Mit ihnen haben Kinder was zu lachen
Die Schauspielerin Hanna Münch und die Erzieherin Katrin Strazzeri starten in Neu-Ulm das Unterrichtsfach „Glück“
Neu Ulm Das Projekt, das Erzieherin Katrin Strazzeri und Schauspielerin Hanna Münch angehen, klingt zunächst ein wenig verrückt, vielleicht auch etwas aberwitzig, auf jeden Fall kaum realisierbar. Die beiden Frauen vom Förderkreis „Gute Clowns“wollen an der Schule das Unterrichtsfach „Glück“einführen. Aber so abwegig ist das gar nicht. Wie Strazzeri und Münch wissen, laufen derartige Projekte bereits mit Erfolg in mehreren deutschen Städten, zum Beispiel in Heidelberg und Berlin. In Indien sei „Glück“bereits ein Pflichtfach an den Schulen. Erfunden haben die beiden Frauen das Unterrichtsfach also nicht, aber sie wollen in der Region Ulm und NeuUlm Wegbereiterinnen für dieses sein.
Die Frage, was Glück eigentlich sei, beantwortet Katrin Strazzeri, die im Ulmer Stadthaus als Kinderkunst-Projektleiterin wirkt, ganz persönlich: „Für mich ist Glück, wenn ich loslasse, mich selber spüre, wenn ich die schönen Dinge auf der Welt sehe, auch die kleinen, selbst wenn der Alltag stressig ist.“Sie habe einmal ein serbisches Flüchtlingskind, das viel Leid erlebt hatte, erst drei Monate hier war und schon sehr gut Deutsch sprach, gefragt, wann es glücklich sei und es habe geantwortet: „Wenn ich mit Freunden spielen kann.“Strazzeri: „Trotz allem hatte das Kind also noch nicht vergessen, was Glück ist.“
Spielen wollen Katrin Strazzeri und Hanna Münch, die den GlücksUnterricht zunächst für ein halbes Jahr an einem Tag in der Woche für eine Stunde an der Neu-Ulmer Weststadtschule anbieten werden, mit den Kindern nur bedingt. „Wir bereiten den Unterricht gut vor, haben einen Plan, werden Regeln aufstellen und mit Disziplin arbeiten“, berichtet Katrin Strazzeri. „Aber wir können auch flexibel sein, wenn zum Beispiel Konflikte auftreten.“Aber im Unterricht geht es stark darum, solche zu vermeiden. „Viele Kinder sind vor allem von den Neuen Medien völlig reizüberflutet, nehmen sich selbst schon gar nicht mehr wahr“, hat Hanna Münch beobachtet. „Die Kinder sollen lernen, was sie tun können, damit es ihnen gut geht.“
In einer Art Leitfaden, den die beiden „Glücksgöttinnen“, die oft als Clowns in Altenheimen, Krankenhäusern, Schulen oder Einrichtungen für Behinderte auftreten und die Menschen erfreuen („Nichts in der Welt ist ansteckender als gute Laune“), herausgegeben haben, heißt es unter anderem: „Der Lehrplan des Faches Glück orientiert sich an den Strukturen einer gelingenden Lebensgestaltung. Um mein Leben zu gestalten, muss ich mir meiner eigenen Kräfte und Ressourcen bewusst werden. Dann kann ich realistische Visionen beziehungsweise Ziele entwickeln.“Oder: „Jede Hürde, die überwunden wird, wirkt beglückend.“Und das Selbstvertrauen der Kinder steigt. Was den beiden Frauen ganz wichtig ist.
Hanna Münch ist sich sicher: „Wenn das Fach Glück unterrichtet wird, wirkt sich das da Gelernte auf alle anderen Fächer aus. Leute, die glücklich sind, lernen leichter. Wichtig ist auch, dass die Kinder die anderen so sein lassen, wie sie sind. In verschiedenen Ländern lachen die Menschen zum Beispiel über ganz anderes. Das sollen die Kinder lernen und akzeptieren.“Katrin Strazzeri fügt an: „Die Kinder sollen miteinander lachen, nicht übereinander. Und wenn etwas blöde erscheint, kann man an das mit Humor rangehen. Glück kann man lernen, zum Beispiel mit Vertrauensübungen, mit dem Sich-besserKennenlernen. Es geht ums Miteinander, nicht ums Gegeneinander.“
Die Idee zum Unterrichtsfach „Glück“kam auf, weil Katrin Strazzeris Kinder an der Weststadtschule und dort sehr glücklich waren. Die beiden Glücksvermittlerinnen sprachen bei deren Rektorin Andrea Freier vor und die war von der Idee, Glück zu lehren, sehr angetan. Deshalb wird das Pilotprojekt am 9. Oktober in der Weststadtschule gestartet. Der „Glücks“-Unterricht findet dann immer dienstags von 9.15 bis 10 Uhr statt. Das Projekt wird von der VR-Bank Neu-Ulm und deren Crowdfounding-Plattform „Viele schaffen mehr“unterstützt. Aber es werden Spenden benötigt, um das Projekt ein halbes Jahr und möglichst länger laufen lassen zu können. Gewissermaßen als Oberziel führen die beiden Frauen an: „Es gibt mehr im Leben als Leistungsdruck, Prüfungen, Handys und soziale Medien, bei denen man nichts verpassen darf, und es wird immer wichtiger, dass die Kinder das rechtzeitig lernen. Es ist wichtig, dass unsere Kinder durch die moderne, digitale Welt nicht immer mehr vereinsamen.“