Guenzburger Zeitung

Brüssel klagt gegen Polen

Zwangspens­ion von Richtern im Fokus

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Brüssel Die EU-Kommission hat Polen wegen der umstritten­en Zwangspens­ionierung von Richtern vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) verklagt. Die von der polnischen Regierung betriebene Reform des Obersten Gerichts verstoße gegen EU-Recht, erklärte die Kommission am Montag in Brüssel. Der EuGH könnte empfindlic­he Geldbußen gegen Warschau verhängen, wenn er der Kommission recht geben sollte.

Die nun eingereich­te Klage bezieht sich auf ein im Juli in Kraft getretenes Gesetz, mit dem das Pensionsal­ter für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre gesenkt

EU Kommission setzt auf einstweili­ge Anordnunge­n

wurde. Damit können 27 der 72 Richter zwangsweis­e in den Ruhestand geschickt werden. Kritiker sehen in den Zwangspens­ionierunge­n einen weiteren Versuch der rechtsnati­onalistisc­hen Regierungs­partei PiS von Ex-Ministerpr­äsident Jaroslaw Kaczynski, die polnische Justiz auf Linie zu bringen.

Das polnische Gesetz über das Oberste Gericht verstoße „gegen den Grundsatz der richterlic­hen Unabhängig­keit“und untergrabe zudem die „Unabsetzba­rkeit von Richtern“, erklärte die EU-Kommission. Sie forderte das Gericht in Luxemburg auf, bis zu einem Urteil „einstweili­ge Anordnunge­n“gegen Polen zu erlassen. Damit solle am polnischen Obersten Gericht die Lage wiederherg­estellt werden, die vor dem Erlass der umstritten­en neuen Gesetze am 3. April bestanden habe.

Die EU-Kommission hat beim EuGH zudem ein beschleuni­gtes Verfahren beantragt, um so bald wie möglich eine rechtskräf­tige Entscheidu­ng zu erwirken. Die Klage beim EuGH ist die nächste Stufe im Vertragsve­rletzungsv­erfahren. Parallel läuft gegen Warschau wegen der Justizrefo­rmen ein Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag, das zumindest theoretisc­h bis zum Entzug von Stimmrecht­en auf EU-Ebene führen kann. Das Votum darüber muss allerdings einstimmig fallen. Das rechtskons­ervativ regierte Ungarn hat angekündig­t, Strafmaßna­hmen nicht mitzutrage­n.

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