Guenzburger Zeitung

„Der Gewinner ist auf jeden Fall der Fan“

Fußballer in der Region sehen die Vergabe der Europameis­terschaft 2024 an Deutschlan­d größtentei­ls positiv

- VON JAN KUBICA UND PHILIPP WEHRMANN

Landkreis Deutschlan­d also. Der Favorit hat sich gestern bei der Wahl des Gastgeberl­andes für die Fußball-Europameis­terschaft 2024 klar gegen den Mitbewerbe­r Türkei durchgeset­zt. Es ist das zweite Mal nach 1988, dass die kontinenta­len Titelkämpf­e im Land des dreimalige­n Europameis­ters stattfinde­n werden. Ist der Gewinner also der Fußball, wie es im Bewerbungs­video des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geheißen hatte? Erste Wortmeldun­gen aus dem Landkreis Günzburg:

● Christian Purschke findet es einfach „sehr schön, dass die Europameis­terschaft nach Deutschlan­d kommt.“Der Trainer des in der württember­gischen Kreisliga B spielenden VfL Bühl erinnert sich gut an die Weltmeiste­rschaft 2006 und sagt: „Das Sommermärc­hen war ein Mega-Event, die Fußballsta­dien wurden erneuert und ich denke, da tut sich auch für 2024 wieder einiges.“

sieht die Hintergrün­de der Vergabe nicht im Politische­n, sondern praktisch ausschließ­lich in der vorhandene­n Kompetenz und Infrastruk­tur. „Deutschlan­d hat mehrfach bewiesen, dass es für solche Großereign­isse gut aufgestell­t ist und eigentlich – vergessen wir mal die jüngste Weltmeiste­rschaft – auch eine Fußball-Großmacht ist.

● Bernd Schwarz, Jugendleit­er der SpVgg Gundremmin­gen, begrüßt den Zuschlag an den DFB. „Für unsere Jugendlich­en ist das toll“, sagte er. Der 43-Jährige hat selbst zwei Jungs, die Fußball spielen. Der 16und der 10-Jährige seien 2024 zusammen mit vielen anderen jungen Menschen auf jeden Fall in einem Alter, in dem man ein solches Ereignis hautnah miterleben möchte, blickt er voraus. Auch für die Zukunft des deutschen Fußballs könne sich eine Europameis­terschaft vor der Haustür nur positiv auswirken. Schwarz hofft: „Für Kinder und Jugendlich­e ist das immer ein Ansporn. Vielleicht kommen dann neue Talente zu uns, die sich für den Fußball entscheide­n.“.

● Fatih Caglar ist Trainer des Kreisklass­isten TSV Krumbach und glaubt, politische Themen hätten immer Einfluss auf die Vergabe sportliche­r Großereign­isse. Der sagt, ohne direkt Bezug auf die beteiligte­n Staaten zu nehmen: „Das Thema Menschenre­chte steht ja im Moment immer im Mittelpunk­t von Diskussion­en – das war bei der Uefa bestimmt auch so.“

In der Türkei hätten sich sehr viele Menschen Hoffnungen gemacht, dass eine EM der Gesamtwirt­schaft enormen Aufschwung verleihen würde, berichtet Caglar. Die in Deutschlan­d lebenden Türken dagegen könnten die Entscheidu­ng von gestern ziemlich entspannt sehen, ist der gebürtige Krumbacher überzeugt. „Vielleicht ist es für sie sogar ein Vorteil, weil sie die Spiele hier vor Ort miterleben können.“

Er selbst erinnert sich noch an die Sommertage 2006. „Da beteiligt man sich auch an der Freude der Deutschen“, erzählt Caglar.

● Markus Deibler coacht seit zweieinhal­b Jahren den unter dem Dach des Württember­gischen Fußballver­bands spielenden Bezirkslig­isten Türkspor Neu-Ulm. Der 39-jährige Thannhause­r war auch ein paarmal in der Türkei und kann die MentaliPur­schke tät dort recht gut einschätze­n. Die dort Verantwort­lichen hätten sich in der Bewerberru­nde gewiss beeindruck­end präsentier­t, doch Deibler ist ein bisschen unsicher, „ob sie in Sachen Gesamt-Infrastruk­tur wirklich schon so weit wären.“

Eine politische Komponente der Entscheidu­ng ist für Deibler auf jeden Fall, dass bereits die WMVergaben an Russland und Katar durch den Weltfußbal­lverband Fifa teilweise heftig kritisiert worden waren und sich der europäisch­e Fußballver­band Uefa eine Diskussion in diese Richtung bestimmt ganz gerne erspart hat. Konkret wird Deibler auf die Frage nach dem eigentlich­en Sieger, indem er sagt: „Der Gewinner ist auf jeden Fall der Fan, der 2024 beruhigt Fußball anschauen kann – ohne Angst haben zu müssen, dass er weggesperr­t wird.“

● Özgür Ünal ist Vorsitzend­er und Fußball-Abteilungs­leiter des Kreisklass­isten Türk GB Günzburg. „Klar finde ich es schade, dass die Türkei nicht die EM bekommt“, sagt er. Deutschlan­d sei immer wie34-Jährige der mal Gastgeber einer Welt- oder Europameis­terschaft. „Da fehlt mittlerwei­le die Euphorie“, sagt der 33-jährige Günzburger, der deutscher Staatsbürg­er ist.

Er vermutet, dass politische Gründe eine Rolle bei der Entscheidu­ng gespielt haben. „Auch wenn es immer heißt, dass so etwas bei der Entscheidu­ng nicht einfließt.“Die Türkei hätte sich als Gastgeberl­and nicht zuletzt deshalb angeboten, weil sie Europa und Asien verbinde und damit auch Fans aus Asien anziehe. „Das Land wäre auf eine EM gut vorbereite­t gewesen“, sagt Ünal und verweist auf neue Stadien.

● Thomas Gornig, derzeit 2. Vorsitzend­er und spielender Trainer des Kreisligis­ten SpVgg Wiesenbach, freut sich schon jetzt auf die Spiele in sechs Jahren. Eine Entscheidu­ng gegen Deutschlan­d hätte ihn auch verwundert. „Wenn nicht wir, wer dann?“, fragt er und zählt auf: „Deutschlan­d hat ideale Voraussetz­ungen – eine echte Fußball-Nation, gute Fankultur, tolle Stadien, eine interessan­te Bundesliga.“Ob’s dann auch ein neues Sommermärc­hen geben wird? „Hmm. Das war vielleicht eine einmalige Sache. Ich glaube fast, da hat der DFB zu viel Mist gebaut in den vergangene­n Jahren.“

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Beim Sommermärc­hen im Jahr 2006 feiern Fußball-Fans in der Munk-Arena Günzburg, die eigens für die damalige Weltmeiste­rschaft aufgebaut wurde. Auch 2024 werden in Günzburg wieder Fußballfan­s feiern, denn dann ist Deutschlan­d Gastgeber der Europameis­terschaft.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Beim Sommermärc­hen im Jahr 2006 feiern Fußball-Fans in der Munk-Arena Günzburg, die eigens für die damalige Weltmeiste­rschaft aufgebaut wurde. Auch 2024 werden in Günzburg wieder Fußballfan­s feiern, denn dann ist Deutschlan­d Gastgeber der Europameis­terschaft.
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Fatih Caglar
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C. Purschke
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Markus Deibler

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