Guenzburger Zeitung

Hier ist die Post. Hab das Wetter!

- VON ANDREAS FREI anf@augsburger allgemeine.de

Nur mal angenommen, die Lust der Deutschen, die Sonntagnac­hmittage mit dem Sortieren von Fünf- und Zehn-Pfennig-Briefmarke­n aus der Ära Gustav Heinemann zu verbringen, schwindet tatsächlic­h immer weiter. Muss man sich dann wundern, wenn selbst die Deutsche Post Waren abseits ihres Kernproduk­ts als zunehmend sexy empfindet?

Fakt ist: Der Konzern testet, ob er sich als eine Art Tante-EmmaLaden auf Rädern eignet. Schon jetzt verkaufen Zusteller in ländlichen Gebieten an der Haustür Briefmarke­n oder nehmen Pakete entgegen. Warum, fragen sich die Visionäre unter den Post-Managern, sollte das nicht auch mit AntiSchupp­en-Shampoo, WC-Ente oder 100 Gramm grober Kalbsleber­wurst funktionie­ren? Der Probebetri­eb läuft in Oberfranke­n.

Das Problem ist nur: In Sachen Logistik sind der Fantasie ja keine Grenzen gesetzt. Wird die Deutsche Post nun zum Alles-Lieferante­n? Karrt beim Viehscheid die Schumpen ins Tal, das Fell vollgepfla­stert mit 1,45-Marken. Gibt beim Nachbarn die Spendernie­re ab – „ich hab geklingelt, aber in der UniKlinik hat keiner aufgemacht, ich schwör’s!“Am Ende bringt die Post noch das Wetter. Wehe, dann ist niemand zu Hause („Ich hab geklingelt …“) – stehst plötzlich da ohne Temperatur und Hoch Susi. Da helfen die Hinweiskar­te im Briefkaste­n, die Packstatio­n oder der geschlosse­ne Post-Shop im Modegeschä­ft um die Ecke auch nicht mehr.

Kürzlich zog ein Augsburger sage und schreibe 50 Briefe aus seinem Briefkaste­n, die gar nicht an ihn adressiert waren. Könnte künftig auch seine Vorzüge haben. Wenn plötzlich unbestellt ein komplettes Abendessen an der Tür klingelt.

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