„Der Gewinner ist auf jeden Fall der Fan“
Fußballer in der Region sehen die Vergabe der Europameisterschaft 2024 an Deutschland größtenteils positiv
Landkreis Deutschland also. Der Favorit hat sich gestern bei der Wahl des Gastgeberlandes für die Fußball-Europameisterschaft 2024 klar gegen den Mitbewerber Türkei durchgesetzt. Es ist das zweite Mal nach 1988, dass die kontinentalen Titelkämpfe im Land des dreimaligen Europameisters stattfinden werden. Ist der Gewinner also der Fußball, wie es im Bewerbungsvideo des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geheißen hatte? Erste Wortmeldungen aus dem Landkreis Günzburg:
● Christian Purschke findet es einfach „sehr schön, dass die Europameisterschaft nach Deutschland kommt.“Der Trainer des in der württembergischen Kreisliga B spielenden VfL Bühl erinnert sich gut an die Weltmeisterschaft 2006 und sagt: „Das Sommermärchen war ein Mega-Event, die Fußballstadien wurden erneuert und ich denke, da tut sich auch für 2024 wieder einiges.“
sieht die Hintergründe der Vergabe nicht im Politischen, sondern praktisch ausschließlich in der vorhandenen Kompetenz und Infrastruktur. „Deutschland hat mehrfach bewiesen, dass es für solche Großereignisse gut aufgestellt ist und eigentlich – vergessen wir mal die jüngste Weltmeisterschaft – auch eine Fußball-Großmacht ist.
● Bernd Schwarz, Jugendleiter der SpVgg Gundremmingen, begrüßt den Zuschlag an den DFB. „Für unsere Jugendlichen ist das toll“, sagte er. Der 43-Jährige hat selbst zwei Jungs, die Fußball spielen. Der 16und der 10-Jährige seien 2024 zusammen mit vielen anderen jungen Menschen auf jeden Fall in einem Alter, in dem man ein solches Ereignis hautnah miterleben möchte, blickt er voraus. Auch für die Zukunft des deutschen Fußballs könne sich eine Europameisterschaft vor der Haustür nur positiv auswirken. Schwarz hofft: „Für Kinder und Jugendliche ist das immer ein Ansporn. Vielleicht kommen dann neue Talente zu uns, die sich für den Fußball entscheiden.“.
● Fatih Caglar ist Trainer des Kreisklassisten TSV Krumbach und glaubt, politische Themen hätten immer Einfluss auf die Vergabe sportlicher Großereignisse. Der sagt, ohne direkt Bezug auf die beteiligten Staaten zu nehmen: „Das Thema Menschenrechte steht ja im Moment immer im Mittelpunkt von Diskussionen – das war bei der Uefa bestimmt auch so.“
In der Türkei hätten sich sehr viele Menschen Hoffnungen gemacht, dass eine EM der Gesamtwirtschaft enormen Aufschwung verleihen würde, berichtet Caglar. Die in Deutschland lebenden Türken dagegen könnten die Entscheidung von gestern ziemlich entspannt sehen, ist der gebürtige Krumbacher überzeugt. „Vielleicht ist es für sie sogar ein Vorteil, weil sie die Spiele hier vor Ort miterleben können.“
Er selbst erinnert sich noch an die Sommertage 2006. „Da beteiligt man sich auch an der Freude der Deutschen“, erzählt Caglar.
● Markus Deibler coacht seit zweieinhalb Jahren den unter dem Dach des Württembergischen Fußballverbands spielenden Bezirksligisten Türkspor Neu-Ulm. Der 39-jährige Thannhauser war auch ein paarmal in der Türkei und kann die MentaliPurschke tät dort recht gut einschätzen. Die dort Verantwortlichen hätten sich in der Bewerberrunde gewiss beeindruckend präsentiert, doch Deibler ist ein bisschen unsicher, „ob sie in Sachen Gesamt-Infrastruktur wirklich schon so weit wären.“
Eine politische Komponente der Entscheidung ist für Deibler auf jeden Fall, dass bereits die WMVergaben an Russland und Katar durch den Weltfußballverband Fifa teilweise heftig kritisiert worden waren und sich der europäische Fußballverband Uefa eine Diskussion in diese Richtung bestimmt ganz gerne erspart hat. Konkret wird Deibler auf die Frage nach dem eigentlichen Sieger, indem er sagt: „Der Gewinner ist auf jeden Fall der Fan, der 2024 beruhigt Fußball anschauen kann – ohne Angst haben zu müssen, dass er weggesperrt wird.“
● Özgür Ünal ist Vorsitzender und Fußball-Abteilungsleiter des Kreisklassisten Türk GB Günzburg. „Klar finde ich es schade, dass die Türkei nicht die EM bekommt“, sagt er. Deutschland sei immer wie34-Jährige der mal Gastgeber einer Welt- oder Europameisterschaft. „Da fehlt mittlerweile die Euphorie“, sagt der 33-jährige Günzburger, der deutscher Staatsbürger ist.
Er vermutet, dass politische Gründe eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben. „Auch wenn es immer heißt, dass so etwas bei der Entscheidung nicht einfließt.“Die Türkei hätte sich als Gastgeberland nicht zuletzt deshalb angeboten, weil sie Europa und Asien verbinde und damit auch Fans aus Asien anziehe. „Das Land wäre auf eine EM gut vorbereitet gewesen“, sagt Ünal und verweist auf neue Stadien.
● Thomas Gornig, derzeit 2. Vorsitzender und spielender Trainer des Kreisligisten SpVgg Wiesenbach, freut sich schon jetzt auf die Spiele in sechs Jahren. Eine Entscheidung gegen Deutschland hätte ihn auch verwundert. „Wenn nicht wir, wer dann?“, fragt er und zählt auf: „Deutschland hat ideale Voraussetzungen – eine echte Fußball-Nation, gute Fankultur, tolle Stadien, eine interessante Bundesliga.“Ob’s dann auch ein neues Sommermärchen geben wird? „Hmm. Das war vielleicht eine einmalige Sache. Ich glaube fast, da hat der DFB zu viel Mist gebaut in den vergangenen Jahren.“