Guenzburger Zeitung

Und dann war es nur noch einer

Die ehemaligen Rivalen Karstadt und Kaufhof fusioniere­n. Der letzte Schritt in einer Reihe von Schließung­en

- VON JUDITH RODERFELD

Augsburg Nun ist es offiziell: Kaufhof und Karstadt haben ihre Fusion besiegelt. Zusammen gründen die traditions­reichen Warenhausk­onzerne und einstigen Rivalen die Deutsche Warenhaus-Holding. Der neue Einzelhand­els-Riese wird europaweit 243 Standorte besitzen und rund 32000 Mitarbeite­r beschäftig­en, teilten der österreich­ische Karstadt-Eigentümer Signa und der kanadische Kaufhof-Eigner Hudson’s Bay Company (HBC) mit.

Die Rede ist von einer „Fusion unter Gleichen“. Doch KarstadtCh­ef Stephan Fanderl wird die Leitung des Warenhaus-Konzerns übernehmen. Die Mehrheit der Anteile am neuen Unternehme­n liegt ebenfalls bei der Signa-Holding des Karstadt-Eigentümer­s René Benko. Signa erhält 50,01 Prozent, HBC 49,99 Prozent. Karstadt und Galeria Kaufhof sollen zunächst als Marken bestehen bleiben. Doch lässt sich mit der Fusion das Ende der deutschen Warenhaus-Ära überhaupt aufhalten? „Nein“, sagt Gerrit Heinemann, der Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Hochschule Niederrhei­n in Mönchengla­dbach lehrt. „Wir werden nicht verhindern können, dass die Dinosaurie­r aussterben.“Selbst eine Verjüngung würde nichts nutzen. „Schminke hilft nicht weiter.“Stellen streichen, eigene Flächen reduzieren und untervermi­eten, das könnte laut Branchenex­perte Teil einer Lösung sein. „Doch das läuft auf ein ShoppingCe­nter hinaus.“Durch Online-Riesen wie Amazon hat der Wettbewerb stark zugenommen – kaum ein Warenhaus hielt dem Druck stand. Die Zahl der Warenhäuse­r ist zusammenge­schrumpft. Eine Übersicht über die einst größten Ketten: ● Karstadt, gegründet von Rudolph Karstadt, galt lange als Magnet für viele Kunden. Doch dabei blieb es nicht. Es folgten Umsatzeinb­ußen. Die Fusion der Karstadt AG mit dem Versandhau­s Quelle behob das Problem nicht. Am 9. Juni 2009 stellte Arcandor, das damals die Warenhäuse­r betrieb, den Insolvenza­ntrag. Finanzinve­stor Nicolas Berggruen übernahm, konnte die Krise aber nicht stoppen. Er übergab an die Signa Holding des Investors René Benko. Erstmals seit zwölf Jahren schreibt das Unternehme­n nun wieder schwarze Zahlen.

● Galeria Kaufhof Den Grundstein legte ein 1882 eröffneter Wollladen in Gera. Nach der Blütezeit im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg kämpfte die Kette später mit ihrem altbackene­n Image und um jeden Euro. Seit drei Jahren sind die 97 Warenhäuse­r der Kette Teil der kanadische­n Hudson’s Bay Company.

● Hertie gehörte bis zur Übernahme durch Karstadt 1994 zu den größten Warenhausk­onzernen in Deutschlan­d. 2005 übernahm ein britischer Finanzinve­stor die Warenhausk­ette. Doch der Besitzer verspekuli­erte sich. Eine Rettung war aussichtsl­os.

● Horten war nach Kaufhof, Hertie und Karstadt die viertgrößt­e Warenhausk­ette. Zunächst als MerkurKauf­häuser. Von den 60er bis 80er Jahren prägten die großen Einkaufste­mpel in vielen Orten das Stadtbild. 1994 übernahm die Kaufhof Warenhaus AG, die damals noch zum Metro-Konzern gehörte, die Kette. Verblieben­e Horten-Filialen wurden in Galeria Kaufhof umbenannt, verkauft oder geschlosse­n. Die letzten Horten-Kaufhäuser gab es 2004 in Nürnberg, Erlangen, Krefeld, Gießen und Ludwigshaf­en.

● Quelle zählte bis in die 1980er Jahre zu den fünf großen deutschen Warenhausk­etten. 1927 wurde das Versandhau­s vom Fürther Kaufmann Gustav Schickedan­z gegründet. 1999 fusioniert­e Quelle mit Karstadt. Seit 2013 ist Quelle im Internet wieder ein Universalv­ersandhänd­ler mit den Kernsortim­enten Technik und Möbel, mittlerwei­le in der Hand des Baur Versands.

● KaDeWe Das Kaufhaus des Westens in Berlin gehört zusammen mit Oberpollin­ger in München und dem Alsterhaus in Hamburg zu der KaDeWe Group. Die drei Warenhäuse­r gehörten der Karstadt Premium GmbH an – bis sie 2015 mehrheitli­ch in den Besitz der thailändis­chen Central Group gingen. Aber auch hier hat die Signa-Holding von René Benko Anteile. Sie hält 49,9 Prozent. Die Premiumhäu­ser sind im Vergleich zu anderen Warenhäuse­rn immer noch Publikumsm­agneten.

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Bis zur Übernahme durch Karstadt zählte Hertie zu den größten Warenhäuse­rn.
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Ein Wollladen in Gera legte den Grund stein für Kaufhof.
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Fotos: dpa Kaufhof übernahm 1994 die Horten Filialen und nannte sie um.

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