Guenzburger Zeitung

Wie eine Firma um einen Azubi kämpft

Gesundheit und Beruf: Unternehme­n bemühen sich um ihre Mitarbeite­r Aus gesundheit­lichen Gründen musste ein Lehrling der Firma Mörz Metallvera­rbeitung seine Ausbildung aufgeben. Was das Unternehme­n herstellt und wie es gelungen ist, den 17-Jährigen zu hal

- VON PHILIPP WEHRMANN

„Wenn ein jun ger Mensch weiß, was er will, muss man ihn fördern.“Christine Mörz, Unternehme­rin

Neuburg an der Kammel Manchmal macht der Körper dem Berufslebe­n einen Strich durch die Rechnung. Wenn Menschen dieses Problem ereilt, haben sie meist schon einige Arbeitsjah­re auf dem Buckel – ob wegen des körperlich­en Schuftens, langen Sitzens im Büro oder eines Unfalls. Bei Julian Demeter war es früher. Er hatte gerade eine Ausbildung als Konstrukti­onsmechani­ker begonnen, doch schon bald war klar, dass dies nicht sein Beruf sein kann.

Bereits als Schüler absolviert­e Demeter ein Praktikum in ihrer Firma, erzählt Christine Mörz, Geschäftsf­ührerin der Mörz Metallvera­rbeitungs GmbH in Neuburg an der Kammel. „Er war sehr selbststän­dig und man merkte, dass er mehr lernen wollte“, sagt die Unternehme­rin. Die Mittlere Reife an der Realschule Krumbach war geschafft, die Bewerbung an Mörz verschickt. Im September vergangene­s Jahr begann der 17-Jährige aus Wattenweil­er die Ausbildung, damit begann das lange Stehen an der Werkbank. „Montags sah man noch nichts, am Dienstag begann er zu humpeln und am Mittwoch war das Arbeiten kaum noch möglich“, schildert die Chefin ihre Beobachtun­gen. „Ich hatte starke Schmerzen im Fuß“, erzählt der Lehrling. Doch Mörz und ihre Mitarbeite­r waren überzeugt von dem Auszubilde­nden. Deshalb habe man nach Wegen gesucht, um ihn weiter ausbilden zu können.

Die Firma stellt sogenannte Einhausung­ssysteme für Fertigungs­anlagen her. Die Auftraggeb­er sind vielfältig: Derzeit baut Mörz unter anderem das Gehäuse einer 85 Meter langen Fertigungs­straße für einen großen deutschen Autobauer. „Eine so starke Geräuschre­duzierung wie wir bekommt sonst niemand hin“, sagt die Geschäftsf­ührerin selbstbewu­sst. Es gebe Anlagen, die so laut seien wie ein vorbeiflie­gender Düsenjet – durch die Hülle sinke der Lärmpegel auf normale Werkstattl­autstärke.

Die Anforderun­gen beim Lärm- seien wegen des strengeren Arbeitssch­utzes gestiegen, gleichwohl ist die Anwendung speziell. Mörz baut die Einhausung­en deshalb als Einzelanfe­rtigungen oder Kleinserie­n. Das bindet viel Personal – für jeden Kunden wird individuel­l geplant. Knapp 50 Menschen arbeiten bei Mörz, acht davon im Planungsbü­ro, größtentei­ls Ingenieure und Techniker. Weil ihre Firma branchenüb­ergreifend arbeite, müssten die Planer über großes Wissen verfügen. Das war einer der Gründe, wieso man bisher keine Planer selbst ausgebilde­t habe.

Das ändert sich nun, nachdem Juund lian Demeter verschiede­ne Fachärzte besucht hat – helfen konnte ihm keiner. Einig waren sich die Mediziner darüber, dass er die Ausbildung wechseln muss. Keine Behandlung hatte Wirkung gezeigt, und die Hoffnung, dass er den Beruf langfristi­g ausüben können wird, war wegen seines jungen Alters gering.

Deshalb hat der Betrieb einen neuen Ausbildung­splatz für ihn geschaffen. Er wird technische­r Systemplan­er. Ausbilden wird ihn Daniel Scholz, ein Maschinenb­auingenieu­r, der zu diesem Zweck ein Zertifikat als Ausbilder für die neue Lehrstelle erwerben wird. Es bescheinig­t die Qualifikat­ion als Ausbilder zu diesem Beruf.

Seit September ist Demeter nun offiziell in der Ausbildung. „Ich konnte mir sowieso vorstellen, später in der Planung zu arbeiten“, sagt er – auch wenn ihm das Handwerk gefallen habe. Demeter arbeitet bereits an seinem ersten Projekt. Am Computer zeichnet er die Bleche, die in Kombinatio­n mit Plexiglas eine Schutzwand in einer Anlage bilschutz den werden. Das dient nicht nur der Übung – sein Ergebnis wird auch umgesetzt, sagt Scholz. „Natürlich kontrollie­ren wir alles.“

Für Christine Mörz ist diese Unterstütz­ung eine Investitio­n – denn Personal zu finden sei schwierig. „Wir stellen eigentlich zwei Auszubilde­nde pro Jahr ein“, sagt die Geschäftsf­ührerin. Doch vergangene­s Jahr war es nur Demeter, heuer habe man überhaupt keinen gefunden. „Wir haben viele tolle, große Unternehme­n in der Region“, sagt sie. Es sei für kleinere Betriebe nicht leicht, mit deren Angebot für Azubis mitzuhalte­n. „Unser Vorteil ist, dass man bei uns in der Ausbildung alle Arbeiten und ihre Zusammenhä­nge kennenlern­t.“So übernehme Demeter zum Beispiel auch die Bestellung der Teile seines Projekts. In zwei Jahren ist er, wenn alles klappt, fertig mit der Ausbildung. Dabei möchte er es nicht belassen, sondern sich weiterbild­en. „Das kommt von ihm selbst“, sagt seine Chefin Christine Mörz – unterstütz­en wird sie ihn gerne.

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Foto: Schuler AG Die Firma Mörz Metallvera­rbeitung baut Einhausung­en für Fertigungs­anlagen. Das Bild zeigt eine sogenannte Warmumform­pres se der Firma Schuler, deren Gehäuse Mörz gebaut hat.
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Foto: P. Wehrmann Maschinenb­auingenieu­r Daniel Scholz (links) erwirbt ein notwendige­s Zertifikat, um Julian Demeter zum technische­n Systemplan­er auszubilde­n.
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