Künstliche Intelligenz im Bus
Was der Krumbacher Unternehmer Josef Brandner über die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im Landkreis Günzburg denkt
Krumbach Was ist das für ein Spagat. Josef Brandner erzählt über seine Vorfahren, Schmiede und ihre Feuerstellen, wie sie früher fast in jedem Dorf anzutreffen waren. Und dann spricht er über Apps, mit denen Tickets gekauft und Fahrpläne gelesen werden, über Busse, die irgendwann vielleicht ohne Fahrer fahren. Und er spricht auch über das Erfolgsmodell Flexibus. 2009 in einigen Kommunen in Krumbach und Umgebung eingeführt, hat es die Mobilität auf dem Land geradezu revolutioniert. Nun wird der Flexibus auch im Unterallgäu zunehmend „Fahrt aufnehmen“. Doch das ist wohl erst der Anfang der digitalen Revolution im öffentlichen Nahverkehr. Busse ohne Fahrer, die zielsicher unterwegs sind – das ist auch auf dem Land längst keine entrückte Utopie mehr.
Das 19. Jahrhundert wäre dann sozusagen endgültig weit weg. 1854 hatte die Bayerische Maximiliansbahn die Strecke von Burgau nach Dinkelscherben in Betrieb genommen und Brandners Ururgroßvater holte mit Pferdefuhrwerken die Kohle für seine Schmiede in Jettingen ab. Was folgte, war die Nachfrage von Thannhauser Bürgern nach Mitfahrgelegenheiten. So entstand 1890 eine Lohnkutscherei mit zwölf Kutschen. Am 1. Oktober 1926 erfolgte dann mit der Transformation des Pferdefuhrwerks zum Verbrennungsmotor die Gründung des Linienbetriebs. Es ist auch dieser Blick in die Geschichte, der deutlich macht, vor welchem Umbruch der öffentliche Nahverkehr im 21. Jahrhundert steht. Josef Brandner, Geschäftsführer der BBS Reisen Brandner GmbH, sieht sein Unternehmen in einem massiven Wandel von Tradition und künftigen Standards im Busverkehr. Touristik, Mobilität, Linienverkehr, Schulbusverkehr, Bedarfsverkehr, Flexibus: Diese Stichworte umschreiben die umfangreichen Geschäftsfelder des Betriebes. Das Unternehmen beschäftigt etwa 400 Mitarbeiter und unterhält rund 200 Fahrzeuge.
Die Digitalisierung ist der Busbranche in Form von modernster Technik eingezogen. Man verfügt über automatische Bremsassisten- ten, Spurwechselassistenten und andere Sicherheitssysteme. Auch für den Fahrgast gibt es bereits viele neue digitale Nutzungsstrukturen. Fahrtickets werden an Automaten gekauft und über Fahrpläne informiert man sich per App. Hier werde es, so Brandner, in den nächsten Jahren eine Reihe weiterer interessanter Entwicklungen geben. Der Bedarf an öffentlicher Mobilität werde steigen. Die Busbranche werde durch die Digitalisierung vor große Herausforderungen gestellt. Um nicht von der digitalen Revolution überrollt zu werden, müsse man sie annehmen und nachhaltige Lösungen entwickeln, so Josef Brandner.
Welche Rolle spielt die Elektromobilität im Busbetrieb? Die Umsetzung erfordere eine ganzheitliche Betrachtung mit mittel- bzw. langfristigen Perspektiven. In der Elektromobilität als System müssten Lösungen in Sachen Energieversorgung, Ladeinfrastruktur, Fahrzeuge mit verlässlichen Serienlösungen sowie für Servicekonzepte für Batterie und Antrieb gefunden werden. Nach dem möglichen Durchbruch der Elektromobilität könnten dann gar autonome Fahrzeuge unterwegs sein. Science Fiction oder Realität? Laut Josef Brandner wird die ‚künstliche Intelligenz’ kommen und die Grundlage des autonomen Fahrens wird einhergehen mit der Bündelung beziehungsweise Koppelung von Elektroenergie, Digitalisierung und Mobilitätsplattformen.
Fakt ist, dass auf dem Weg dorthin Probleme zu lösen sind wie etwa das Anfahren an eine Haltestelle in Ausnahmesituationen wie zum Beispiel beim Gedränge kurz nach Schulschluss. Aber mit dem autonomen Fahren ließe sich ein wesentliches Problem in der Busbranche lösen – der Fahrermangel.
Warum der Fahrermangel? Die Gründe hierfür liegen darin, dass es in vielen Regionen keine Arbeitslosen mehr gibt, die sich auf offene Stellen bewerben. Führerscheinkosten von bis zu 10000 Euro schrecken ab. Busfahrer im Ausland anzuwerben sei schwierig – anders als bei Lastkraftfahrern. „Denn der Busfahrgast möchte informiert sein, und will fragen, wo die Haltestelle ist und wie viel der Fahrschein koste, das heißt, Busfahrer müssen Deutsch sprechen können“, betont der Unternehmer. Fakt sei: Wer heute zu lange auf bestehende Geschäftsmodelle setze und nicht schnell genug reagiere, werde bald nicht mehr im Geschäft sein. Sicher sei, dass sich bereits in einigen Jahren der öffentliche Verkehr enorm verändert haben werde.
In Sachen Veränderung und Innovation gilt Brandner in der Region als federführend. Dafür steht die Einführung des Flexibus vor rund zehn Jahren im Raum Krumbach. Ab Oktober wird der Flexibus auch im benachbarten Kreis Unterallgäu, im Bereich Kirchheim-Pfaffenhausen und später im Raum Mindelheim-Dirlewang-Kammlach Fahrt aufnehmen. Die Flexibilität im öffentlichen Nahverkehr wird in Zukunft ohne fixe Fahrpläne und Haltestellen auskommen, so lautet die These. Heute zahlt der Fahrgast noch im Bus. Sobald Josef Brandner die von ihm geplante App installiert hat, kann der Bus via Smartphone bestellt und über ein Zahlungssystem bargeldlos bezahlt werden. In der Zukunft bestimmt also der Fahrgast wann und wo er abgeholt wird und wohin er fahren möchte. Das ist ein weiterer Riesenschritt in eine neue digitale Welt des öffentlichen Nahverkehrs. Und das ist ganz schon weit weg von der Welt, in der Brandners Vorfahren gelebt haben.
Der Fahrermangel ist ein großes Problem