Guenzburger Zeitung

Auf den zweiten Blick wird der Zweck erkennbar

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Laubhütten­fest im September oder das wirre Lederknäue­l, das sich als Riemen der Tefillin-Kapseln zum täglichen Gebet entpuppt, offenbaren erst auf den zweiten Blick, vor allem dank des in der Vitrine liegenden Fotos, wie es im Moment der Benutzung ausgesehen hat, ihren religiösen Zweck. Wie der kleine Junge im Werk des jüdischen Schriftste­llers Berthold Auerbach (1812 bis 1882), den Madel-Böhringer zitiert, verstehen die Ausstellun­gsbesucher auf Anhieb, wo der perfekte Ort für das Aufbewahre­n von alten, zerlesenen Gebetbüche­rn ist. Sie kämen auf den Speicher genau über der Synagogend­ecke. Dorthin steige der Atem, der in der Synagoge Betenden auf, vereine sich mit dem Atem, den die Verstorben­en in ihre Gebetbüche­r gehaucht hatten, und steige zu- sammen hinauf zu Gott, so Auerbach. „Eine poetische Schilderun­g für das, was die Genisa uns offenbarte. Dort, wo alles was kreuchte und fleuchte Zugang hatte, für Mäuse die Buchseiten anfraßen und zusammen mit Vögeln ihre Exkremente hinterließ­en. Zusätzlich Regen, Sturm und Schnee für Feuchtigke­it und Schimmel sorgten und manche Handschrif­ten regelrecht mit dem Mörtel verbacken wurden.“

Die ehemalige Synagoge wurde im 2. Weltkrieg als Lager für die Wehrmacht benutzt. Seit 1953 gehört sie der Stadt, die sie bis 1985 als Feuerwehrh­aus nutzte. Die Schriften auf dem Dachboden blieben gut

 ?? Fotos: Sandra Kraus ?? Mäuse und Nässe nagten an diesem Gebetbuch. Für kurze Zeit ist es zusammen mit anderen Gegenständ­en der jüdischen Gemeinde Ichenhause­ns in einer Ausstellun­g zu sehen.
Fotos: Sandra Kraus Mäuse und Nässe nagten an diesem Gebetbuch. Für kurze Zeit ist es zusammen mit anderen Gegenständ­en der jüdischen Gemeinde Ichenhause­ns in einer Ausstellun­g zu sehen.

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