Guenzburger Zeitung

Die Stiege erzählt vom Aufstieg

Die Treppe vom Schnöllerm­arkt Richtung Marktplatz in Günzburg hat jetzt einen Namen

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg Die Energie ist wieder da: Energisch reißt Elisabeth Lutz zusammen mit Oberbürger­meister Gerhard Jauernig das feste Papier ab, das am Geländer des Stadtbergs befestigt ist. Der Günzburger­in ist dieser Tag sehr wichtig – denn jahrelang hat sie sich dafür starkgemac­ht, dass hier, wo Wilhelm Lutz senior 1891 mit einer Ochsenmetz­gerei den Grundstein für die erfolgreic­he Fleischwar­enfabrik Lutz legte, an die Geschichte des Unternehme­ns erinnert wird. Für Elisabeth Lutz ist die Enthüllung der LutzStiege der erste öffentlich­e Auftritt wenige Tage nach ihrem Kreislaufz­usammenbru­ch im Heimatmuse­um, wo sie mit Museumslei­ter Raphael Gerhardt bei einer Veranstalt­ung über die Gründung der L+O Hamburgerp­roduktion in Günzburg gesprochen hatte (wir berichtete­n).

„Es hätte noch so viel Interessan­tes zu erzählen gegeben, als wir abbrechen mussten“, sagt Elisabeth Lutz bedauernd im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich fühlte mich zu Beginn stark und dachte, Du schaffst das“, erzählt sie den Gästen bei der Enthüllung der Tafel. „Ich hatte mich nämlich sehr darauf gefreut.“Die Geschichte der Firma Lutz nicht in Vergessenh­eit geraten zu lassen, und den Namen im Stadtbild zu bewahren, sind ihr ein großes Anliegen. Deshalb hatte sie sich auch stark für die Errichtung der Tafel am Schnöllerm­arkt engagiert – zu Beginn noch mit ihrem Mann Josef, dem Gründer von L+O und Vertreter der dritten Generation im Familienun­ternehmen Lutz. Der engagierte Krippenfre­und und Förderer der Stadtkapel­le war 2016 überrasche­nd gestorben. „Es ist der einzige Wermutstro­pfen für mich, dass mein Josef das heute nicht miterleben kann. Aber ich bin mir sicher, dass er mit der jetzigen Variante, einem blau-weißen Schild und einer Infotafel zur Firmengesc­hichte, sehr zufrieden wäre.“

Oberbürger­meister Gerhard Jauernig betont, dass es sich bei der Namensgebu­ng der Stiege um eine Besonderhe­it handle. „Erhält ein öffentlich­er Platz oder eine Straße einen Namen, so wie heute hier die viel frequentie­rte und jedem in Günzburg bekannte Treppe, die zum Wahrzeiche­n unserer Stadt, dem Stadtturm und ins Herz unserer Altstadt führt, ist das zum einen eine Möglichkei­t, an historisch­e Ereignisse oder Persönlich­keiten zu erinnern. Sie ist aber immer auch Zeichen einer öffentlich­en Wertschätz­ung für Verdienste und Leistungen der Genannten.“

Wenige Meter von der neuen Tafel entfernt hatte Josef Lutz in den 1970er Jahren eine Probeliefe­rung von 200 Kilogramm HamburgerF­leisch hergestell­t und an den FastFood-Riesen McDonalds geschickt, der damals einen Lieferante­n für Deutschlan­d suchte. „Die Patties überzeugte­n auf Anhieb in Geschmack und Qualität“, erinnert Jauernig. Und dank Josef Lutz könnte man also behaupten, dass die „Hamburger“eigentlich „Günzburger“sind, wie es Alt-Oberbürger­meister Rudolf Köppler einmal formuliert habe.

Das Ringen um das Aufstellen der Tafel habe ganz schön gedauert, sagt Elisabeth Lutz. „Nach viereinhal­b Jahren Denk-, Probe- und Wartezeit“sei es nun endlich so weit am Fuße des Gründerhau­ses Am Stadtberg 8. Ursprüngli­ch hätten sie und ihr Mann eine Tafel favorisier­t, die das Logo der Firma zeige – eine entspreche­nde Tafel sei sogar schon gefertigt gewesen und friste jetzt in der Abstellkam­mer ihr Dasein.

Die jetzige Kombinatio­n eines normalen Straßensch­ildes mit der Infotafel, deren Text sie noch gemeinsam mit dem ehemaligen Stadtarchi­var Walter Grabert ausgearbei­tet habe, gefalle ihr jedoch inzwischen sehr gut. Das geht offenbar auch den Gästen der Enthüllung aus dem Stadtrat, der Stadtverwa­ltung, der Firma und nicht zuletzt der Familie Lutz so, die zur Musik eines Bläserense­mbles der Musikschul­e Günzburg, unter der Leitung von Jürgen Gleixner, den Anlass gebührend feiern. Wer jetzt die Treppe zum Stadtberg nimmt – oder auf den daneben installier­ten, stark frequentie­rten Aufzug wartet –, kann sich über ein weiteres Stück Günzburger Stadtgesch­ichte informiere­n.

 ?? Foto: Rebekka Jakob ?? Mit einem kräftigen Ruck haben Elisabeth Lutz und Oberbürger­meister Gerhard Jau ernig die beiden Tafeln enthüllt, die jetzt auf die Lutz Stiege und auf die Firmenge schichte der Fleischfab­rik hinweisen.
Foto: Rebekka Jakob Mit einem kräftigen Ruck haben Elisabeth Lutz und Oberbürger­meister Gerhard Jau ernig die beiden Tafeln enthüllt, die jetzt auf die Lutz Stiege und auf die Firmenge schichte der Fleischfab­rik hinweisen.

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