Guenzburger Zeitung

Jeder kann etwas beitragen

- VON CHRISTIAN KIRSTGES redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Diese Nachricht hat viele Menschen bewegt: Die kommende Fasnachtss­aison in Jettingen wird wohl ausfallen. Denn weil die Auflagen immer komplexer werden und sich kaum noch jemand in die Organisati­on der Veranstalt­ungen einbringen will, sieht sich die Burkhardia nicht mehr in der Lage, sie weiterhin zu stemmen. Bereits in den vergangene­n Jahren standen sie auf der Kippe, jetzt haben die Verantwort­lichen aber endgültig ein Stopp-Signal gesetzt. So bitter das für diejenigen ist, die sich bereits auf die neue Saison gefreut hatten, so verständli­ch ist es. Denn wie der Präsident ganz richtig sagt: Feiern will jeder, bloß etwas dafür tun will kaum noch jemand. Warum sollen ein paar wenige ihre Freizeit und ihren Urlaub über Jahre hinweg opfern, wenn diese Arbeit dann doch nicht so wichtig zu sein scheint, dass andere sie dabei unterstütz­en?

Scheinbar erodiert gerade in vielen Bereichen das, was über Jahrzehnte selbstvers­tändlich war. Alteingese­ssene Geschäfte schließen, weil sich kein Nachfolger findet oder die Kunden trotz aller Lippenbeke­nntnisse zur Regionalit­ät lieber doch im Internet einkaufen. Gastwirte sperren ihr Lokal zu, weil sie zwar gerne modernisie­ren und investiere­n würden, aber das Umsetzen neuer Vorschrift­en schlicht unbezahlba­r wäre – oder Gäste nicht bereit sind, für Qualität entspreche­nd zu zahlen. Und Vereine lösen sich auf, weil viele Menschen inzwischen lieber unverbindl­ich ihre freie Zeit verbringen, als sich in einem festen Rahmen zu engagieren.

Manches davon mag verständli­ch sein, etwa, dass angesichts zunehmende­r Herausford­erungen im Beruf vielen die Kraft für eine regelmäßig­e Vereinsarb­eit fehlt. Auch so manche Vorschrift mag ihren Sinn haben, beispielsw­eise bei der Hygiene in Cafés und Restaurant­s. Der Klick im Internetve­rsandhaus, das alles zu jeder Tages- und Nachtzeit vorrätig zu haben scheint, ist sicher ebenfalls bequemer als das Geschäfte-Hopping. Doch alles braucht nun einmal Maß und Ziel.

Vorschrift­en dürfen nicht dazu führen, dass etwas zerstört wird. Die Läden im Ort dürfen nicht auf der einen Seite als selbstvers­tändliche Infrastruk­tur betrachtet werden, wenn man sie auf der anderen Seite nicht mehr betritt. Regionalit­ät und Bioware dürfen nicht gepriesen werden, weil es gerade hip ist – um dann doch lieber im Wortsinne billig einzukaufe­n. Und auch Veranstalt­ungen wie die der Faschingsv­ereine müssen wieder als das wahrgenomm­en werden, was sie sind: als Einsatz von Bürgern für Bürger. Ohne sie wird es solche Angebote nicht mehr geben können. Auch wenn die Gesellscha­ft gerade auseinande­rzubrechen scheint, so ist das, was im Ort geschieht, ihr Kitt. Wer die Risse nicht weiter aufbrechen lassen will, muss sich einbringen. Auf die eine oder andere Weise.

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