Hochwasserschutz kostet viel Geld
Umwelt Der Kötzbach hat vor fünf Jahren Teile von Großkötz mit einer braunen Brühe überflutet. Was Experten im Gemeinderat jetzt als Vorsorge empfohlen haben
Kötz Der Gegensatz könnte kaum krasser sein. Während der zurückliegende Sommer extrem trocken war, hatte Großkötz im Juni 2013 mit einem rekordverdächtigen Hochwasser zu kämpfen. Nicht nur viele Häuser rund um die Alois-Kober-Grundschule, sondern auch das Alko-Werk in Großkötz waren schwer betroffen. Das sei fast ein Hochwasser HQ100 gewesen, sagte am Dienstag in der Gemeinderatssitzung Bernhard Betzl vom Planungsbüro Kling Consult. Zusammen mit Felix Gall analysierte er die Hochwassergefahr für Kötz und stellte mögliche Vorsorgemaßnahmen vor.
Der Kötzbach war 2013 als wilde, schmutzige Brühe durch Großkötz geschossen. Roland Kober, damals Vorstandssprecher bei Alko, hatte von einem ähnlich heftigen Hochwasser in den 1960-er Jahren berichtet. Wann das nächste schlimme Hochwasser kommt, weiß niemand. Fest steht nur, dass eine wirksame Vorsorge für Kötz nicht billig wird. Grob geschätzt nannte Betzl etwa 2,1 Millionen Euro Kosten für den Hochwasserschutz, was die Gemeinderäte mit sorgenvoller Miene zur Kenntnis nahmen. Norbert Rit- ter bezweifelte, dass diese Summe reichen würde. Er siedelte die Kosten bei circa vier Millionen Euro an.
Bernhard Betzl, Teamleiter Tiefbau bei Kling Consult, und Felix Gall, Fachmann für Wasserbau, legten im Gemeinderat ein Planungskonzept zum vorbeugenden Hochwasserschutz vor, das mit einem Gesamteinzugsgebiet von etwa 40 Quadratkilometern, unterteilt in 33 Teileinzugsgebiete entlang des Kötzbachs südlich von Großkötz, nicht gerade klein ist.
Sie stellten ein Niederschlags-Abfluss-Modell auf, nach dem bei einem statistisch gesehen alle 100 Jahre auftretenden Hochwasser HQ 100 die größte Abflussspitze bei 19 Kubikmeter Wasser pro Sekunde (Niederschlagshöhe knapp 80 Millimeter, Niederschlagsdauer 18 Stunden) liegt. Sie begutachteten die derzeitigen Überschwemmungsgebiete in Autenried, Rieden und Großkötz. Während in Autenried nur ein „sonstiges Gebäude“und in Rieden drei „sonstige Gebäude“– also keine Wohnhäuser – betroffen sind, „sieht das in Kötz natürlich ganz anders aus“, sagte Betzl. Er sprach von 25 Wohn-und 39 sonstigen Gebäuden in Großkötz, die bei einem HQ 100 betroffen wären.
Klare Sache für den Fachmann: Hochwasserschutz für die einzelnen Objekte ist da nicht mehr sinnvoll, sondern ein umfassender Hochwasserschutz angeraten. Dafür stellten die Experten drei Varianten vor. Variante 1 (geschätzt auf 2,14 Millionen Euro Kosten) enthält ein Rückhaltebecken südlich von Kötz mit einem Fassungsvermögen von 645 000 Kubikmetern bei einer Einstauhöhe von 8,30 Metern und ein Becken südlich von Autenried (225000 Kubikmeter bei einer Einstauhöhe von 5,90 Metern).
Variante 2 (geschätzte Kosten 2,1 Millionen Euro) schlägt ebenfalls Rückhaltebecken südlich von Kötz und südlich von Autenried vor, allerdings mit anderen Dimensionen, sodass in Großkötz am Kötzbach auf einer Länge von insgesamt 400 Metern Objektschutzmaßnahmen mit einer Höhe von etwa einem halben Meter über Geländeoberkante nötig wären. Das Becken südlich von Großkötz könnte dafür mit 460000 Kubikmetern Stauvolumen und einer Einstauhöhe von 7,60 Metern etwas kleiner ausfallen.
Variante 3 sieht südlich von Großkötz ein Stauvolumen von 340000 Kubikmetern und eine maximale Stauhöhe von sieben Metern vor, dazu ein Becken im Stoffenrieder Forst, das 620000 Kubikmeter fassen und eine Einstauhöhe von acht Metern haben müsste. Von dieser Variante rieten Betzl und Gall ab. Sie sei mit geschätzten 3,23 Millionen Euro am teuersten, unter anderem weil während der Bauzeit ein temporärer Damm gebaut werden müsste, damit die Weiher im Stoffenrieder Forst nicht trocken fallen. Außerdem seien Probleme mit dem Naturschutz zu erwarten.
Den Kosten – für die es Zuschuss geben kann, im Gespräch waren 65 Prozent – stellten Betzl und Gall ein Schadenspotenzial von 1,15 Millionen Euro bei einem HQ 100 und insgesamt 2,92 Millionen innerhalb von 100 Jahren gegenüber, ohne dabei ökologische Aspekte zu berücksichtigen. „Das ist ein Eingriff ins Landschaftsbild, definitiv“, sagte Betzl. Transportabler Hochwasserschutz, den die Feuerwehr bei Überflutungsgefahr aufbauen müsste, wäre nicht billiger. Ein Verzicht auf die Staubecken, kombiniert reinem Objektschutz für die Gebäude in Großkötz sei auch keine Lösung, da bräuchte man laut Betzl sechs Meter hohe Wände. Wofür die Gemeinde Kötz sich entscheidet, soll laut Bürgermeister Ernst Walter gründlich durchdacht werden, aber er sagte: „Irgendetwas müssen wir jetzt mal in die Wege leiten.“