Paradox
Zu „Erdogan ist in Schwierigkeiten – das sollte Berlin kühl nutzen“von Simon Kaminski vom 25. September: Politiker sind oft nicht zu beneiden. Menschliche Schicksale, Staatsräson und wirtschaftliche Interessen zwingen sie immer wieder zu Entscheidungen, für die der normale Bürger nur schwer Verständnis aufbringen kann. Dass eine Moschee-Eröffnung Anlass sein muss für einen offiziellen Staatsbesuch des in Deutschland nicht gerade erwünschten türkischen Präsidenten, erscheint zumindest fragwürdig. Dieser Mann hat vor nicht allzu langer Zeit unsere Kanzlerin auf eine Stufe gestellt mit Adolf Hitler und lässt nach Belieben deutsche Staatsangehörige einsperren. Trotz allem sind jetzt, wo ihm nicht zuletzt wegen seiner Prunksucht das Wasser bis zum Halse steht, wieder Ehrengarde, Dinner, Lächeln und Händeschütteln angesagt – eigentlich paradox. Wenigstens ein Quäntchen Schadenfreude am Rande: Cem Özdemir, den Erdogan lieber zum Mond schießen würde, lässt es sich nicht nehmen, den Abend über in Sichtweite mit an der Tafel zu sitzen.
Rudi Ripperger, Augsburg