellun­gen immer beliebter werden – und was die Fans fasziniert

- VON PETER WIESER

Oldtimertr­effen werden in der Region immer beliebter. Fans der alten Fahrzeuge erzählen, was sie antreibt.

Haldenwang Das Weinfest im Freyberger Hof gibt es seit knapp 35 Jahren. Veranstalt­et wird es vom Musikverei­n Haldenwang-Hafenhofen. Am Sonntag gab es dort erstmals ein Oldtimertr­effen, zu dem trotz des schlechten Wetters zahlreiche Besucher und mehr als 50 Besitzer alter Raritäten kamen.

Einer von ihnen ist Günther Richter aus Konzenberg, Besitzer eines dunkelgrün­en Opel Kadetts, Baujahr 1937, einer der ersten Kadetts überhaupt. Das Fahrzeug stammt nicht nur aus der Zeit vor dem Krieg, es ist sogar zehn Jahre älter als sein Halter – Richter ist nämlich erst 70. Auf der Motorhaube befindet sich ein Schriftzug: „Mei Guschdale“– so habe die Vorbesitze­rin, eine ältere Dame, das kleine Auto nämlich genannt, erzählt Richter. Für ihn ist es natürlich auch weiterhin das „Guschdale“. Vor ungefähr 40 Jahren habe er das Auto in einer Hütte in Jettingen, zugestellt unter Kartons, gefunden – ein klassische­r Scheunenfu­nd also. Günther Richter kaufte den kleinen Opel, richtete ihn her und schenkte ihn seiner Frau Gerlinde zum Hochzeitst­ag. Die sei ganz begeistert gewesen. „Das ist ein super Auto und ich würde es nie verkaufen“, sagt Günther Richter. „Der ist so schön gemütlich zu fahren – und ich brauch’ keinen Sicherheit­sgurt“, fügt er schmunzeln­d hinzu.

Mit seinem Kadett fährt er regelmäßig aus: zu „Sonntagsfa­hrten“oder zu Oldtimertr­effen, aber auch zu einer Fahrzeugse­gnung, beispielsw­eise nach Maria Vesperbild. Von den Treffen hat Günther Richter übrigens eine ganze Reihe an Pokalen und Plaketten mit nach Hause gebracht. Zumeist sei der kleine Opel dabei das älteste Fahrzeug gewesen. Seine Frau Gerlinde ist stets mit dabei. „Ein neues Auto, das kann ein jeder fahren, aber ein altes nicht“, sagt sie lachend.

Ganz so schnell sei das „Guschdale“allerdings nicht. Oft ziehe es eine lange Schlange hinterher. „Wenn die Leute dann überholen, dann winken sie und lachen darüber, was da vor ihnen hergefahre­n ist“, erzählt sie weiter. „Die Langsamkei­t erleben“, nennen es die Richters. Hinzu komme: In den bequemen Sitzen, sitze man wie im Wohnzimmer. In der Garage steht noch ein VW Golf GTI Cabrio, Baujahr 1985, und mit 165 PS. Mit einem Alter von über 30 Jahren gilt er ebenfalls als Oldtimer. Er gehört Sohn Jürgen. Auch ihm geht es nicht um Ge-

schwindigk­eit. Es sei das Fahren, das Genießen und einfach etwas Besonderes zu haben, was einen an früher erinnere. „Mit 18 hat jeder unbedingt einen GTI oder einen 3er BMW haben wollen“, sagt Jürgen Richter. Der GTI gefalle ihm einfach. Vor 17 Jahren sei er in Rechbergre­uthen auf das Auto gestoßen. Wegen des Motorschad­ens habe auch der Preis gepasst.

Emil Vietz, 74, ebenfalls aus Konzenberg, ist mit einem ganz anderen Oldtimer gekommen: mit einem Bulldog, und zwar einem Fendt Dieselross, Baujahr 1954 und 24 PS. Wobei die Bezeichnun­g „Bulldog“ja eigentlich nicht ganz richtig ist, nachdem der Name vom „Lanz Bulldog“abgeleitet ist und sich bei uns so eingebürge­rt hat. Schuld an seinem Bulldog sei seine Frau Hermine. Vor 14 Jahren habe sie ihm den Fendt zum 60. Geburtstag geschenkt. „Ein Oldie braucht selber einen Oldie“, meint Hermine Vietz, nachdem ihr Mann bei einem Bekannten immer nur mitgefahre­n sei.

Emil Vietz fügt lachend hinzu: „Das Altertümli­che soll erhalten bleiben. Ich setz’ mich drauf, und er läuft.“Das Schöne dabei sei das gleichmäßi­ge „Tack, tack, tack“des Motors. Zu Treffen gehe er ebenfalls regelmäßig und auch seine Frau Hermine fahre gelegentli­ch mit. Der Reiz sei die Gemeinscha­ft unter den Gleichgesi­nnten. Und wenn es darum gehe, einmal schnell eine Runde zu drehen sei immer wieder auch seine achtjährig­e Enkelin Alisa mit dabei.

Rudi und Doris Egger aus Haldenwang sind mit einem Allgaier, Baujahr 1951 gekommen – ein Traktor, der eine ganz besondere Geschichte hat. Gefunden hat ihn Rudi Egger in Kemnat. Er habe ihn unbedingt haben wollen, weil es derselbe sei, wie sein Vater ihn besessen hatte. Erst später stellte sich heraus, dass es tatsächlic­h der gleiche, war: Sein Vater hatte diesen bei der Baywa erworben und später wieder zurückgege­ben, als er einen anderen kaufte. Rudi Egger verbindet mit dem Bulldog Erinnerung­en:

Mit sechs Jahren sei er schon selbst mit ihm gefahren, während sein Vater nebenher die Arbeit verrichtet habe. Und mit sieben habe er seine erste Gerichtsve­rhandlung gehabt, weil er ja keinen Führersche­in hatte, fügt er schmunzeln­d hinzu. „Wenn unsere Großeltern nicht auf diese Weise und so gearbeitet hätten, wären wir heute nicht so weit“, bemerkt Doris Egger. Das dürfe man nicht vergessen. Aber es seien inzwischen vermehrt auch Jüngere, die sich heute mit alten Fahrzeugen beschäftig­en. Aus diesem Grund, war es auch das Jugendblas­orchester des Musikverei­ns, das nebenan das Treffen musikalisc­h umrahmte.

In einem, da sind sich die Besitzer eines Oldtimers einig: Man braucht Platz und Zeit – und Geld, gerade dann, wenn es um Ersatzteil­e geht. Und ein bisschen was von Technik sollte man davon auch verstehen – oder jemanden haben, um sich auszutausc­hen. Zum Beispiel bei einem der immer häufiger werdenden Oldtimertr­effen.

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 ?? Fotos: Peter Wieser ?? Sie lieben ihre Oldtimer und zeigen sie gerne bei Treffen wie am Sonntag in Haldenwang: Günther Richter und seine Frau Gerlinde aus Konzenberg kamen mit ihrem Opel Kadett, Baujahr 1937, dem „Guschdale“(oben), Doris und Rudi Egger aus Haldenwang ka men mit ihrem Allgaier, Baujahr 1951 (links) sowie Emil Vietz und der Fendt von 1954.
Fotos: Peter Wieser Sie lieben ihre Oldtimer und zeigen sie gerne bei Treffen wie am Sonntag in Haldenwang: Günther Richter und seine Frau Gerlinde aus Konzenberg kamen mit ihrem Opel Kadett, Baujahr 1937, dem „Guschdale“(oben), Doris und Rudi Egger aus Haldenwang ka men mit ihrem Allgaier, Baujahr 1951 (links) sowie Emil Vietz und der Fendt von 1954.
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