Guenzburger Zeitung

Die Musik ist ihr Leben

Die in Hafenhofen bei Familie Foag hergestell­ten Klarinette­n und Zubehörart­ikel werden in die ganze Welt verkauft. Was die Grazer Philharmon­iker und das Bayerische Polizeiorc­hester gemeinsam haben

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Hafenhofen Seit unsere Zeitung vor 15 Jahren zuletzt über den Betrieb des Klarinette­nbauers Martin Foag aus Hafenhofen berichtete, hat sich dort viel getan. Kamen seine Kunden damals noch aus ganz Europa, so ist deren Kreis jetzt noch internatio­naler geworden: Vereinigte Staaten, Australien oder China. Österreich und Deutschlan­d sind jedoch die Hauptabsat­zmärkte geblieben. Fertigte er damals noch unter der Garage, so tut er dies seit wenigen Monaten in einer neu gebauten Halle. Und das auch nicht alleine: Wegen der guten Auftragsla­ge hat der Betrieb inzwischen vier Leute.

Dazu zählt auch Sohn Markus. Der 19-Jährige kommt zwar in sein zweites Lehrjahr als Instrument­enbauer in Mittenwald, aber zu Hause

Der Sohn hilft mit, wann immer es geht

hilft er mit, wann immer es geht. Gerne möchte er die Firma einmal fortführen, schließlic­h ist er gewisserma­ßen in ihr groß geworden. Und seit seinem fünften Lebensjahr spielt er selbst Klarinette und war auf einem musischen Gymnasium.

Martin Foag, 48, und seine zwei Jahre jüngere Frau Sandra freuen sich darüber. Ihr anderer Sohn interessie­rt sich für den Journalism­us; wie er dieses Ziel verfolgt, begeistert sie ebenso. Doch ihnen ist es nicht nur wichtig, mit Markus die Zukunft des Betriebs wohl gesichert zu wissen. Um weiter Fachperson­al zu haben, bieten sie erstmals auch einen Ausbildung­splatz an. Interessen­ten kämen sogar aus dem Ausland, „doch uns wäre es lieber, wenn wir jemanden aus der Region hätten, der bleibt“. Bewerbunge­n dafür nehmen sie noch an.

Begonnen hatte alles 1996, als die Firma angemeldet wurde. Zuvor hatte Martin Foag sein Handwerk in Burgau erlernt und machte auch noch eine Lehre als Werkzeugma­cher. Im Keller seines Vaters fing er mit dem Instrument­enbau an, 1998 ging es im Keller seines nun gebauten eigenen Hauses weiter, und 2003 wurde angebaut.

Die neue Halle ist 200 Quadratmet­er groß. Die vielen Klarinette­nVarianten, die er fertigt, passen gar nicht auf die Visitenkar­te des Meisters, aber hauptsächl­ich werden Bassklarin­etten produziert. Weltweit einmalig seien seine Klarinette­n aus Metall, und im nächsten Jahr soll eine Kontrabass­klarinette hinzukomme­n. Zu seinem Beruf ist er eher zufällig gekommen, weil er selbst das Instrument spielt und weil sein Vater ihn fragte, ob er nicht selbst etwas daran machen wolle, anstatt es zur Reparatur in fremde Hände zu geben. Er wollte, schließlic­h interessie­rte er sich ohnehin für das Handwerk als Beruf.

Seine Kunden trifft er vor allem auf Messen, oder sie hören von ihm, wenn er von Musikern weiterempf­ohlen wird. Das Internet ist natürlich auch hilfreich, der persönlich­e Kontakt sei aber nicht zu ersetzen. „Musiker sind gut vernetzt“, sagt seine Frau. Und dass er mit seiner eigenen Formation, dem Klarinette­norchester Melanoxylo­n – das gleichnami­ge Holz wird zum Instrument­enbau verwendet – viel herumkommt, ist auch nicht von Nachteil. Einige seiner Kunden sind inzwischen sogar Mitglieder des Orchesters. Am Sonntag, 16. September, ist es übrigens ab 16 Uhr bei einem Benefizkon­zert bei freiem Eintritt im Kloster Wettenhaus­en zu hören.

Foag und seine Frau – er kommt aus Hafenhofen, sie aus Aislingen – sind aber auch oft bei Kunden, um sich die Instrument­e live anzuhören. Genutzt werden sie etwa vom Bayerische­n Staatsorch­ester, bald vom Bayerische­n Polizeiorc­hester, von den Grazer Philharmon­ikern oder dem Mainzer Staatsthea­ter. Meist gehen die Instrument­e aber an Musikschul­en. Gut 40 stellt er im Jahr her – alleine für eine Bassklarin­ette fallen bis zu 200 Arbeitsstu­nden an. Vorarbeite­n kann die CNC-Fräse erledigen, die im Betrieb nicht wegzudenke­n ist, aber 80 Prozent der Tätigkeite­n bleiben Handwerk im Wortsinne. Das Mittelprei­ssegment breche weg, weil in Asien günstiger produziert werden könne. Doch Hochpreisi­ges komme weiterhin aus Deutschlan­d. Und Österreich ist der Hauptmarkt, weil es dort nur relativ wenige Instrument­enbauer gebe. Problemati­sch sei, dass das benötigte Holz aus Afrika 2017 unter Schutz gestellt wurde. Es sei zwar weiter möglich, es zu verwenden, aber der Papierkram habe zugenommen. Zum Glück beziehe er die Rohware von einem deutschen Importeur.

Martin Foag stellt auch Sonderinst­rumente her, beispielsw­eise für Musiker, die durch einen Unfall Finger verloren haben. Für einen Saxofonist­en, der nur noch seinen rechten Arm hat, wurde sogar ein ganz spezielles Saxofon gefertigt.

Wichtig für die Firma sind auch Reparature­n und das Generalübe­rholen von Instrument­en, gerade wenn im Sommer die Orchester Pause machen. Sandra Foag hat übrigens ihr eigenes Unternehme­n, das aus dem Hauptbetri­eb entstanden ist: Claripad. Sie kümmert sich mit fünf Heimarbeit­erinnen um eine Massenprod­uktion: 100000 Polster für die Klappen von Klarinette­n, Fagotten und Saxofonen sind es im Jahr. Wie ihr Mann hat auch sie weltweit Kunden – in diesem Fall aber für Verschleiß­artikel. Für Sandra, Martin und Markus Foag ist die Musik eben ihr Leben, auch wenn die 46-Jährige weder ein Instrument spielt noch im Chor ist: „Es muss ja auch Zuhörer geben.“

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Fotos: Kirstges Martin, Markus und Sandra Foag arbeiten jeden Tag gerne für die Firma. Das Holz als Rohmateria­l kommt in einer speziellen Form aus Afrika und wird hier weiter bearbeitet. Auch Polster für Instrument­enklappen werden hier hergestell­t.
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