Was wird aus unserer Natur?
Eckhart Nickel mit verstörenden Visionen
Thematisch muss man bedauern, dass es Eckhart Nickel mit „Hysteria“nicht von der Long- auf die Shortlist der Kandidaten für den Deutschen Buchpreis geschafft hat. Denn der langjährige Weggefährte von Starautor Christian Kracht stellt bildstark infrage, was das denn für uns heute und in Zukunft noch sein soll: Natur. Einerseits tritt in seinem Roman eine Gesellschaft für „Spurenloses Leben“auf, die fordert, der seine Umwelt verheerende Mensch müsse sich fortan jener völlig unterordnen. Andererseits führt er hinein in die Laboratorien, in denen Pflanze und Tier frei nach Bedarf synthetisiert und designt werden.
Hysterie und Hybris – das extrem feine Sensori- um von Nickels Hauptfigur, des Wissenschaftlers Bergheim, entlarvt beide Pole des menschlichen Verhältnisses auf beunruhigend visionäre Weise.
Nur leider – und da wird das Scheitern der Nominierung dann nachvollziehbar – ist die dramaturgische Konstruktion der Entdeckungen Bergheims derart hanebüchen und ist die Stilistik Eckhart Nickels derart manieriert, dass die verstörende Wirkung sich allzu leicht und nicht sinnhaft auf das Leseerlebnis selbst überträgt. Beides hängt zusammen. Denn die Beschreibungen von Menschen und Situationen sind so exzessiv, dass die inhaltlichen Entwicklungen dazwischen nur noch überstürzt mitgeliefert werden können. Schade also um die sehr gute Idee, die so nie zu leben beginnt.