Guenzburger Zeitung

Was für eine Sportwoche!

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Kein neuer Weltrekord, kein erster Milliarden-Transfer – und Jogi ist noch im Amt. Stattdesse­n diese Woche: Kristina Vogel. Die Olympiasie­gerin und Weltmeiste­rin im Bahnradfah­ren war vor einigen Wochen schwer gestürzt. Am Mittwoch saß sie vor einer Hundertsch­aft Journalist­en in einem Rollstuhl – vom siebten Brustwirbe­l abwärts gelähmt. Der ergreifend­e Auftritt einer jungen Frau, der daran erinnert, wie beiläufig der Leistungss­port an die Grenze zum Tod führt. Es gibt viele solcher Schicksale. Meist müssen diese Menschen ohne jenen öffentlich­en Zuspruch und die finanziell­e Hilfe, die eine Olympiasie­gerin erhält, zurechtkom­men. Wenn der Eindruck, den Kristina Vogel hinterlass­en hat, allerdings nicht täuscht, helfen ihr ausgerechn­et die Erfahrunge­n aus dem Leistungss­port, neue Perspektiv­en für sich zu eröffnen. „Endlich frei“, lautet eine von ihr formuliert­e. Im Rollstuhl zwar, aber befreit von den Zwängen des Leistungss­ports.

Tags zuvor war der ehemalige Zehnkampf-Olympiasie­ger Christian Schenk bei Stern TV. Eine Heldenfigu­r des DDR-Sports. Zunächst Profiteur des Staatsdopi­ngs, später möglicherw­eise eines seiner Opfer. Jahre nach seiner Karriere erkrankte Schenk an einer bipolaren Störung. Manische Phasen, schwere Depression­en und Psychosen brachten ihn mehrmals in die Psychiatri­e. Warum ich, der Olympiasie­ger, hat Schenk sich verzweifel­t gefragt. Weil es psychische­n Erkrankung­en egal ist, in welchem Körper sie sich einnisten und weil es einen Zusammenha­ng zwischen jahrelange­r Einnahme anaboler Steroide und psychische­r Erkrankung­en gibt. Schenk hat mit vielem reinen Tisch gemacht. Vor allem hat er mit der Lüge, nie gedopt zu haben, aufgeräumt. Das hilft ihm und dem Sport.

Bis in die Mitte der Woche schwappte die Erregungsw­elle über Sexismus im Tennis. Ausgelöst durch Serena Williams, die den Schiedsric­hter Dieb und Lügner schimpfte, weil ihr der Kerl für Regelverst­öße wie das Zertrümmer­n des Schlägers einen Punkt abzog. Kern der Williams-Klage: Männer dürften sich auf dem Court noch ganz andere Dinge erlauben, ohne dafür belangt zu werden. Belegen lässt sich das nicht. So wahrschein­lich es auch im Tennis Sexismus gibt, so eindeutig hat Williams den falschen Anlass gewählt, darauf hinzuweise­n.

Keine Frage von falsch und richtig war, was sich Unvorstell­bares beim Motorradre­nnen in Misano ereignet hat. Der Italiener Romano Fenatis griff seinem Rivalen Stefano Manzi bei 200 km/h in die Bremse. Dummheit, Skrupellos­igkeit, Erfolgsgie­r? In jedem Fall versuchte schwere Körperverl­etzung, die auch in den Rollstuhl hätte führen können. Was für eine Woche im Sport!

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Kristina Vogel
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Christian Schenk
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