Guenzburger Zeitung

Was bei einer Querschnit­tlähmung passiert

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Das Rückenmark von Kristina Vogel ist am siebten Brustwirbe­l durchtrenn­t. Was das bedeutet, erläutert der Leiter der Sektion Experiment­elle Neurore habilitati­on in der Klinik für Paraplegio logie am Unikliniku­m Heidelberg, Rüdiger Rupp.

● Was passiert im Körper? Bei einer Querschnit­tlähmung wird das Rü ckenmark, das innerhalb der Wirbelsäu le verläuft, geschädigt. Dabei werden die Nervenverb­indungen zwischen Ge hirn und jenen Muskeln, die unter halb der Verletzung liegen, unterbro chen. Eine Verletzung im siebten Brustwirbe­l heißt, dass die Beine ge lähmt sind. Aber auch Blase und Darm können beeinträch­tigt sein.

● Welche therapeuti­schen Möglich keiten gibt es? Das hängt entschei dend davon ab, wie viele Nervenbahn­en im Rückenmark unterbroch­en sind. Je weniger Gewebe geschädigt ist, desto größer ist die Aussicht auf eine Erho lung von Funktionen. „Bei einer kom pletten Durchtrenn­ung ist die Chance sehr gering“, sagt Rupp. Ursächlich­e Therapien, bei denen man die Ner venfasern im Rückenmark wieder zum Wachsen anregt, gebe es in diesem Fall derzeit nicht. „Allerdings ist das Rü ckenmark nur in den wenigsten Fäl len wirklich komplett durchtrenn­t. Oft sind noch einzelne Nervenfase­rn er halten.“Im Fall von Kristina Vogel, so die behandelnd­en Ärzte, sind die Ver letzungen so schwer gewesen, dass es praktisch keine Hoffnung gibt, dass sie jemals wieder eigenständ­ig wird laufen können.

● Wo steht die therapeuti­sche For schung? Zurzeit laufen klinische Stu dien, bei denen man versucht, das Ner venwachstu­m im Rückenmark wieder anzuregen. In Heidelberg soll Anfang nächsten Jahres eine Studie begin nen, bei der ein Antikörper ins Rücken mark gegeben wird. Der soll dafür sorgen, dass Nerven wieder zum Sprie ßen angeregt werden. In den USA laufen Studien mit Stammzelle­n. Mög lich ist, dass Patienten damit wieder unterhalb der Verletzung etwas spüren können. „Aber dass Menschen in den nächsten zehn Jahren dadurch unabhän gig vom Rollstuhl werden können, ist nach aktuellem Stand unwahrsche­in lich“, sagt Rupp.

● Haben Spitzenspo­rtler eine besse re Prognose als andere Menschen? „Sportler haben generell keine größeren Chancen auf Funktionsg­ewinne“, sagt Rupp. Letztlich hänge die Prognose von sehr vielen individuel­len Fakto ren ab. Der sportliche Ehrgeiz und die Gesamtverf­assung von Kristina Vogel haben den Ärzten zufolge dazu geführt, dass die Genesungsp­hase und der Prozess zur Rückgewinn­ung eines ei genständig­en Lebens schneller vo ranschreit­et als bei vielen anderen Pa tienten. (dpa, AZ)

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