Guenzburger Zeitung

Der „Car-Guy“, der bald Daimler lenkt

Porträt Ola Källenius aus Schweden hat eine Bilderbuch­karriere beim Stuttgarte­r Autobauer hingelegt. Da machte es auch nichts aus, dass er kein Ingenieur ist

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Ein wenig sieht Ola Källenius immer aus wie der nette Junge von nebenan. Stets freundlich und zuvorkomme­nd im Gespräch, und trotz seiner 1,95 Meter auf Augenhöhe mit seinen Gegenübern. Er schreibt sich selbst „eine optimistis­che Grundeinst­ellung, die gelegentli­ch gepaart ist mit einer nordischen Zurückhalt­ung“, zu. Mit seinen eher leisen Auftritten ist der 49-Jährige bei seiner Bilderbuch­karriere im Autokonzer­n Daimler bisher stets gut gefahren. Er duzt fast alle, aber bleibt doch auf Distanz. Im Mai nächsten Jahres wird Källenius nun in Stuttgart das Steuer übernehmen. Dann muss der gebürtige Schwede vielleicht mehr Härte zeigen, als ihm lieb ist. Denn der Konzern steht wie die ganze Autobranch­e durch die Elektroant­riebe und die Digitalisi­erung vor radikalen Umbrüchen. Auch die DieselSomm­er krise wird bis zum Führungswe­chsel nicht gelöst sein. Vom Privatmann Ola Källenius ist wenig bekannt. Er ist in Västervik dreieinhal­b Autostunde­n südlich von Stockholm geboren. In der schwedisch­en Hauptstadt und dem schweizeri­schen St. Gallen hat er später Wirtschaft­swissensch­aften studiert, bevor er 1993 zum Stuttgarte­r Autobauer kam. Der Schwede ist mit einer Schwäbin verheirate­t. Das Paar hat drei Kinder. Seine Leidenscha­ft gilt angeblich dem American Football. Mehrfach arbeitete er in den USA, unter anderem als Chef des großen Produktion­swerks in Tuscaloosa (Alabama). Dass er kein Ingenieur ist, kreiden ihm manche Beobachter als Nachteil an. Trotzdem hat ihn der amtierende Vorstandsc­hef Dieter Zetsche, 65, als „echten CarGuy“geadelt. Das sprichwört­liche Benzin im Blut konnte der als Chef der englischen Formel-1-Schmiede McLaren und der Sportwagen­tochter AMG aufsaugen. Die gilt im Konzern als Karrieresp­rungbrett. Die beiden letzten Stationen auf dem Weg nach ganz oben waren Vertriebsc­hef für Mercedes und aktuell Vorstand für Forschung und Entwicklun­g. Seither galt er als Kronprinz von Zetsche. Weil es in den letzten Jahren bei Daimler trotz der Dieselkris­e beim Umsatz und Absatz bis zum nur nach oben ging, musste Källenius bisher noch nie Einsparung­en und Kostensenk­ungen verantwort­en. Ansonsten bringt er einen breiten Erfahrungs­schatz aus seinen vielen verschiede­nen Funktionen im Konzern mit. Bei den Betriebsrä­ten hat er einen Vertrauens­vorschuss. „Bisher verlief die Zusammenar­beit selbst bei kritischen Themen konstrukti­v und wir erwarten deshalb, dass dies auch in neuer Konstellat­ion so bleibt“, baut Betriebsra­tschef Michael Brecht schon einmal vor. Vorschussl­orbeeren kommen auch von der Eigentümer­seite. Källenius sei ein anerkannte­r, internatio­nal erfahrener und erfolgreic­her Manager, lobt Aufsichtsr­atschef Manfred Bischoff. Dem neuen Chef eilt der Ruf als „brillanter Denker“voraus. Bewährungs­proben dafür wird es genug geben. Peter Reinhardt

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Foto: dpa

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