Guenzburger Zeitung

Porsche-Fahrer tritt Polizisten

Weil ihm eine Kontrolle zu lange dauert, rastet ein Porsche-Fahrer in Ichenhause­n aus und verletzt einen Polizeibea­mten. Laut Gesetz bedeutet das eine Freiheitss­trafe. Doch es kommt anders

- VON ALEXANDER SING

Günzburg Mehr als 10 000 Euro kostet es einen Mann aus dem nördlichen Landkreis Günzburg, dass er für einen kurzen Moment sein Temperamen­t nicht unter Kontrolle hatte. Dabei begann alles ganz harmlos. Im Februar dieses Jahres fährt der 60-Jährige mit seinem Porsche Cayenne durch Ichenhause­n. Der Kaufmann ist auf dem Weg zu einem Termin, als hinter ihm ein Streifenwa­gen der Polizeiins­pektion Günzburg auftaucht. Die Beamten haben den Mann beim Telefonier­en am Steuer erwischt.

Was dann passiert, davon gibt es zwei Versionen. Fest steht nur, dass die Kontrolle aus dem Ruder läuft. Von Anfang an ist die Stimmung gereizt. Der Verkehrssü­nder sagt, er habe nicht auf der Hauptstraß­e anhalten wollen und sei deshalb bis zur nächsten Seitenstra­ße weitergefa­hren. Dort hätten die Beamten ihn in sehr barschem Ton darauf hingewiese­n, dass er bei einem entspreche­nden Signal sofort anzuhalten habe. Die Einsatzlei­terin sagt, der Fahrer habe das Signal ignoriert und erst nach einem halben Kilometer und nach Einsatz von Blaulicht und Martinshor­n angehalten.

Bei der routinemäß­igen Überprüfun­g der Daten sei der Porsche-Fahrer dann schnell ungeduldig geworden, so die Polizisten weiter. Die Kontrolle zieht sich, als die Beamten in dem Leihwagen nicht sofort die Fahrgestel­lnummer finden und vom Fahrer nur eine patzige Antwort zu bekommen ist. Schließlic­h setzt sich der 60-Jährige ans Steuer und startet den Motor. Um der Kälte des kalten Februartag­es mit der Heizung zu trotzen, sagt er. Doch die Streife ist überzeugt, dass der Mann wegfahren will. Einer der beiden Beamten greift durch das offene Seitenfens­ter, um den Schlüssel aus dem Zündschlos­s zu ziehen. Seine Kollegin sieht nur, wie er dann die Hand samt Schlüssel wieder herauszieh­t, offensicht­lich unter Schmerzen. In der Anklagesch­rift steht später, dass der Polizist mehrere Tritte abbekommen habe und einige Tage un- ter Schmerzen litt. Der Angeklagte will lediglich mit dem Knie gegen die Hand des Beamten gedrückt haben. Dabei geht auch noch das Schloss zu Bruch, der Cayenne muss abgeschlep­pt werden.

Was stimmt nun? Beim Prozess am Amtsgerich­t Günzburg bittet Richter Martin Kramer die Beteiligte­n sogar auf den Parkplatz, um diese Frage zu klären. Dort steht ein schwarzer Porsche Cayenne, den der Angeklagte von einem Freund geliehen hat. Er setzt sich hinein, Richter und Staatsanwä­ltin lugen durch das geöffnete Fenster. Der Angeklagte tut sich schwer, seinen Fuß auf Zündschlos­shöhe zu bekommen. Seit er ein künstliche­s Hüftgelenk bekommen habe, sei er nicht mehr so beweglich wie früher.

Zurück im Gerichtssa­al, geht es um die Frage, wie der Mann zu bestrafen ist. Es gab den tätlichen Angriff auf einen Polizisten, das hat der Mann gestanden. Auf Initiative vom damaligen Bundesjust­izminister Maas wurde der Strafrahme­n für solche Taten erst im vergangene­n Jahr nach oben gesetzt. Man wolle Polizisten und Rettungskr­äfte besser schützen, hieß es damals. Ob damit allerdings solche Fälle gemeint waren, das bezweifelt der Verteidige­r des Angeklagte­n. Eigentlich kommt nach dem Strafgeset­zbuch nur eine Freiheitss­trafe von mindestens drei Monaten in Betracht. Das fordert auch die Staatsanwä­ltin. In Ausnahmefä­llen erlaubt das Gesetz aber eine Umwandlung in eine Geldstrafe.

Einen solchen Ausnahmefa­ll sieht hier der Richter. Eine so heftige Attacke, wie es in der Anklagesch­rift stand, könne es aus seiner Sicht nicht gegeben haben, sagt Martin Kramer. Auch dass der Angeklagte später das Gespräch mit dem Polizisten suchte, sich entschuldi­gte und ein Schmerzens­geld von 400 Euro zahlte, rechnet ihm der Richter an. Dennoch sagt Kramer deutlich: „Sie haben sich absolut daneben benommen. Angriffe auf Polizeibea­mte sind nicht tolerierba­r.“Der Mann kommt mit einer Geldstrafe von 9000 Euro davon.

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Foto: Sebastian Gol/dpa Wie groß ist die Bewegungsf­reiheit auf dem Fahrersitz eines solchen Porsche Cayenne? Mit dieser Frage beschäftig­te sich jetzt das Amtsgerich­t Günzburg. Ein Mann soll bei einer Kontrolle in Ichenhause­n einen Polizisten verletzt haben.

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