Eine Umschulung kann zum Erfolg führen
Nach einem Unfall muss ein Zimmermann den Beruf wechseln. Die Arbeitsagentur berät in solchen Fällen
Günzburg/Dillingen Welcher Beruf kommt für einen Menschen infrage? Eine Antwort darauf zu finden, ist Heidemarie Leitners Job. Sie ist Beraterin für Rehabilitanden und Schwerbehinderte bei der Agentur für Arbeit in Günzburg. Zu ihr kommen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf nicht mehr ausüben können, sagt sie. Körperliche, psychische und geistige Behinderungen sowie chronische psychische Krankheiten können dazu führen.
Zu Beginn mache sich ein Arzt ein Bild von dem Menschen. Als eingeschränkt gelte er, wenn er mindestens sechs Monate nicht in seinem Beruf arbeiten könne und davon auszugehen sei, dass es dabei bleibe. Ein Schwerbehindertenausweis sei für die Unterstützung und Beratung der Arbeitsagentur nicht notwendig – man spricht von einer Einschränkung, die einer Behinderung gleichkommt, sagt sie.
Der Beruf müsse zu der jeweiligen Person passen, sagt Leitner. „Ein Mensch mit Verhaltensproblemen wäre zum Beispiel im Verkauf nicht gut aufgehoben.“Außerdem prüft sie, ob der Arbeitnehmer zusätzliche Hilfe benötigt. „Das kann in Form von technischen Arbeitshilfen wie Steh- und Sitzhilfen, aber auch mit Nachhilfe bei der Ausbildung geschehen.“Mehrere Hundert Menschen betreuen sie und ihr Kollege bei der Arbeitsagentur Günzburg. Dazu zählen auch Schüler, die künftig Beratung benötigen. Wegen der Lage am Arbeitsmarkt sei es etwas einfacher geworden, Leute mit Einschränkungen ins Berufsleben zu integrieren. „Teilweise beobachten wir aber noch eine gewisse Zögerlichkeit seitens der Arbeitgeber“, sagt sie. Die versuche man mit Informationen, zum Beispiel über finanzielle Förderungen, abzubauen. Entsprechende Beratung biete der Arbeitgeberservice.
„Wir sind zuständig für jeden, der regelmäßig bis zu 180 Beitragsmonate, das entspricht 15 Berufsjahren, bei der Rentenkasse hat“, sagt Leitner. Später, etwa bei altersgemäßen Einschränkungen, sei die Rentenkasse zuständig. Trotzdem gelte: „Wer gesundheitliche Probleme im Zusammenhang mit dem Beruf hat, kann sich unverbindlich an uns wenden.“
Rene Paulmann hat das getan. Der heute 30-Jährige war bis vor drei Jahren Zimmermann. Nach seiner Ausbildung war er von Magdeburg nach Ziemetshausen gezogen, um dort zu arbeiten. Doch vor vier Jahren stürzte er vom Rad und verletzte sich schwer am Handgelenk – ein knappes Jahr war er krank. „Wenn ich einen Hammer schwinge, hält meine Hand der Erschütterung nicht mehr stand“, sagt er.
Gemeinsam mit Heidemarie Leitner hat er einen neuen Beruf gefunden, in dem er sein Wissen weiter einsetzen kann. Vor drei Jahren hat er bei der Scheiffele–Schmiederer Holzwerke KG in Dillingen eine Umschulung zum Großhandelskaufmann begonnen. „Ich habe dann erst zwei Monate Auffrischungskurse bekommen, weil es zehn Jahre her war, als ich den Schulstoff gelernt habe“, sagt er. Vergangenes Jahr hat er sie beendet und lebt heute mit seiner Frau in Oberschöneberg im Günzburger Nachbarkreis Augsburg.
Sein Vorgesetzter, Christian Remmele, ist Leiter der Abteilung Versand und Logistik. „Dass er sich mit unserem Material, dem Holz, auskannte, war sehr hilfreich.“Im Vergleich zu einem Auszubildenden könnten Mitarbeiter, die eine Umschulung absolvieren, ihre Arbeit selbst strukturieren. Jetzt wird Paulmann, ein Jahr nach seiner Umschulung, zu seinem Vertreter, sagt Remmele. „Der Fachkräftemangel begünstigt sicherlich, dass sich Mitarbeiter beweisen und früh Verantwortung übernehmen können.“
O Beratung Die Arbeitsagentur bietet Arbeitnehmern unter 0800/45555 00 telefonische Beratung an. Der Arbeitge berservice ist unter Telefon 0800/45555 20 erreichbar.