Die Hilfe ist angekommen
Was der Verein Arbe für Menschen mit psychischen Problemen tut – und wo
Günzburg/Reisensburg Sie hatten sich gefunden, ohne sich gesucht zu haben: Gerhard Fischer, früher Pflegedienstleiter am Günzburger Bezirkskrankenhaus (BKH) und Josef Joas, der mit Werkstätten für Behinderte seine Erfahrungen hatte. Den beiden fehlte ein entscheidendes Stück zwischen der stationären Behandlung von psychisch kranken Menschen und der Tätigkeit in einer Werkstätte, die ihre Beschäftigten bestenfalls für den ersten Arbeitsmarkt wieder fit macht. Und ihre Antwort darauf war der Verein Arbe. Die vier Buchstaben stehen für „Arbeit und Beschäftigung“. Unterstützt werden psychisch belastete Menschen, die auf ihrem weiteren Lebensweg stabilisiert werden sollen und nicht wieder ins Bezirkskrankenhaus müssen (Stichwort „Drehtürpsychiatrie“).
Dazu, glauben Joas und Fischer, sind nun in Reisensburg die geeigneten Räumlichkeiten gefunden. Auch wenn die Wiederbelebung des Gebäudes noch lange nicht vollendet ist, wurde gestern nach dem Kraft- der Erdgeschoss-Sanierung das frühere BKH-Haus 57 (im Jahr 1946 erbaut, von 1965 bis 2006 diente es als Langzeitstation für psychisch kranke Frauen) seiner neuen Bestimmung übergeben.
Fischer hob in seiner Rede die vielen Arbeitsstunden hervor, die Mitarbeiter bislang schon geleistet haben, um das Haus binnen eines Jahres entsprechend umzugestalten. Er nannte die Zahl 6430. Ein großer Montageraum (früher der Speisesaal) und drei weitere Arbeitsräume sind bereits funktionsfähig. Ein Besprechungsund Aufenthaltsraum sollen ebenso noch hergerichtet werden wie im Obergeschoss insge- samt sieben betreute Wohneinheiten. Das kostet eine Menge Geld. Die gesamten Nettoinvestitionen veranschlagt Fischer auf 1,5 Millionen Euro, bisher seien 370 000 Euro verbaut worden, die Löhne noch nicht einmal eingerechnet.
Daher benötigte und benötigt die Arbe Spender. Die hat sie in der jüngeren Vergangenheit gefunden – etwa in der Aktion Mensch, die 250 000 Euro gegeben hat, in der Bayerischen Landesstiftung (84000 Euro), dem Bezirk Schaben (20000 Euro) und der Kartei der Not, dem Hilfswerk dieser Zeitung (34 000 Euro). Arnd Hansen, Geschäftsführer der Stiftung, konnte gestern zwar persönlich nicht anwesend sein. Er teilte aber auf Anfrage mit, warum die Kartei der Not in diesem Fall gerne helfe: Zehn neue Arbeitsplätze sollen auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sein. „Dem Kuratorium war wichtig, die behindertengerechte und ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze mit höhenverstellbaren Werkbänken und einer Hebehilfe für schwere Teile zu unterstützen. Die Stiftung will dadurch mithelfen, dass die Beakt treuten in ihrer gesundheitlichen Situation wieder eine Struktur in ihrem Alltag finden und einer Beschäftigung nachgehen können, die ihnen Sinn und Halt im Leben gibt.“
86 Personen arbeiten für die Arbe und erledigen Aufträge von Kunden wie den Kreiskliniken und dem Bezirkskrankenhaus, Alko, der Günzburger Steigtechnik und der Ernst Klimmer GmbH. Die Arbeiten reichen vom Zusammenbau von Kleinteilen bis zur Gartenpflege. Fünf Menschen sind in Vollzeit beschäftigt, es gibt einen Midi-Jobber (bis 850 Euro), 48 geringfügige Beschäftigte (bis 450 Euro) und 32 Zuverdienstplätze. Politische Vertreter von Bezirk, Landkreis und Stadt lobten gestern das Engagement der Arbe-Verantwortlichen und betonten die Wichtigkeit, dass es psychisch Belasteten ermöglicht wird, zu arbeiten. Pfarrer Heribert Singer gab den Segen. Und Vorstandsmitglied Fischer, 66, verriet später, warum er sich für dieses Projekt in seinem Ruhestand so einsetzt. „Es gibt Leute, die sammeln in ihrer Freizeit Briefmarken. Und es gibt Leute, die helfen Menschen.“