Guenzburger Zeitung

Söders grüner Herausford­erer

Ludwig Hartmann misst sich im Fernsehdue­ll mit dem CSU-Ministerpr­äsidenten. Und dann, nach der Wahl? Ist die Partei bereit für eine Koalition mit den Konservati­ven?

- VON HENRY STERN Yle, Bayerische Fernsehen

München Sogar in Finnland interessie­rt man sich schon für Ludwig Hartmann: Die drohenden herben Verluste für die CSU und satten Zugewinne für die zuletzt auf 18 Prozent taxierten Grünen seien auch dort ein Thema, erzählt ein Reporter des staatliche­n Fernsehsen­ders der Hartmann deshalb im Wahlkampf begleitet. Der GrünenSpit­zenmann macht keinen Hehl daraus, dass ihm die internatio­nale Aufmerksam­keit schmeichel­t: „Wir haben eben einen guten Lauf“, sagt er und lächelt spitzbübis­ch.

An diesem Mittwochab­end dürfte er zudem zumindest in Bayern seinen Bekannthei­tsgrad weiter steigern: Das hat ihn als Vertreter der derzeit in Umfragen zweitstärk­sten Partei zum Spitzendue­ll mit Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) eingeladen. CSU gegen Grüne live im TV: Das gab es in Bayern so noch nie.

„Wieder ein Ludwig für Bayern“– so hatte Hartmann vor zehn Jahren auf einem Grünen-Wahlplakat im König-Ludwig-Kostüm vor Neuschwans­tein-Kulisse selbstbewu­sst-ironisch für seinen Einzug in den Landtag geworben. Heute ist er zwar näher an der Macht als damals – eigene Fantasien auf das Amt des Ministerpr­äsidenten lässt er sich aber nicht entlocken. Bescheiden­heit und Demut lautet die GrünenParo­le im Wahlkampf-Endspurt – weshalb Hartmann lieber einen Satz des Grünen-Vorbildes Winfried Kretschman­n zitiert: „Wir bleiben auf dem Teppich – auch wenn der Teppich gerade fliegt.“

Zumal die Machtfrage auch für die offiziell gleichbere­chtigte bayerische Grünen-Doppelspit­ze derzeit ein wenig heikel zu sein scheint: „Wir hätten uns beide das SöderDuell zugetraut“, sagt Katharina Schulze, die weibliche Hälfte des Führungsdu­os. Angefragt wurde aber direkt bei ihm, berichtet Hartmann – wohl weil er Ende Juli gerade 40 Jahre geworden ist und damit, anders als die 33-jährige Schulze, formal das in der bayerische­n Verfassung geforderte Mindestalt­er für Ministerpr­äsidenten erfüllt. Eine Altersgren­ze, die die Grünen schon lange abschaffen wollten, wie Schulze listig lächelnd anfügt.

Manche in der Partei hätten lieber das impulsive Energiebün­del Schulze in das Fernsehdue­ll geschickt. Mit Co-Spitzenkan­didat Ludwig Hartmann teilt Schulze allerdings den festen Willen zur Macht: „Wir wollen das Land gestalten“, beteuert Hartmann. Dafür müsse die Partei aber zunächst ein möglichst gutes Wahlergebn­is erzielen. Zwar profitiert­en die Grünen zweifellos von den politische­n Rahmenbedi­ngungen. Der gute Lauf sei aber langfristi­g aufgebaut, glaubt Hartmann: „Wir setzen die Themen, die die Menschen selber sehen.“Nachhaltig­e Mobilität, Kampf gegen Flächenfra­ß, Energiewen­de, gesunde Lebensgrun­dlagen – grüne Politik in Bayern sei seit Jahren glaubwürdi­g und pragmatisc­h.

Der gebürtige Landsberge­r selbst ist „grün pur“: Vater, Mutter, Bruder – alle waren oder sind für die Partei politisch aktiv. Hartmann selbst war einst Vorsitzend­er der Grünen Jugend in Bayern, jüngster Stadtrat in Landsberg. Seit 2008 sitzt er im Landtag. Mit nur 35 Jahren wurde er dort 2013 GrünenFrak­tionschef. Bei der OB-Wahl 2012 in seiner Heimatstad­t unterlag er erst in der Stichwahl. Jetzt werden ihm gute Chancen zugerechne­t, im Stimmkreis München-Haidhausen das Direktmand­at zu gewinnen.

Erst aber kommt das Fernsehdue­ll mit Söder: „Das ist schon eine Herausford­erung“, räumt Hartmann offen ein. Einen Oktoberfes­tBesuch am Vorabend hat er vorsorglic­h abgesagt. Und nach der Wahl dann eine Koalition mit der CSU? „Söder ist sicher nicht unser Wunschpart­ner“, sagt Hartmann vorsichtig. In Hessen habe aber eine schwierige Koalition mit den Konservati­ven auch gut funktionie­rt. Die Grünen seien jedenfalls „offen für Gespräche“– falls die CSU bereit sei, sich inhaltlich zu bewegen. „Wir wollen regieren“, sagt Hartmann: „Aber nicht um jeden Preis.“

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Foto: Andreas Gebert, dpa Der gebürtige Landsberge­r Ludwig Hartmann war einst Vorsitzend­er der Grünen Ju gend in Bayern. Seit 2008 sitzt er im Landtag.

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