Guenzburger Zeitung

Null Toleranz gegen Rechts

Mit Blick auf Chemnitz fordert Spitzenkan­didatin Katharina Schulze mehr Zivilcoura­ge

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Abensberg Statt eines klassische­n Bierzelts haben die Grünen beim Gillamoos traditione­ll das Weinzelt belegt: Eine etwas verwinkelt­e, rustikale Holzhütte, die ringsum mit leuchtend grünen Hopfenzwei­gen dekoriert ist. Im Gegensatz zu einem Bierzelt hat diese Hütte noch ein zweites Stockwerk. Zum ersten Mal werden die Reden dieses Jahr per Videoleinw­and auch nach oben übertragen, sodass wirklich alle der rund 650 Besucher im Zelt etwas mitbekomme­n. Die Partei will offensicht­lich stärker von allen wahrgenomm­en werden.

Während es bei den beiden Spitzenkan­didaten der Grünen, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, vor allem um Inhalte geht, teilt Cem Özdemir, ehemaliger Bundesvors­itzender der Partei, auch ordentlich gegen die CSU aus. Das Kürzel stehe schon lange nicht mehr für die Christlich-Soziale Union. Özdemir übersetzt es mit „Chaoten sind unterwegs“. Über Markus Söder sagt er, er sehe sich wohl selbst so ein bisschen als Sonnenköni­g. „Vielleicht feiert er auch das ganze Jahr Fasnacht in Franken.“Das würde sein Verhalten möglicherw­eise erklären, sagt Özdemir in seiner mit Leidenscha­ft vorgetrage­nen Rede, an deren Ende er ordentlich durchgesch­witzt auf dem von Kameras umzingelte­n Rednerpode­st steht. Horst Seehofer wiederum ist nach Einschätzu­ng von Özdemir ein Innenminis­ter, auf den man gerne verzichtet hätte. Und Dobrindt sei wohl der einzige Minister, der ganze vier Jahre Arbeitsver­weigerung betrieben habe.

Der Gegner sei dennoch nicht die CSU. Das macht Özdemir schon zu Beginn seiner Rede klar. Der sitze nicht bei den anderen demokratis­chen Parteien. „Der Gegner ist die AfD!“Dafür gibt es ordentlich Applaus von den Gillamoos-Besuchern. Auch die aktuellen Vorkommnis­se in Chemnitz greift Özdemir auf. Er selbst sei am Samstag dort gewesen. Was dort vorgefalle­n ist, müsse einem nahegehen. Der AfD aber wirft er vor, die Tat für ihre Zwecke zu missbrauch­en. Auch wenn sie sich zu sogenannte­n Trauermärs­chen treffen: „Denen geht es um alles, aber nicht um Trauer.“Künftig dürfe es null Toleranz für Rechtsradi­kale geben.

Özdemirs Vorredneri­n Katharina Schulze kritisiert­e auch Seehofer für seinen Umgang mit Chemnitz, weil er sich erst sehr spät zu den Vorkommnis­sen in Chemnitz geäußert hatte. Gleichzeit­ig forderte sie aber alle auf, Haltung zu bewahren, den Mund aufzumache­n und aufzustehe­n, wenn andere schweigen.

Obwohl es viel um Solidaritä­t gegen Rechts ging, haben die Grünen nicht vergessen, dass sie sich auch für die Umwelt einsetzen wollen. Ludwig Hartmann, Mitinitiat­or des Volksbegeh­rens gegen Flächenfra­ß, das kürzlich vom Verfassung­sgerichtsh­of abgelehnt wurde, aber viel Unterstütz­ung bekommen hatte, will sich beispielsw­eise weiter für das Thema starkmache­n. Er warnt: „Die CSU ist gerade dabei, das Land in ein Gewerbegeb­iet mit Autobahnan­schluss zu verwandeln.“

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Foto: Getty Katharina Schulze: Mund aufmachen, wenn andere schweigen.

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