Guenzburger Zeitung

Eine Umschulung kann zum Erfolg führen

Nach einem Unfall muss ein Zimmermann den Beruf wechseln. Die Arbeitsage­ntur berät in solchen Fällen

- VON PHILIPP WEHRMANN

Günzburg/Dillingen Welcher Beruf kommt für einen Menschen infrage? Eine Antwort darauf zu finden, ist Heidemarie Leitners Job. Sie ist Beraterin für Rehabilita­nden und Schwerbehi­nderte bei der Agentur für Arbeit in Günzburg. Zu ihr kommen Menschen, die aus gesundheit­lichen Gründen ihren Beruf nicht mehr ausüben können, sagt sie. Körperlich­e, psychische und geistige Behinderun­gen sowie chronische psychische Krankheite­n können dazu führen.

Zu Beginn mache sich ein Arzt ein Bild von dem Menschen. Als eingeschrä­nkt gelte er, wenn er mindestens sechs Monate nicht in seinem Beruf arbeiten könne und davon auszugehen sei, dass es dabei bleibe. Ein Schwerbehi­ndertenaus­weis sei für die Unterstütz­ung und Beratung der Arbeitsage­ntur nicht notwendig – man spricht von einer Einschränk­ung, die einer Behinderun­g gleichkomm­t, sagt sie.

Der Beruf müsse zu der jeweiligen Person passen, sagt Leitner. „Ein Mensch mit Verhaltens­problemen wäre zum Beispiel im Verkauf nicht gut aufgehoben.“Außerdem prüft sie, ob der Arbeitnehm­er zusätzlich­e Hilfe benötigt. „Das kann in Form von technische­n Arbeitshil­fen wie Steh- und Sitzhilfen, aber auch mit Nachhilfe bei der Ausbildung geschehen.“Mehrere Hundert Menschen betreuen sie und ihr Kollege bei der Arbeitsage­ntur Günzburg. Dazu zählen auch Schüler, die künftig Beratung benötigen. Wegen der Lage am Arbeitsmar­kt sei es etwas einfacher geworden, Leute mit Einschränk­ungen ins Berufslebe­n zu integriere­n. „Teilweise beobachten wir aber noch eine gewisse Zögerlichk­eit seitens der Arbeitgebe­r“, sagt sie. Die versuche man mit Informatio­nen, zum Beispiel über finanziell­e Förderunge­n, abzubauen. Entspreche­nde Beratung biete der Arbeitgebe­rservice.

„Wir sind zuständig für jeden, der regelmäßig bis zu 180 Beitragsmo­nate, das entspricht 15 Berufsjahr­en, bei der Rentenkass­e hat“, sagt Leitner. Später, etwa bei altersgemä­ßen Einschränk­ungen, sei die Rentenkass­e zuständig. Trotzdem gelte: „Wer gesundheit­liche Probleme im Zusammenha­ng mit dem Beruf hat, kann sich unverbindl­ich an uns wenden.“

Rene Paulmann hat das getan. Der heute 30-Jährige war bis vor drei Jahren Zimmermann. Nach seiner Ausbildung war er von Magdeburg nach Ziemetshau­sen gezogen, um dort zu arbeiten. Doch vor vier Jahren stürzte er vom Rad und verletzte sich schwer am Handgelenk – ein knappes Jahr war er krank. „Wenn ich einen Hammer schwinge, hält meine Hand der Erschütter­ung nicht mehr stand“, sagt er.

Gemeinsam mit Heidemarie Leitner hat er einen neuen Beruf gefunden, in dem er sein Wissen weiter einsetzen kann. Vor drei Jahren hat er bei der Scheiffele–Schmiedere­r Holzwerke KG in Dillingen eine Umschulung zum Großhandel­skaufmann begonnen. „Ich habe dann erst zwei Monate Auffrischu­ngskurse bekommen, weil es zehn Jahre her war, als ich den Schulstoff gelernt habe“, sagt er. Vergangene­s Jahr hat er sie beendet und lebt heute mit seiner Frau in Oberschöne­berg im Günzburger Nachbarkre­is Augsburg.

Sein Vorgesetzt­er, Christian Remmele, ist Leiter der Abteilung Versand und Logistik. „Dass er sich mit unserem Material, dem Holz, auskannte, war sehr hilfreich.“Im Vergleich zu einem Auszubilde­nden könnten Mitarbeite­r, die eine Umschulung absolviere­n, ihre Arbeit selbst strukturie­ren. Jetzt wird Paulmann, ein Jahr nach seiner Umschulung, zu seinem Vertreter, sagt Remmele. „Der Fachkräfte­mangel begünstigt sicherlich, dass sich Mitarbeite­r beweisen und früh Verantwort­ung übernehmen können.“

O Beratung Die Arbeitsage­ntur bietet Arbeitnehm­ern unter 0800/45555 00 telefonisc­he Beratung an. Der Arbeitge berservice ist unter Telefon 0800/45555 20 erreichbar.

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Foto: Philipp Wehrmann Rene Paulmann war bis zu einem Radunfall Zimmermann. Heute übernimmt er Füh rungsveran­twortung, ein Jahr nach seiner Umschulung.
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H. Leitner

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