Guenzburger Zeitung

„Zu Europa gibt es keine Alternativ­e“

Vortrag Theo Waigel spricht in Rettenbach über fatale Parallelen, den Brexit und natürlich auch die anstehende­n Wahlen

- VON WALTER KAISER

Rettenbach Natürlich hat Theo Waigel auch Werbung für die CSU gemacht. Schließlic­h stehen Landtagsun­d Bezirkstag­swahlen bevor. Und die Umfragewer­te der Christsozi­alen sind nicht die besten. Ansonsten aber hielt der ehemalige Bundesfina­nzminister und CSU-Vorsitzend­e ein leidenscha­ftliches Plädoyer für den Erhalt von Errungensc­haften und Werten, die weit über Parteigren­zen hinausgehe­n. Vor rund 50 Besuchern in der Rettenbach­er Gemeindeha­lle erklärte Waigel, die hasserfüll­ten Äußerungen von AfDFunktio­nären erinnerten ihn fatal „an die Töne um 1930“– und dem Ende in einer Katastroph­e.

Das jüngste Buch Theo Waigels trägt den Titel „Unsere Zukunft heißt Europa“. Diesem Thema waren denn auch weite Teile der knapp einstündig­en Rede Waigels gewidmet. „Wir brauchen ein geeintes Europa“habe Franz Josef Strauß schon zu Beginn der 1950er Jahre betont. Daran habe sich nichts geändert. Nicht zuletzt wegen des seit mehr als 70 Jahren währenden Friedens. Ohne die EU und ohne den Euro wären die Länder Europas nicht mehr als „ein Spielball“der Großmächte – politisch und wirtschaft­lich. „Die Briten werden selbst am meisten büßen“, prophezeit­e Waigel mit Blick auf den Brexit. Wenn Politiker für alles, was schieflauf­e, Europa verantwort­lich machten, dann dürfe man sich nicht wundern, „wenn Europa nicht populär ist“. Bei allen Problemen und Defiziten gebe es zu Europa aber keine Alternativ­e, betonte Waigel.

Die von manchen gewünschte Rückkehr zur D-Mark wäre in höchstem Maße schädlich. „Der Druck auf die Mark wäre enorm“. Mit allen negativen Folgen vor allem für die Export- und die Landwirtsc­haft. Nicht zuletzt in Bayern. Etwa 50 Jahre hat es die D-Mark gegeben. In der Hälfte dieser Zeit sei die Inflation höher gewesen als die Zinsen des Bankguthab­ens. Waigel: „Angesichts der momentanen NullZins-Politik wird das vielfach vergessen“.

Dankbarkei­t gebe es in der Politik nicht, kam Waigel auf die Wiedervere­inigung zu sprechen. Bis heute seien etwa 2,5 Billionen Euro in die Einheit investiert worden. „Zur Kenntnis nehmen sollte man das schon.“Kein Land weltweit habe so viel leisten müssen, trotzdem stehe Deutschlan­d „besser da als alle Länder um uns herum“. Dennoch gebe es eine „Unzufriede­nheit wie selten zuvor“. Auch früher habe es „die Gegnerscha­ft von Personen und Parteien“gegeben. Aber man habe sich noch immer in die Augen sehen können. Der von AfD-Funktionär­en wie Alexander Gauland „bewusst geschürte Hass“und ihre Verbindung „zu den widerliche­n Gestalten von Pegida“sei alarmieren­d und erinnere an dunkelste Zeiten. Waigel: „Das ist in der Politik indiskutab­el.“Die Entwicklun­g Bayerns in den vergangene­n Jahren und Jahrzehnte­n sei „glanzvoll“, kam Waigel auf die Wahlen zu sprechen. Die innere Sicherheit sei beispielha­ft, gleiches gelte für die Industrie-, die Regional- und Strukturpo­litik. Die Bildungsan­gebote seien massiv ausgebaut worden, es herrsche Vollbeschä­ftigung und auch die „Flüchtling­ssteuerung“sei gut bewältigt worden.

In einer kurzen Diskussion­srunde erklärte ein Besucher, für vieles, unter anderem für die Flüchtling­e, sei Geld da. Nicht aber für die Rente. Waigel erwiderte, der Bund schieße jährlich etwa 90 Milliarden Euro aus Steuermitt­eln bei der Rente zu. „Bald werden es 100 Milliarden sein.“Und wegen der Flüchtling­e sei keine einzige Rente auch nur um einen Euro gekürzt worden.

 ?? Foto: Kaiser ?? Nach der Wahlverans­taltung in Rettenbach trug sich der ehemalige Bundesfina­nzminister und CSU-Vorsitzend­e Theo Waigel ins Goldene Buch der Gemeinde ein – flankiert von Bürgermeis­terin Sandra Dietrich-Kast und dem CSU-Ortsvorsit­zenden Werner Brenner.
Foto: Kaiser Nach der Wahlverans­taltung in Rettenbach trug sich der ehemalige Bundesfina­nzminister und CSU-Vorsitzend­e Theo Waigel ins Goldene Buch der Gemeinde ein – flankiert von Bürgermeis­terin Sandra Dietrich-Kast und dem CSU-Ortsvorsit­zenden Werner Brenner.

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