Teneriffa rückwärts erzählt
Inger-maria Mahlke hat es wieder getan. Wieder durchwirbelt die Berliner Autorin Geschichte. Dieses mal auf Teneriffa, jener Insel, auf der ihre Mutter geboren wurde und auf der Mahlke sich sehr gut auskennt. Mit „Archipel“steht die Berliner Schriftstellerin auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.
Erzählte sie in „Wie ihr wollt“die unbekannte Geschichte der kleinwüchsigen Adligen Mary Grey, die im Todesfall von Elizabeth I. Anspruch auf den Tudor-thron gehabt hätte, geht es diesmal um eine Familie, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Hier die Bernadottes, eine einst bedeutende Familie der Insel, dort die Bautes, denen im Leben nichts geschenkt wurde. Es sind die Familienzweige mütterlicherund väterlicherseits von Rosa, einer enttäuschten Kunststudentin, die auf die Insel zurückgekehrt ist. Zentrale Figur ist jedoch ihr 95-jähriger Großvater Julio Baute, Pförtner im Altenheim Asilo. In dem Roman, der am 9. Juli 2015 um vierzehn Uhr beginnt, erzählt Mahlke sein Leben und damit Familien- und Inselgeschichte rückwärts. Eine reizvolle Idee, sie erfordert aber vom Leser ein gewisses Durchhaltevermögen. Auch nach bereits über hundert Seiten Lektüre lässt sich noch nicht im Mindesten erahnen, wie die spürbar durchdachten Handlungsstränge einmal zusammengehen werden. Ein Geduldspiel also, das durch die verkürzte, von Überflüssigem entrümpelte Sprache Mahlkes verschönt wird. Und: Wer nicht aufgibt, wird belohnt.