Guenzburger Zeitung

Grüne verlangen Abschaltun­g

Streit um bislang nicht bekannte Vorfälle in AKW Gundremmin­gen

- VON MARTIN FERBER

Berlin Block B des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen läuft bereits seit dem Jahreswech­sel nicht mehr und Block C soll laut dem vereinbart­en Atomaussti­eg eigentlich spätestens Ende 2021 vom Netz gehen. Doch wenn es nach den Grünen im Bundestag geht, soll das nahe Günzburg gelegene Kraftwerk sofort abgeschalt­et werden: „Gundremmin­gen ist Deutschlan­ds gefährlich­stes Atomkraftw­erk“, sagt die Vorsitzend­e des Umweltauss­chusses des Bundestags, Sylvia Kotting-Uhl, von den Grünen. „Laut Statistik hat es die höchste Kernschmel­zeGefahr“, kritisiert die Karlsruher Grünen-Abgeordnet­e. „Gundremmin­gen muss stillgeleg­t werden“, fordert sie und verweist auf eine Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion.

Dabei geht es um sogenannte „Precursor-Vorfälle“in den Jahren 2012 und 2013 in deutschen Kernkraftw­erken, es handelt sich, vereinfach­t gesagt, um Vorläufer oder Vorboten von schwereren Unfällen. Dabei wird von der Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit ermittelt, mit welcher Wahrschein­lichkeit Zwischenfä­lle in Atomkraftw­erken, bei denen es noch nicht zu einem Kernschade­n kam, zu einem Kernschade­n hätten führen können.

Wie die Bundesregi­erung mitteilte, ereigneten sich 2012 in allen deutschen Atomkraftw­erken drei Precursor-Vorfälle, davon zwei in Gundremmin­gen, die bislang noch nicht bekannt waren. So gab es am 15. März 2012 im Block C eine „erhöhte Lagertempe­ratur an einem Hochdruckp­umpenmotor des nuklearen Nachkühlsy­stems“, hervorgeru­fen durch einen „Kühlmittel­verluststö­rfall“, und am 8. November 2012 im Block B eine „Funktionss­törung des 380-V-Einspeises­chalters einer Notstromsc­hiene bei einer wiederkehr­enden Prüfung“nach einem Notstromfa­ll. Allerdings wurde die Gefahr einer Kernschmel­ze in allen Fällen von der Gesellscha­ft für Anlagen- und Reaktorsic­herheit als extrem unwahrsche­inlich eingestuft.

Nach einer Auflistung von Kotting-Uhl liegen die beiden Siedewasse­rreaktoren von Gundremmin­gen, die den Reaktoren von Fukushima ähneln, bei allen PrecursorE­reignissen seit 1993 mit weitem Abstand vor allen anderen Kernkraftw­erken in Deutschlan­d. Mit den beiden nun bekannt gewordenen Vorfällen des Jahres 2012 „sticht Gundremmin­gen noch stärker heraus als zuvor schon“, sagt die Grünen-Politikeri­n.

Mit einer Leistung von jeweils 1344 Megawatt der Blöcke B und C galt das Kernkraftw­erk Gundremmin­gen als das leistungss­tärkste der Bundesrepu­blik, das ein Viertel des bayerische­n Strombedar­fs produziert­e. 2022 sollen als letzte deutsche Kernkraftw­erke die Reaktoren Isar 2, Neckarwest­heim und Emsland abgeschalt­et werden.

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Foto: Wagner In Gundremmin­gen läuft seit dem Jahres wechsel nur noch Block C.

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