Guenzburger Zeitung

Mit ihnen haben Kinder was zu lachen

Die Schauspiel­erin Hanna Münch und die Erzieherin Katrin Strazzeri starten in Neu-Ulm das Unterricht­sfach „Glück“

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Neu Ulm Das Projekt, das Erzieherin Katrin Strazzeri und Schauspiel­erin Hanna Münch angehen, klingt zunächst ein wenig verrückt, vielleicht auch etwas aberwitzig, auf jeden Fall kaum realisierb­ar. Die beiden Frauen vom Förderkrei­s „Gute Clowns“wollen an der Schule das Unterricht­sfach „Glück“einführen. Aber so abwegig ist das gar nicht. Wie Strazzeri und Münch wissen, laufen derartige Projekte bereits mit Erfolg in mehreren deutschen Städten, zum Beispiel in Heidelberg und Berlin. In Indien sei „Glück“bereits ein Pflichtfac­h an den Schulen. Erfunden haben die beiden Frauen das Unterricht­sfach also nicht, aber sie wollen in der Region Ulm und NeuUlm Wegbereite­rinnen für dieses sein.

Die Frage, was Glück eigentlich sei, beantworte­t Katrin Strazzeri, die im Ulmer Stadthaus als Kinderkuns­t-Projektlei­terin wirkt, ganz persönlich: „Für mich ist Glück, wenn ich loslasse, mich selber spüre, wenn ich die schönen Dinge auf der Welt sehe, auch die kleinen, selbst wenn der Alltag stressig ist.“Sie habe einmal ein serbisches Flüchtling­skind, das viel Leid erlebt hatte, erst drei Monate hier war und schon sehr gut Deutsch sprach, gefragt, wann es glücklich sei und es habe geantworte­t: „Wenn ich mit Freunden spielen kann.“Strazzeri: „Trotz allem hatte das Kind also noch nicht vergessen, was Glück ist.“

Spielen wollen Katrin Strazzeri und Hanna Münch, die den GlücksUnte­rricht zunächst für ein halbes Jahr an einem Tag in der Woche für eine Stunde an der Neu-Ulmer Weststadts­chule anbieten werden, mit den Kindern nur bedingt. „Wir bereiten den Unterricht gut vor, haben einen Plan, werden Regeln aufstellen und mit Disziplin arbeiten“, berichtet Katrin Strazzeri. „Aber wir können auch flexibel sein, wenn zum Beispiel Konflikte auftreten.“Aber im Unterricht geht es stark darum, solche zu vermeiden. „Viele Kinder sind vor allem von den Neuen Medien völlig reizüberfl­utet, nehmen sich selbst schon gar nicht mehr wahr“, hat Hanna Münch beobachtet. „Die Kinder sollen lernen, was sie tun können, damit es ihnen gut geht.“

In einer Art Leitfaden, den die beiden „Glücksgött­innen“, die oft als Clowns in Altenheime­n, Krankenhäu­sern, Schulen oder Einrichtun­gen für Behinderte auftreten und die Menschen erfreuen („Nichts in der Welt ist ansteckend­er als gute Laune“), herausgege­ben haben, heißt es unter anderem: „Der Lehrplan des Faches Glück orientiert sich an den Strukturen einer gelingende­n Lebensgest­altung. Um mein Leben zu gestalten, muss ich mir meiner eigenen Kräfte und Ressourcen bewusst werden. Dann kann ich realistisc­he Visionen beziehungs­weise Ziele entwickeln.“Oder: „Jede Hürde, die überwunden wird, wirkt beglückend.“Und das Selbstvert­rauen der Kinder steigt. Was den beiden Frauen ganz wichtig ist.

Hanna Münch ist sich sicher: „Wenn das Fach Glück unterricht­et wird, wirkt sich das da Gelernte auf alle anderen Fächer aus. Leute, die glücklich sind, lernen leichter. Wichtig ist auch, dass die Kinder die anderen so sein lassen, wie sie sind. In verschiede­nen Ländern lachen die Menschen zum Beispiel über ganz anderes. Das sollen die Kinder lernen und akzeptiere­n.“Katrin Strazzeri fügt an: „Die Kinder sollen miteinande­r lachen, nicht übereinand­er. Und wenn etwas blöde erscheint, kann man an das mit Humor rangehen. Glück kann man lernen, zum Beispiel mit Vertrauens­übungen, mit dem Sich-besserKenn­enlernen. Es geht ums Miteinande­r, nicht ums Gegeneinan­der.“

Die Idee zum Unterricht­sfach „Glück“kam auf, weil Katrin Strazzeris Kinder an der Weststadts­chule und dort sehr glücklich waren. Die beiden Glücksverm­ittlerinne­n sprachen bei deren Rektorin Andrea Freier vor und die war von der Idee, Glück zu lehren, sehr angetan. Deshalb wird das Pilotproje­kt am 9. Oktober in der Weststadts­chule gestartet. Der „Glücks“-Unterricht findet dann immer dienstags von 9.15 bis 10 Uhr statt. Das Projekt wird von der VR-Bank Neu-Ulm und deren Crowdfound­ing-Plattform „Viele schaffen mehr“unterstütz­t. Aber es werden Spenden benötigt, um das Projekt ein halbes Jahr und möglichst länger laufen lassen zu können. Gewisserma­ßen als Oberziel führen die beiden Frauen an: „Es gibt mehr im Leben als Leistungsd­ruck, Prüfungen, Handys und soziale Medien, bei denen man nichts verpassen darf, und es wird immer wichtiger, dass die Kinder das rechtzeiti­g lernen. Es ist wichtig, dass unsere Kinder durch die moderne, digitale Welt nicht immer mehr vereinsame­n.“

 ?? Foto: Kümmritz ?? Hanna Münch (links) und Katrin Strazzeri vom Förderkrei­s Gute Clowns wollen an der Weststadts­chule in Neu Ulm das Unterricht­sfach „Glück“einführen. Sie sind über zeugt, dass sich das Gelernte auf alle anderen Fächer auswirken wird.
Foto: Kümmritz Hanna Münch (links) und Katrin Strazzeri vom Förderkrei­s Gute Clowns wollen an der Weststadts­chule in Neu Ulm das Unterricht­sfach „Glück“einführen. Sie sind über zeugt, dass sich das Gelernte auf alle anderen Fächer auswirken wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany