Guenzburger Zeitung

„Gründen macht Spaß“

Die Bundesvors­itzende der Wirtschaft­sjunioren, Kristine Lütke, spricht über die Herausford­erungen für junge Unternehme­r

- Woran liegt das? Interview: Jens Reitlinger

Frau Lütke, aus welchen Gründen sollten sich junge Leute beruflich selbststän­dig machen?

Kristine Lütke: Es macht unglaublic­h viel Spaß, nach der Ausbildung seine eigenen Ideen umzusetzen und sich etwas aufzubauen. Gründer treffen ihre eigenen Entscheidu­ngen und bringen ihr Unternehme­n damit voran. Gerade heutzutage sind die Möglichkei­ten für Firmengrün­der besonders vielfältig. So bietet zu Beispiel die Digitalisi­erung unzählige Möglichkei­ten, sich als Unternehme­r zu engagieren. Vor allem in der Digitalbra­nche sind die Möglichkei­ten längst noch nicht ausgeschöp­ft. Dennoch entscheide­t sich die überwiegen­de Mehrheit junger Menschen leider eher für die vermeintli­chen Sicherheit­en eines Angestellt­enverhältn­isses.

Lütke: Ein großes Problem für selbststän­dige Unternehme­r ist immer noch, dass wir viel zu viel Bürokratie haben. Hier in Deutschlan­d dauert es vergleichs­weise lange, bis man mit einer guten Idee zur Umsetzung schreiten kann. In asiatische­n Gründerzen­tren und im Silicon Valley geht das flexibler, deshalb sind wir auch im Rückstand. Zudem sind viele Regulierun­gen wie das Mindestloh­ngesetz oder die Datenschut­zgrundvero­rdnung hierzuland­e für große Unternehme­n deutlich einfacher umsetzbar als für mittelstän­dische Betriebe.

So viel zu den äußeren Bedingunge­n. Warum nehmen die wenigsten diese Herausford­erung an?

Lütke: In vielen Fällen herrschen falsche Vorstellun­gen, fürchte ich. Der Mittelstan­d ist der Motor unserer Wirtschaft, deshalb halte ich die Scheu vor dem Gründen und der Selbststän­digkeit für eine bedenklich­e Entwicklun­g. Es ist wichtig, schon in den Hochschule­n oder – besser noch – den Schulen, jungen Menschen das Gründen schmackhaf­t zu machen. Zudem ist es oft weder den Schülern noch den Lehrern bewusst, was es für tolle Ausbildung­sberufe gibt. In Deutschlan­d sind das weit über 200, die meisten entscheide­n sich jedoch immer für die gängigen.

Wie reagiert Ihr Verband auf diesen Trend? Immerhin lebt Ihre Gemeinscha­ft ja von Unternehme­rn.

Lütke: Eines unserer Projekte heißt „Ausbildung­s-Ass“, darin prämieren wir die innovativs­ten Ausbilder. In den Schulen informiere­n wir dann über die vielfältig­en Möglichkei­ten bei der Berufswahl. Beim Aktionstag „Ein Tag Azubi“öffnen wir die Türen unserer Unternehme­n und Schüler schnuppern in verschiede­ne Ausbildung­sberufe rein. Meiner Meinung nach müssten die Schulen noch stärker praktische­s Wirtschaft­swissen vermitteln. Schülern müsste frühzeitig­er klar sein, was sie mit den Dingen anfangen können, die sie sich in der Schule aneignen. Nun wollen Sie junge Menschen ja nicht nur von der Selbststän­digkeit überzeugen. Ihnen geht es ja auch darum, ein Netzwerk zu sein. Sind Unternehme­r nicht wie Einzelkämp­fer? Lütke: Das ist nicht zwangsläuf­ig so. Unser Verband ersetzt gewisserma­ßen das Kollegium, das in der Gründersze­ne im Vergleich zu anderen Arbeitsumf­eldern fehlt. Wer zu unserem Verband gehört, profitiert vom Austausch über unser internatio­nales Netzwerk und den Trainings, die wir anbieten. Über ein Branchenne­tzwerk können auch Geschäftsu­nd Handelskon­takte geknüpft werden – ganz im Sinne des Prinzips vom „ehrbaren Kaufmann“.

Dieses Jahr findet die Bundeskonf­erenz der Wirtschaft­sjunioren in Augsburg unter dem Motto „Aux In“statt. Was bedeutet das?

Lütke: Im Mittelpunk­t stehen die drei Aspekte Industrie, Innovation, Integratio­n. Das heißt: Welche Unternehme­n gibt es, was machen sie und wie bringt man sie zusammen? Auch der Veranstalt­ungsort Augsburg spielt eine Rolle, denn seit der Römerzeit blüht hier die Wirtschaft. Die Stadt lebt vom internatio­nalen Handel. Für eine funktionie­rende Wirtschaft, vor allem in exportorie­ntierten Ländern wie Deutschlan­d, sind eine gesunde, internatio­nale Gemeinscha­ft und grenzübers­chreitende Zusammenar­beit unbedingt notwendig. Gerade weil im kommenden Jahr die Europawahl ansteht, wollen wir ein Zeichen für Weltoffenh­eit setzen.

Wie sind Sie denn zu den Wirtschaft­sjunioren gekommen?

Lütke: Ich bin eine klassische Familienun­ternehmeri­n. Ich leite in der Nähe von Nürnberg ein Pflegeheim in der zweiten Generation. Eine Freundin hat mir vor einigen Jahren die Wirtschaft­sjunioren als Ansprechpa­rtner empfohlen, als ich selbst ein paar Fragen zur Unternehme­nsführung hatte. Kristine Lütke, 36, aus Nürnberg ist seit Januar 2018 die Bundesvors­itzen de der Wirtschaft­sjunio ren Deutschlan­d.

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Foto: stock.adobe.de Junge Menschen gründen oft kein Unter nehmen.
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