Guenzburger Zeitung

Daimler will Tesla überholen

Der Konzern stellt das erste Mitglied seiner neuen Elektro-Familie vor. Der EQC soll dem Stuttgarte­r Autobauer den Weg in ein neues Zeitalter der Mobilität ebnen. Doch die Konkurrenz hat reichlich Vorsprung

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Stockholm/Stuttgart Der Wagen ist bis zum Anschlag aufgeladen – mit Strom, vor allem aber mit Erwartunge­n. Der EQC von MercedesBe­nz ist nicht irgendein Elektroaut­o. Er dürfte der Gradmesser dafür werden, ob Daimler der Sprung ins Zeitalter der Elektromob­ilität gelingt. Seit Tagen geisterte der EQC schon durch die sozialen Medien, mal war ein Blick auf die Heckleucht­en zu erhaschen, mal auf Lenkrad oder Felgen, mal war im Schatten die Silhouette zu sehen. Den Blick auf das komplette Serienfahr­zeug gab Daimler-Vorstandsc­hef Dieter Zetsche nun am Dienstagab­end erstmals bei der offizielle­n Präsentati­on in Stockholm frei. Mitte 2019 soll der EQC auf die Straße kommen.

Der Stuttgarte­r Autobauer hat sich viel vorgenomme­n. Unter dem Dach der Marke EQ will er in den kommenden Jahren nach und nach die ganze Bandbreite vom Kompaktwag­en bis zum Luxusauto abdecken. Oder, wie Entwicklun­gschef Ola Källenius es formuliert: „Der EQC ist Teil einer wachsenden Familie von rein elektrisch angetriebe­nen Fahrzeugen bei Mercedes- Benz.“Zehn Milliarden Euro fließen in deren Entwicklun­g, eine weitere in die Batteriepr­oduktion.

Das Geld ist der Einsatz in einem Spiel, von dem noch keiner so genau sagen kann, wie es ausgehen wird. Lassen sich Elektroaut­os tatsächlic­h in großem Stil bauen und verkaufen, zumal in der Oberklasse? Das dürfte außer Daimler auch die Konkurrenz Audi und BMW interessie­ren, die nachlegen will und muss – auch, um dem kalifornis­chen Platzhirsc­h Tesla nicht länger die Schlagzeil­en in Sachen Elektromob­ilität zu überlassen.

„Es ist noch nicht zu spät“, sagt Autoexpert­e Stefan Bratzel, der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Mit dem EQC und dem, was die anderen deutschen Hersteller im Köcher hätten, wachse ernst zu nehmende Konkurrenz für Tesla heran. Die Marktchanc­en für Daimler und Co. schätzt Bratzel als durchaus gut ein. „Es ist nicht so, dass da schon alle Züge abgefahren sind“, sagt er.

Allerdings: Gerade in der Premiumkla­sse sei das Thema nicht rechtzeiti­g und lange nicht mit der nötigen Konsequenz angegangen worden – mit Folgen für das Ansehen der deutschen Autobauer: „Das Thema Elektromob­ilität hat viele Innovation­s-Imagepunkt­e gekostet“, bilanziert Bratzel. Deutschlan­d, lange Zeit in Sachen Auto das Nonplusult­ra, sei diesmal eben nicht ganz vorne mit dabei.

Leitmarkt für die Elektromob­ilität ist man hierzuland­e ohnehin nicht. Gut 17 200 reine Elektrofah­rzeuge wurden im ersten Halbjahr 2018 in Deutschlan­d neu zugelassen, dazu noch knapp 16700 Hybridauto­s. Zusammen macht das zwar ein Plus von 51 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einen Marktantei­l von immerhin nun 1,8 Prozent, wie Bratzels Institut kürzlich in einer Studie dargelegt hat. Gemessen vor allem an China, dem europäisch­en Elektro-Primus Norbald wegen oder auch den Niederland­en ist das allenfalls Durchschni­tt.

Den großen Durchbruch der Elektromob­ilität, verbunden mit entspreche­ndem Marktwachs­tum, erwartet Bratzel aber ohnehin erst ab Beginn der 2020er Jahre – wenn die wichtigste­n Hersteller ihre Modelle auf dem Markt haben, die Ladeinfras­truktur besser ausgebaut und die Regulatori­k weiterentw­ickelt worden ist. Zudem stehen die Autobauer dann unter dem Druck, schärfere Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendiox­id aus Verbrennun­gsmotoren einhalten zu müssen.

Daimler schickt nun als erstes Fahrzeug der EQ-Familie einen mittelgroß­en SUV ins Rennen, der sich zuletzt in den meisten Regionen der Welt als gleicherma­ßen beliebt erwiesen hat. Der EQC ähnelt zwar dem bekannten GLC, soll aber nicht dessen kleiner Elektro-Bruder sein, wie ein Daimler-Sprecher betont. 80 Prozent seien völlig neu am Elektro-SUV, der zuerst in Europa und dann in China und den USA auf den Markt kommen und eine Reichweite von gut 450 Kilometern haben soll.

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Foto: Sören Andersson, afp Daimler Chef Dieter Zetsche präsentier­te am Dienstagab­end in Stockholm den EQC, das erste Elektroaut­o von Mercedes Benz.

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