Guenzburger Zeitung

Diesel: Zweifel am Sinn der Nachrüstun­g

Nächste Woche soll eine Entscheidu­ng fallen. Aber ändert sich wirklich etwas?

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Augsburg Für Millionen Dieselfahr­er ist es die Woche der Entscheidu­ng: Bis Montag will die Bundesregi­erung einen Plan vorlegen, wie weitere Fahrverbot­e verhindert werden können. Zentraler Punkt: Kommen die Hardware-Nachrüstun­gen für ältere Diesel – oder nicht? Geht es nach Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologi­e, ist das die falsche Frage.

Für den Motoren-Professor sind Nachrüstun­gen zwar technisch machbar, aber „nicht sinnvoll und nicht zielführen­d“. Umweltverb­ände, aber auch die SPD fordern genau solche Nachrüstun­gen. Selbst Kanzlerin Merkel (CDU) lässt Sympathie dafür durchblick­en. Verkehrsmi­nister Scheuer (CSU) wiederum will eher auf Kaufanreiz­e für neue Dieselfahr­zeuge setzen.

Die Befürworte­r der Nachrüstun­g verkennen nach Kochs Einschätzu­ng, dass die Hersteller auch nach dem Umbau alle Gesetze erfüllen müssen. Intensive Eingriffe wie etwa der Austausch des Kabelsatze­s sind die Folge – und hohe Kosten von mehr als 5000 Euro pro Auto. „Außerdem bräuchten wir im großen Stil neue Abgasanlag­en. Die Produktion müsste erst aufgebaut werden“, sagt Koch. Vor dem Jahr 2020 wird seiner Ansicht nach kaum ein umgerüstet­es Auto auf den Straßen unterwegs sein. Das wäre wohl zu spät. Denn das Verwaltung­sgericht Leipzig hatte in einem Grundsatzu­rteil entschiede­n, dass Maßnahmen für saubere Luft schon 2019 greifen müssen.

Der ADAC spricht sich für eine Nachrüstun­g aus. „Die Technik funktionie­rt“, teilt der Autoklub nach einem entspreche­nden Dauertest mit. 10 000 Kilometer haben die Testwagen bislang abgespult. Der Schadstoff­ausstoß sank laut ADAC um bis zu 90 Prozent; erhoben werden die Messwerte unter anderem im eigenen Technikzen­trum in Landsberg am Lech. Die Nachrüstun­g sei „mit verträglic­hem Aufwand möglich“, schreibt auch Georg Wachtmeist­er, Inhaber des Lehrstuhls für Verbrennun­gskraftmas­chinen an der TU München, in einem Gutachten für das Verkehrsmi­nisterium. Er rechnet mit 3000 Euro Kosten pro Fahrzeug.

Wer das bezahlen soll, ist unklar. Den ohnehin gestraften Dieselfahr­ern kann man die Kosten kaum zumuten; dem Steuerzahl­er wohl ebenfalls nicht. Ob sie der Autoindust­rie aufgebrumm­t werden können, gilt als ungewiss.

Was also tun? Motoren-Experte Koch rät zur Geduld. Er plädiert dafür, die Software-Updates erst einmal wirken zu lassen. Noch seien längst nicht alle aufgespiel­t. Euro5-Diesel würden mit neuer Software um bis zu 30, Euro-6-Modelle sogar um bis zu 90 Prozent sauberer. „Seit Jahren fallen die gesamten Stickstoff-Emissionen – auch in diesem Jahr – auf einen neuen Tiefstand“, sagt der Professor.

„Eine Nachrüstun­g ist mit verträglic­hem Aufwand möglich.“Georg Wachtmeist­er, TU München

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